Bekenntnis zum Zeitgenössischen

17. Kunstmesse “arteBA08” vom 29. Mai bis 2. Juni

Von Susanne Franz

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“arteBA08” bietet besondere Qualität – wie dieses Werk von José Luis Anzizar (Galerie Elsi del Río).

Große Worte und pompöse Gesten sind nicht mehr nötig, um die bedeutendste Kunstmesse Argentiniens und Lateinamerikas anzukündigen: Am Dienstag wurde die 17. “arteBA08” im “Museo de Arte Latinoamericano de Buenos Aires” (Malba) als eine Messe präsentiert, die von Menschen gemacht wurde und wird. Der Präsident des Veranstalters “Fundación arteBA”, Facundo Gómez Minujín, zeigte als ersten der kurzen Videoclips, mit denen er seine Ansprache würzte, Fotos von all denen, die in den vergangenen Jahren die Messe vorwärtsgebracht und geprägt haben. Das Gemurmel auf der Pressekonferenz war groß, man erkannte sich gegenseitig und kommentierte wehmütig Bilder von bereits verstorbenen Persönlichkeiten aus der Kunstszene Argentiniens.

Nach dieser so richtig ans Herz gehenden Einstimmung betonte Gómez Minujín mit berechtigtem Stolz, dass die Messe – “eine Erfolgsgeschichte all dieser Menschen” – von der Konex-Stiftung soeben als eine der besten Kultureinrichtungen der letzten Dekade nominiert worden sei, bevor er gewohnt präzise die Neuerungen und Verbesserungen der diesjährigen Messe bekanntgab.

“arteBA08” findet vom 29. Mai bis 2. Juni im Blauen und Grünen Pavillon des Messegeländes La Rural (Av. Sarmiento 2704) statt und ist täglich von 13-22 Uhr geöffnet. Der Eintrittspreis beträgt in diesem Jahr 20 Pesos, für Rentner und Studenten mit entsprechendem Ausweis 10 Pesos; unter 12-jährige Kinder haben freien Zugang zur Messe.

50 Galerien aus Argentinien präsentieren ihre Künstler, neun kommen aus Brasilien, fünf aus Chile und weitere 17 aus Costa Rica, der Dominikanischen Republik, Frankreich, Kolumbien, Peru, Spanien, Uruguay, den USA und Venezuela. Im ‚Barrio Joven‘, dem Jungen Viertel, zeigen 20 aufstrebende Galerien die neuesten Tendenzen. Als Zeichen für einen Paradigmenwechsel hin zu einem klareren Bekenntnis von “arteBA” zur zeitgenössischen Kunst ist es in diesem Zusammenhang bemerkenswert, dass in diesem Jahr die Avantgarde-Galerie “Appetite”, deren rührige Direktorin Daniela Luna inzwischen auch in New York eine Zweigstelle gegründet hat, aus dem Barrio Joven in den Reigen der etablierten Galerien aufgestiegen ist.

Im von Eva Grinstein kuratierten und von Gustavo Vázquez Ocampo gestalteten Bereich “Open Space” zeigen 12 internationale Künstler Werke wie Installationen oder großformatige Skulpturen, die aus dem üblichen Ausstellungsrahmen herausfallen, darunter Alberto Bastón Díaz (Galerie Maman), Ernesto Ballesteros (Ruth Benzacar) und Luis Benedit (Wussmann).

Die Abteilung Videokunst, “Caja Negra/Cubo Blanco” wurde von Fabiana Barreda und Tobías Ostrander kuratiert und legt besonderes Gewicht auf ausländische Videokünstler. In insgesamt 9 “Cajas” (Boxen) zeigen 16 Künstler bzw. Künstlergruppen ihre Werke.

Banco Galicia sponsort auch in diesem Jahr wieder eine besondere Hommage herausragender argentinischer Künstler: Enio Iommi (1926), Gyula Kosice (1924) und Clorindo Testa (1923) werden im Eingangsbereich der Messe gesonderte Ausstellungs-Flächen gewidmet. Dem Messebesucher wird mit von der Kuratorin Ana Martínez Quijano ausgearbeitetem Informationsmaterial der Zugang zum Werk und zum Lebensweg der drei Meister erleichtert.

Ein weiterer Höhepunkt der Messe wird mit Sicherheit die Ausstellung des diesjährigen fünften arteBA-Petrobras-Preises sein. Der Kunstkritiker Fabián Lebenglik wählte hochinteressante Projekte der acht jungen Künstler Martín Bonadeo, Vicente Grondona, Mauro Guzmán, Carlos Huffman, Rosalba Mirabella, Marisa Rubio. Paula Senderowicz und Leandro Yadanza aus. Zwei davon werden auf der Messe noch einmal gesondert ausgezeichnet: mit einem mit 30.000 Pesos dotierten 1. Preis und einem 10.000 Pesos schweren 2. Preis.

“arteBA08” hat auch einen schrillen Ehrengast: Der Brite Malcolm McLaren, Künstler und Musikproduzent, wird kurz vor seinem Besuch auf der Art Basel nach Buenos Aires reisen. Schon ein wenig in die Jahre gekommen, begründete McLaren seinen Ruhm als Produzent der legendären Punkband Sex Pistols und als Designer an der Seite von Vivienne Westwood.

Ein wie immer interessantes Rahmenprogramm im Auditorium der Messe rückt zwei hochkarätige Persönlichkeiten der internationalen Kunstszene ins Rampenlicht: den Mexikaner Cuauhtémoc Medina (Tate Modern, London) und die Spanierin Rosa Olivares (Herausgeberin der Zeitschrift EXIT), die einige der Rundtischgespräche koordinieren und sicher für Gesprächs- und Debattierstoff sorgen werden.

Die Messe, so Facundo Gómez Minujín, sei sich eben ihrer Verantwortung als Multiplikator bewusst, als Informationsquelle und Kommunikationsplattform. Doch im Vordergrund steht selbstverständlich das Geschäft, für das die Verkaufsmesse “arteBA” schon im Vorfeld viele Wege ebnet: sei es durch Abkommen mit Sponsoren wie Zurich, American Express oder Chandon, die den Kauf von Kunstwerken für Museen oder andere Kultureinrichtungen ermöglichen, sei es durch ein Netzwerk für Sammler und Käufer aus dem Ausland, denen auch viele Kulturangebote und Schönheiten der Stadt Buenos Aires und Argentiniens geboten werden (Infos über das “VIP Program 08” unter der E-Mail-Adresse vip-program08@arteba.org).

Über alle Einzelheiten kann man sich auf der Webseite der Messe informieren.

Führungen per Kopfhörer
“arteBA08” zeigt sich besonders besucherfreundlich: Zum ersten Mal gibt es Führungen per Kopfhörer, sogenannte “Audioguías”. Man kann sogar unter verschiedenen Rundgängen auswählen.

Erschienen im “Argentinischen Tageblatt” vom 10.05.08.

Un comentario sobre “Bekenntnis zum Zeitgenössischen”

  1. Carin Plesky dice:

    Wie immer sind die Artikel und Informationen, die von Susanne Franz formuliert ud zusammengestellt werden, für mich hier in Frankfurt am Main ein Verbindungsglied zu der bildenden Kunst uin Buenos Aires.
    Die Artikel über arteBA08 sind nicht nur informativ sondern auch sehr lebendig. Man kann sich gut vorstellen, wie die Messe abgelaufen ist.
    Einige “meiner Künstler” waren präsent und erzählten mir am Telefon wie sie diese kommerzielle Schau erlebten.


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