Gelungener Auftakt des VI Festival Internacional de Buenos Aires
Tanz zwischen Schatten und Licht
Von Christina Liebl
Am vergangenen Dienstag begann das VI Internationale Theaterfestival, das drei Wochen lang Theater, Tanz, Musik und Kunst präsentieren wird. Am Abend des ersten Tages fand im Centro de Exposiciones die Auftaktfeier statt, bei der sich unter den geladenen Gästen auch Noch-Bürgermeister Jorge Telerman zeigte. In entspannter Atmosphäre wurde bis spät zu elektronischer und Musik aus den 80er Jahren getanzt.
Nachdem am Dienstagnachmittag die Eröffnugsveranstaltung des Théâtre du Soleil wegen technischer Schwierigkeiten verschoben werden musste, startete das Festival am Mittwoch für die Öffentlichkeit mit dem holländischen Beitrag „Conjunto di NERO“ im Theater Presidente Alvear.
Das Ensemble Emio Greco | PC arbeitet in diesem Tanzstück mit Extremen, um so zu neuen Formen des Tanzes zu gelangen. Licht und Schatten, Ruhe und höchste Anspannung, Stille und für die Ohren beinah schmerzliche Klänge; diese Oppositionen formen das Ambiente, in dem sich die Tänzer bewegen. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Beleuchtung, deren Konzept ebenfalls von den beiden Choreographen Emio Greco und Pieter C. Scholten entworfen wurde: Scheinwerfer malen geometrische Formen auf den Boden, Bewegungen verschwimmen in Blaulicht, die Tänzer verschwinden im Schatten, um gleich darauf plötzlich wieder beleuchtet zu werden, und sich kreuzende Lichtstraßen, welche diagonal die Bühne durchmessen, geben den Tänzern Bahnen vor, auf denen sie sich mit höchster technischer Präzision in immer schneller und heftiger werdenden Sprüngen und Schritten bewegen.
Wohlausgefeilt ist auch die Choreographie, die den Körper in den Mittelpunkt stellt. Einzeldarstellungen wechseln sich mit Gruppenszenen ab, in denen die Tänzer entweder die gleichen, oft leicht zeitversetzten Bewegungen ausführen, synchron tanzen oder aber sich gegenseitig ablösen. Dabei werden die Extreme körperlicher Leistung gezeigt: höchste Anspannung wie die ganze Bühne durchmessender Spitzentanz im Gegensatz zu scheinbar völliger Erschlaffung und dem Fall als Konsequenz. Untermalt von anschwellender Musik, werden die Bewegungen immer schneller, bis die Einzelaktion nicht mehr sichtbar ist und Arme und Beine geschlossene Kreise in den Raum malen. Daraufhin folgt wiederum Stille, in der die Atmung der Tänzer in Szene gesetzt wird und als einzige Lautkulisse den Raum vereinnahmt.
So soll in „Conjunto di NERO“ nicht eine Botschaft übermittelt, sondern der Körper mit seinen Grenzen, seinen Möglichkeiten und Ausdrucksformen gezeigt werden. Neben der gelungenen Lichtgestaltung überzeugte das Stück vor allem durch den ausdrucksstarken und exakten Tanz der Interpreten.
Erschienen im “Argentinischen Tageblatt” vom 08.09.07.