Bilder von Flucht

Amnesty International zeigt “Menschen auf der Flucht” im Kulturhaus Zanders in Bergisch Gladbach


Was heißt es, auf der Flucht zu sein? Was bedeutet es, Bedrohung und Tod zu begegnen und das eigene Zuhause verlassen zu müssen, um einen sicheren Ort zu suchen? Die Bergisch Gladbacher Gruppe von Amnesty International zeigt eine Ausstellung der berühmten Fotoagentur “Magnum Photos” im Kulturhaus Zanders über Menschen auf der Flucht, die bis zum Zweiten Weltkrieg zurückgeht und deutlich macht, dass große Fluchtbewegungen nichts Neues sind.

Zur Eröffnung am Freitag, 2. März 2018, spricht Christel Neudeck (Grünhelme e.V.) über ihre langjährigen Erfahrungen in der Flüchtlingsarbeit.

Die beeindruckenden Bilder der Fotoausstellung erlauben einen Einblick in die alltäglichen Geschichten von geflüchteten Menschen. Gegliedert ist die Schau in die Themenblöcke “Krieg und Chaos”, “Suche nach Sicherheit, Leben in Unsicherheit”, “Mauern und Zäune”, “Leben von Tag zu Tag” und “Geteilte Verantwortung”.

Für die Agentur “Magnum Photos” arbeiten seit 1947 die besten Fotografinnen und Fotografen der Welt. Die Agentur steht für unabhängige dokumentarische und künstlerische Fotografie. Die Ausstellung wurde gemeinsam von Magnum Photos und Amnesty International konzipiert, Amnesty International verfasste die Texte zu den Fotos.

Die Ausstellung ist vom 2. bis 21. März 2018, dienstags und donnerstags von 16 bis 18 Uhr und sonntags von 11 bis 13 Uhr im Kulturhaus Zanders, Hauptstr. 267-269, 51465 Bergisch Gladbach, zu sehen.

Der Karneval ist los

Zahlreiche Murgas ziehen durch die Straßen von Buenos Aires

Von Magdalena Hechtel


Sie nennen sich “Los Curdelas de Saavedra” (etwa: “Die Betrunkenen von Saavedra”), “Los Mocosos de Liniers” (etwa: “Die Rotzbengel” von Liniers) oder “Los Pecosos de Chacarita” (etwa: “Die Sommersprossigen” von Chacarita) – die Murgas, die sich während der Faschingszeit in ihren jeweiligen Stadtteilen dem Publikum präsentieren. Ihr Urpsrung liegt in den 1920er Jahren, als Buenos Aires immer weiter wuchs und die porteños damit begannen, sich mehr und mehr über ihr Wohnviertel anstelle ihrer Ethnie zu identifizieren.

Aus zunächst losen Zusammenschlüssen von rund 15 bis 20 jungen Männern, die zur Faschingszeit singend durch die Straßen zogen, entstanden die heutigen Murgas. Längst gehören ihnen nicht mehr nur Männer an, sondern auch Frauen und Kinder. Die verschiedenen Gruppen sind anhand ihrer Kostüme leicht zu unterscheiden. Jede Murga wählt zwei Farben, die sich in ihrer Kleidung, ihren Fahnen und der den Zug anführenden Standarte widerspiegeln. Die Instrumente der Murgas gleichen sich jedoch. Ohne eine Trommel inklusive Becken wäre keine von ihnen komplett, das gleiche gilt für Bandoneon und Akkordeon.

Die Tänze sind ebenso wie die Melodien und die Texte der Lieder von Stadtteil zu Stadtteil unterschiedlich. Das musikalische Repertoire ist dabei breit gefächert. Neben einem Lied zur Präsentation der Murga auf unterhaltsame Weise dient ein weiteres der ironiegeladenen Kritik an den aktuellen politischen Verhältnissen oder einer prominenten Persönlichkeit. Außerdem grüßen die Murgas zum Abschluss auf musikalische Weise ihr Publikum und verabschieden sich mit dem Versprechen, in der nächsten Faschingszeit wiederzukommen.

Die diesjährigen Karneval-Feierlichkeiten beginnen bereits an diesem Wochenende und ziehen sich durch den ganzen Februar hindurch. An den Samstagen (3., 10., 17. und 24. Februar) sind die Umzüge von 19 bis 2 Uhr zu sehen, an den Sonntagen (4. 11., 18. und 25. Februar) wird von 19 bis 0 Uhr auf den Straßen gefeiert. Höhepunkt des bunten Treibens sind der Faschingsmontag (19 bis 2 Uhr) sowie der Faschingsdienstag (19 bis 0 Uhr). Die jeweiligen Murgas präsentieren sich unter anderem in den folgenden Stadtteilen:

  • Almagro: Av. Corrientes zwischen Billinghurst und Bulnes, an allen genannten Faschingstagen, sowie Lambare zwischen Sarmiento und Perón am 17. und 18. Februar
  • Colegiales: Benjamín Matienzo zwischen Conesa und Freire, an allen Faschingstagen
  • La Boca: Av. Benito Perez Galdos zwischen Pedro de Mendoza und Brin, an allen Faschingstagen
  • Palermo: Darwin zwischen Cabrera und Gorriti, am 3., 4., 11. und 12. Februar, sowie Acuña de Figueroa und Costa Rica, an allen Faschingstagen
  • Saavedra: Av. Balbín zwischen Manzanares und Crisologo Larralde sowie Av. Balbín zwischen Pico und Arias, an allen Faschingstagen
  • San Telmo: Av. San Juan zwischen Piedras und Peru, an allen Faschingstagen
  • Villa Crespo: Av. Scalabrini Ortíz zwischen Av. Corrientes und Aguirre, am 3., 4., 10., 11., 12., 13., 17. und 18. Februar
  • Villa Pueyrredón: Av. Mosconi zwischen Bolivia und Zamudio, an allen Faschingstagen
  • Villa Urquiza: Av. Triunvirato zwischen Monroe und Av. Olazábal, an allen Faschingstagen

Foto:
Die große Trommel mit den Becken zählt zu den traditionellen Instrumenten der Murgas.
(Foto: GCBA)

Bunte Fan-Convention

“Argentina Comic Con” an diesem Wochenende in Buenos Aires

Von Michaela Ehammer


Comicfreunde aufgepasst! Was seit über 30 Jahren in den USA für helle Begeisterung sorgt, ist auch in Argentinien ein voller Erfolg: Unter dem Namen “Argentina Comic Con” findet an diesem Wochenende (8.-10.12.) die bunte Fan-Convention nach Vorbild der San Diego Comic Con zum achten Mal statt. Schauplatz des größten und wichtigsten Kongresses der Popkultur des Landes ist das Zentrum Costa Salguero in Buenos Aires. Nationale und internationale Kino- und TV-Größen, Videospielehersteller und Verlage nehmen an dem Spektakel genauso teil wie Schauspieler, Drehbuchautoren, Regisseure, Zeichner und Youtuber.

Diesjährige Stargäste sind unter anderem Tom Felton, Jason David Frank, Andy Muschietti, Karol Sevilla (Foto) und Ciruelo, die für Fragen, Autogramme sowie Fotos zur Verfügung stehen. Kreative Shows, geballte Musik, interessante Workshops und eine Star-Wars-Parade runden das abwechslungsreiche Programm ab. Der Merchandise-Bereich hält zudem alles bereit, was das Sammlerherz begehrt.

Adresse: Centro Costa Salguero, Av. Costanera R. Obligado 1425. Öffnungszeiten: Freitag 12-20 Uhr; Samstag und Sonntag 10-20 Uhr. Resttickets sind ab 320 Pesos erhältlich.

Weit mehr als nur ein Getränk

1. Mate-Messe in Buenos Aires

Von Michaela Ehammer


Ein Becher, ein Strohhalm und jede Menge Teeblätter: Der Mate ist aus der argentinischen Kultur nicht wegzudenken und weit mehr als nur ein Getränk. Zum ersten Mal in der hiesigen Geschichte wird dem Heißgetränk aus dem ausgehöhlten Kürbis unter dem Motto “Matear” eine eigene Messe gewidmet. Der Mate hat somit nicht nur einen eigenen Aktionstag (30. November), sondern nun auch seinen festen Platz in der argentinischen Identität.

Austragungsort der 1. Mate-Messe ist das Messegelände “La Rural” in Palermo. Mehr als 30 Unternehmen, Genossenschaften und Hersteller versammeln sich am 2. und 3. Dezember von 11 bis 20 Uhr und geben anhand von Verkostungen, Vorträgen sowie allerhand Wissenswertem über diese Tradition einen Einblick in die Geschichte des Mates. Der Eintritt ist frei.

Adresse: La Rural, Pavillon Ocre, Av. Sarmiento 2704, Buenos Aires.

Schindler-Ausstellung in USA

Erika Rosenberg erinnert an Judenretter Oskar und Emilie Schindler

Von Marcus Christoph


Erika Rosenberg hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Erinnerung an Oskar und Emilie Schindler aufrecht zu erhalten. In dieser Mission war die Publizistin aus Buenos Aires nun auch in den USA unterwegs. Als Hauptrednerin eines internationalen Kongresses zum Thema Erziehung, der TnCIS Conference im Motlow State Community College in Tullahoma (Tennessee), sprach sie über das Leben des Ehepaars, das während des Zweiten Weltkriegs rund 1200 Juden vor dem Tod in den nationalsozialistischen Vernichtungslagern bewahrte. Des Weiteren ging sie auf die Beziehungen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von der Weimarer Republik bis in den Kalten Krieg ein.

In der Bildungseinrichtung war zugleich eine Ausstellung über Oskar und Emilie Schindler zu sehen, die von Erika Rosenberg konzipiert und ins Englische übersetzt wurde. Das Leben der beiden Judenretter wird dabei auf mehreren Wandtafeln dargestellt und durch Texterläuterungen, Fotografien und Karten dem Betrachter näher gebracht. „Die Darstellung macht begreifbar, wie ein oder zwei einzelne Menschen einen Unterschied von Leben und Tod bei vielen ausmachen können“, schreibt das Onlineportal „USA Network Today“.

Die Ausstellung wird bis kommenden April in weiteren Community Colleges im US-Bundesstaat Tennessee gezeigt. Darunter Columbia, Dyersburg, Southwest Tennessee, Nashville und Northeast.

Rosenberg ist mittlerweile nach Europa weitergereist, wo sie zuletzt in Salzburg ihr Buch „Als ich mit dem Papst U-Bahn fuhr“ präsentierte.

Foto:
Erika Rosenberg bei ihrem Vortrag in Tullahoma.
(Foto: Privat)

Expo in Buenos Aires im Jahr 2023

Ausstellung in Tecnópolis steht unter dem Motto “Wissenschaft, Innovation, Kunst und Kreativität in der digitalen Konvergenz”

Von Marcus Christoph


Buenos Aires wird Sitz der Weltausstellung 2023. Die Ausrichtung der Expo wurde am Mittwoch bei einer Abstimmung des Bureau Internationale des Expositions (BIE) in Paris an die argentinische Hauptstadt vergeben. Buenos Aires hatte in der Endrunde gegen die Bewerbungen der polnischen Stadt Lodz und von St. Paul/Minneapolis im US-Staat Minnesota die Nase vorn.

Eine Delegation angeführt von Außenminister Jorge Faurie und Medienminister Hernán Lombardi hatte in Paris in die Werbetrommel gerührt. Mit Buenos Aires wird nun erstmals eine südamerikanische Stadt Ausrichterin einer Weltausstellung sein, die auf eine Geschichte seit 1851 zurückblicken kann, als erstmals in London eine große Schau technischer Errungenschaften abgehalten wurde.

Die Ausstellung in Argentinien auf dem Messegelände Tecnópolis am Nordrand der Stadt steht unter dem Thema “Wissenschaft, Innovation, Kunst und Kreativität in der digitalen Konvergenz”. Für die Expo vom 15. Januar bis zum 15. April 2023 sind Investitionen von 200 Millionen Dollar vorgesehen. “Es wird eine Schau sein, die zeigt, dass Argentinien zur Weltgemeinschaft zurückgekehrt ist”, freute sich Lombardi in einem ersten Statement. Präsident Mauricio Macri hatte die argentinische Bewerbung im Dezember vorigen Jahres beschlossen.

In diesem Jahr gab es eine Expo in der kasachischen Hauptstadt Astana, die unter dem Thema “Energie der Zukunft” stand. Die Weltausstellung 2020 soll in Dubai zum Thema “Connecting Minds, Creating the Future” organisiert werden. 2000 fand in Hannover die bislang einzige bei der BIE registrierte Weltausstellung in Deutschland statt.

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Das Messegelände Tecnópolis von oben.

Gedenken an Pogromnacht

DAIA organisiert Freiluftkonzert auf der Plaza Alemania

Von Marcus Christoph


Es war ein musikalischer Nachmittag und zugleich ein politisches Bekenntnis: „Niemand darf ausgegrenzt werden“, brachte Ariel Cohen Sabban, der Vorsitzende des DAIA, die Botschaft auf den Punkt, die er vor dem Gedenkkonzert des Studenten-Orchesters der Stadt Buenos Aires (Orchestra Estudiantil) den zahlreichen Anwesenden auf der Plaza Alemania übermittelte. Dorthin hatte der jüdische Dachverband am vorigen Sonntagnachmittag eingeladen, um auf musikalische Weise der Pogromnacht vom 9. November 1938 im ehemaligen Deutschen Reich zu gedenken. Damals wurden in Deutschland und Österreich Synagogen und andere jüdische Einrichtungen in Brand gesteckt und zahlreiche Juden ermordet oder misshandelt.

„Es ist ein symbolisches Datum für die Weltgemeinschaft“, so Cohen Sabban. Der DAIA-Funktionär beklagte, dass seinerzeit zu viele Menschen die schrecklichen Ereignisse ignoriert hätten, die schließlich in den Holocaust mündeten. In jener dunklen Zeit habe Argentinien viele Verfolgte aufgenommen, würdigte Cohen Sabban. Doch heute seien auch hier antisemitische Ausdrücke in Mode gekommen.

Als ein Beispiel nannte er Äußerungen des kürzlich gewählten Kongressabgeordneten Leopoldo Moreau (Unidad Ciudadana), der seinen zukünftigen Parlamentskollegen Waldo Wolff (PRO) als „Agenten des Mossads“ bezeichnet hatte. Zudem soll es bei der Preisverleihung „Martín Fierro“ zu antisemitischen Schmähungen gegen den Journalisten Alfredo Leuco gekommen sein, was von den Beschuldigten jedoch bestritten wird. „Überall dort, wo es Diskriminierung gibt, wird die DAIA dazwischentreten“, formulierte Cohen Sabban die Position des Dachverbands der israelitischen Vereinigungen in Argentinien.

Iván Petrella, der Integrationsbeauftragte der Nationalregierung, erinnerte in seiner Ansprache an den deutschen Philosophen und Rabbiner Emil Fackenheim. Dieser hatte der These, man könne nach Auschwitz an keinen Gott mehr glauben, die Forderung an seine Glaubensbrüder entgegengesetzt, stattdessen noch stärker im Glauben zu werden. Anderenfalls belohne man Hitler mit einem nachträglichen Sieg.

Das Konzert war ein Potpourri verschiedener Werke. So brachte das von Guillermo Zalcman dirigierte Orchester zunächst mehrere Akte von Ludwig van Beethovens Ballett „Die Geschöpfe des Prometheus“ zu Gehör. Es folgten Kompositionen von Aaron Copland (USA) „Our Town“, Jacobo Ficher (Argentinien), „Golondrina“, und Ernesto Block (Schweiz/USA), „Baal Shem“. Bei letzterem Werk hatte Violinist Rafael Gintoli ein Solo. Zum Abschluss intonierten Zalcman und seine Musiker schließlich Melodien der Dreigroschenoper von Kurt Weill und Bertolt Brecht. Ein Werk, das, so Zalcman, den Niedergang der Weimar Republik widerspiegele. So mischte sich in den sonnenreichen Frühsommertag auch wieder eine nachdenklich-melancholische Note.

Foto: Guillermo Zalcman und das Studenten-Orchester der Stadt Buenos Aires. mc

Wo Che Guevara wohnte

Gedenkplatte erinnert an Wohnort des Revolutionärs in Buenos Aires

Von Marcus Christoph


Ernesto „Che“ Guevara ist einer der weltweit bekanntesten Argentinier. Der Guerrillero, der einst in Kuba an der Seite Fidel Castros triumphierte und später im Kampf in Bolivien ums Leben kam, gilt auch heute noch als Ikone für Revolution schlechthin. Dass Guevara wichtige Jahre seines Lebens in Buenos Aires verbrachte, daran erinnerte in der Hauptstadt bislang praktisch gar nichts.

Dies ist nun anders. Denn seit Mitte Juni erinnert eine Steinplatte auf dem Bürgersteig an der Ecke der Straßen Aráoz und Mansilla im Stadtteil Palermo an den Revolutionär. Dieser hatte dort von 1948 bis 1953 als junger Medizinstudent mit seinen Eltern und vier Geschwistern in einem Zwei-Etagen-Haus gelebt, das mittlerweile durch einen mehrgeschossigen Neubau ersetzt wurde. Zahlreiche Interessierte und Schaulustige wohnten der feierlichen Einweihung bei, die von politischen Gruppen wie „Memoria Palermo“ und „Palermo K“ sowie Anwohnern organisiert worden war.

„Von dieser Stelle sind wir am 7. Juli 1953 gemeinsam nach Retiro aufgebrochen“, erinnerte sich der heute 88-jährige Carlos „Calica“ Ferrer an den Auftakt der Lateinamerika-Reise, die er gemeinsam mit seinem Jugendfreund Ernesto antrat. Für letzteren war es bereits die zweite große Reiseunternehmung, an deren Ende er 1955 in Mexiko Fidel Castro kennenlernte und sich der kubanischen Revolution anschloss.

Ein weiterer Ehrengast der Veranstaltung war Juan Martín Guevara. Der jüngste Bruder des Revolutionärs betonte, die Einweihung der Bodenplatte bedeute, mit „der Haltung der Stadt Buenos Aires zu brechen, die verleugnet, dass Ernesto Guevara hier gelebt hat, hier Arzt wurde und sich hier für das Leben vorbereitete, das heute als immenses Bild vor uns steht“.

Juan Martín Guevara äußerte seine Hoffnung, dass weitere Erinnerungsakte zu Ehren seines Bruders folgen mögen. Angestrebt ist eine Straßenbenennung nach dem Guerrillero. In diesem Zusammenhang beklagte er die Widerstände, die es dagegen sowohl im Stadtparlament als auch an der Medizinischen Fakultät der Universität von Buenos Aires (UBA) gebe. Letztere hatte sich geweigert, eine Che-Statue aufzustellen.

Auch Norberto Alayón, ehemals Vize-Dekan der sozialwissenschaftlichen Fakultät der UBA, beklagte den mangelnden politischen Willen der in der Stadt regierenden Pro-Partei, an den weltbekannten Revolutionär zu erinnern. Er hob von daher auch die Entschlossenheit der Anwohner hervor, sich trotz des politischen Gegenwindes für die Bodenplatte ausgesprochen zu haben.

Kämpferisch war der Auftritt von Taty Almeida von den Müttern der Plaza de Mayo (Gründungslinie). Man solle nicht müde werden, dafür zu kämpfen, dass das Andenken Che Guevaras in Buenos Aires in angemessener Weise gewürdigt werde. Um ihre Verbundenheit mit dem Guerrillero zu verdeutlichen, tauschte Almeida ihr traditionelles weißes Kopftuch gegen die Baskenmütze mit dem roten Stern aus. Der Jubel der Anwesenden war ihr sicher. Mit dem Singen des Lieds „Hasta Siempre Comandante“ des kubanischen Liedermachers Carlos Puebla klang der emotionsgeladene Vormittag aus.

Foto:
Die Bodenplatte zu Ehren Che Guevaras wird gelegt. Sitzend: Carlos „Calica“ Ferrer und Taty Almeida.
(Foto: Marcus Christoph)

Text der Gedenkplatte:

EN ESTE SOLAR VIVIÓ EL CHE
ERNESTO GUEVARA DE LA SERNA
EN CONMEMORACIÒN A SU LUCHA
POR LA TRANSFORMACIÓN
Y LA JUSTICIA SOCIAL

Auf diesem Grundstück lebte der Che
Ernesto Guevara de la Serna
Im Gedenken an seinen Kampf
Für den Wandel
Und die soziale Gerechtigkeit
(aus amerika21.de)

“Werkzeug gegen Ungerechtigkeit”

Osvaldo Bayer präsentiert sein neues Buch “La Chispa”

Von Marcus Christoph


Das Interesse war groß. Die Schlange derjenigen, die eine persönliche Widmung des Autors haben wollten, schien kein Ende nehmen zu wollen: Osvaldo Bayer war mit seinen 90 Jahren noch einmal richtig gefordert bei der Vorstellung seines neuen Buches “La Chispa” (Der Funke), die am Sonnabend vergangener Woche im Gebäude der Gewerkschaft der Telekommunikationsarbeiter (FOETRA) im Buenos-Aires-Stadtteil Once stattfand.

Das Buch bezieht sich auf die gleichnamige Zeitung, die Bayer 1958 im patagonischen Esquel (Provinz Chubut) ins Leben rief. Während ihrer nur fünfmonatigen Existenz prangerte die Publikation soziale Missstände an. Sie attackierte die Großgrundbesitzer und berichtete detailliert über Landraub durch Geschäftsleute und Politiker zu Lasten der Urbevölkerung im Bezirk Cushamen. Bayer kritisierte zudem die wirtschaftsliberale Politik des damaligen Präsidenten Arturo Frondizi. In die Zeit von “La Chispa” fällt der Sieg der kubanischen Revolution, die von Bayer begrüßt wurde.

Bayer, der zuvor in Buenos Aires und Hamburg Geschichte und Philosophie studiert hatte, war nach Esquel gekommen, da er eine Anstellung bei der dortigen Lokalzeitung gefunden hatte. Wegen seiner sozialkritischen Texte wurde er jedoch entlassen und gründete mit “La Chispa” seine eigene Publikation. Sein journalistisches Schaffen hatte schließlich die Ausweisung aus der Provinz Chubut zur Folge. Zurück in Buenos Aires arbeitete Bayer dann als politischer Redakteur bei der Zeitung “Clarín”.

Breitere Bekanntheit erlangte er durch sein Buch “Patagonia Rebelde”, das den Aufstand patagonischer Landarbeiter um 1920 und dessen blutige Niederschlagung durch das Militär zum Thema hat. 1974 wurde das Werk durch Filmregisseur Héctor Olivera verfilmt. 1976 ging Bayer ins Exil nach Deutschland, von wo er 1983 nach Argentinien zurückkehrte.

In dem vorliegenden Buch sind ausgewählte Artikel Bayers gebündelt, die damals in “La Chispa” abgedruckt wurden. Zudem erläutern Texte von Kurator Bruno Nápoli und Verleger Ariel Pennisi den historischen Kontext. “Die Themen von damals wie Landraub und Ausbeutung sind auch heute noch aktuell”, begründet der Historiker Nápoli während des Podiumsgesprächs, weshalb die fast 60 Jahre alten Texte weiterhin interessant seien.

“Bei ‘La Chispa’ hat Osvaldo seinen Stil gefunden: direkt und verständlich für alle”, beschreibt Esteban Bayer, Osvaldo Bayers dritter Sohn, der selbst Journalist geworden ist und heute in Deutschland lebt. Verleger Pennisi bezeichnete “La Chispa” als Bayers “Werkzeug im Kampf gegen Ungerechtigkeit”. Mit seinem couragierten Einsatz für die Benachteiligten stelle Osvaldo Bayer eine “feste Koordinate für unser heutiges Schaffen” dar. Florencia Podestá, Dozentin für Kommunikation an der Nationaluniversität von Avellaneda, würdigte “La Chispa” als Beispiel für einen engagierten Journalismus, der der Wahrheit verpflichtet sei.

Schließlich ergriff auch Bayer selbst das Wort. Es müsse der Anspruch journalistischer Arbeit sein, dass sich die Wahrheit durchsetze. Das gelte damals wie heute. Er schloss seine kurze Ansprache mit einem Hoch auf die Freiheit, ehe er bei der anschließenden Autogrammstunde Schwerstarbeit zu verrichten hatte.

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Osvaldo Bayer beim Signieren der Bücher. Rechts sein Sohn Esteban, links von ihm Bruno Nápoli, der die Texte für das Buch zusammenstellte.
(Foto: Marcus Christoph)

Hommage an Rodolfo Walsh

Nationalbibliothek in Buenos Aires erinnert mit Ausstellung an den Journalisten

Von Marcus Christoph


Er gilt als Begründer des investigativen Journalismus: Rodolfo Walsh. Vor 40 Jahren, am 25. März 1977, wurde der kritische Journalist und Schriftsteller von Schergen der Militärdiktatur auf offener Straße in Buenos Aires erschossen. In der Nationalbibliothek in Buenos Aires erinnert in diesen Wochen die Ausstellung “Los oficios de la palabra” (Das Handwerk des Wortes) an Walsh.

Dargestellt wird das Werk des Autors in allen seinen Facetten. Beispielsweise Materialien und Manuskripte für Bücher wie “¿Quién mató a Rosendo?” (Wer erschoss Rosendo G.?), in dem Walsh über den Mord an dem Gewerkschaftsführer Rosendo García im Jahr 1966 schreibt.

Eine nachgestellte Müllkippe in einem Gang der Ausstellung erinnert an die Erschießungen auf der Müllhalde in José León Suárez (Provinz Buenos Aires) in der Nacht des 9. Juni 1956, veranlasst durch die damalige Militärregierung von Pedro Aramburu. Walsh traf einen Überlebenden des Massakers und begann zu recherchieren. Das daraus resultierende Werk “Operación Masacre” wurde zu einem Meilenstein der lateinamerikanischen Literatur und zu einem Vorläufer des New Journalism, der sich in den USA entwickelte. 1972 wurde “Operación Masacre” von Jorge Cedrón verfilmt. Am Drehbuch wirkte Walsh mit. Auf einer Wandprojektion kann man den Film in der Ausstellung sehen.

Walsh wirkte auch außerhalb von Argentinien. 1959 gründete er mit anderen Kollegen im revolutionären Kuba die Nachrichtenagentur “Prensa Latina” mit. Später kehrte er in sein Heimatland zurück und schrieb für die Zeitschriften “Primera Plana” und “Panorama”. 1973 schloss er sich der Guerrillabewegung “Montoneros” an, die er aber zwei Jahre später wieder verließ.

Nach dem Staatsstreich der Militärs 1976 gründete Walsh das Informationsnetzwerk ANCLA. Am 24. März 1977 verfasste er seinen “Offenen Brief eines Schriftstellers an die Militärjunta”, in dem er die Verbrechen des Militärregimes anprangerte. Diesen sandte er an argentinische Tageszeitungen und Auslandskorrespondenten. Die Machthaber veranlassten daraufhin die Verhaftung des Autors. Als dieser sich widersetzte, kam es zu einem Schusswechsel, bei dem Walsh ums Leben kam. Dies ereignete sich an der Straßenecke San Juan und Entre Ríos. Die dort befindliche U-Bahnstation der Linie E trägt heute den Namen “Entre Ríos – Rodolfo Walsh”.

Die Ausstellung in der Nationalbibliothek (Aguero 2502) ist noch bis Juli 2017 montags bis freitags von 9 bis 21 Uhr sowie sonnabends und sonntags von 12 bis 19 Uhr zu sehen.

Warte, warte nur ein Weilchen

Hamburger Kunsthalle zeigt Ausstellung “WARTEN. Zwischen Macht und Möglichkeit”

Von Nicole Büsing & Heiko Klaas


Fünf Minuten, zehn Minuten, eine Viertelstunde. Warten gehört zum Alltag. Egal ob im Feierabendstau, an der Bushaltestelle, beim Check-in am Flughafen oder – der Klassiker – beim Hausarzt im Wartezimmer voller schniefender und dauerhustender Patienten. Wir alle kennen dieses enervierende Gefühl, diesen unproduktiven Zwischenzustand im minutiös durchgetakteten Tagesablauf.

Doch halt: Bedeutet Warten wirklich immer nur etwas Negatives? Lässt sich der vermeintliche Zeitverlust nicht auch produktiv oder kreativ nutzen? “Wer es aushalten kann, zu warten, der gewinnt immer!”, diese Erkenntnis gab schon Robert Musil seinem “Mann ohne Eigenschaften” mit auf den Weg.

Die Galerie der Gegenwart in der Hamburger Kunsthalle geht dem ambivalenten Phänomen des Wartens jetzt genauer auf den Grund. 23 internationale Künstler präsentieren in der groß angelegten Ausstellung “WARTEN. Zwischen Macht und Möglichkeit” Videoarbeiten, Installationen, Skulpturen, Fotografien und Performances zum Thema.

Brigitte Kölle, die Kuratorin der Schau, will mit ihrer Auswahl aber auch zeigen, dass es sich durchaus lohnen kann, sich dem Warten wieder ganz bewusst auszusetzen: “Geduld und Langmut geraten in unserer Zeit, in der alles jederzeit und überall verfügbar erscheint, vermehrt aus dem Blick. Pausenfüllender Konsum und der minütliche Kontrollblick aufs Smartphone vertreiben das Warten und damit auch eine mögliche Zeit der Reflexion und des Bei-Sich-Seins.”

Genau das scheinen sich auch die unter einer Autobahnbrücke in Nigeria verharrenden Ölarbeiter in einer Videoinstallation des Belgiers David Claerbout zu Herzen zu nehmen. Einen kurzen, aber heftigen Regenschauer nutzen sie, um sich mit ihren Sinnen ganz dem Naturereignis auszusetzen.

Was gibt es noch zu sehen? Gleich im Lichthof der Galerie der Gegenwart hat das dänisch-norwegische Künstlerduo Elmgreen & Dragset ein Rollgerüst aufgebaut. Oben drauf sitzt ein barfüßiger blonder Junge mit Jeans und Kapuzenjacke, neben sich eine Cola-Dose. Seine Turnschuhe liegen auf dem Boden. Worauf wartet er? Auf das Heranwachsen, die Erkenntnis der Welt? Oder nur auf seine Kumpel, die gleich um die Ecke biegen?

Der Düsseldorfer Fotograf Andreas Gursky ist mit vier Aufnahmen aus seiner frühen Serie “Pförtner” (1982-1987) vertreten. Gursky porträtiert hier Empfangsmitarbeiter in den Respekt einflößenden Lobbys von Industrieunternehmen und Versicherungskonzernen. In ihrer statuarischen Ernsthaftigkeit erinnern sie an den unerbittlichen Wächter aus Franz Kafkas Türhüter-Parabel “Vor dem Gesetz”.

Dass uns das Warten, insbesondere an Bushaltestellen, immer wieder heimsucht, stellen gleich mehrere Künstler unter Beweis. Von der Berliner Fotografin Ursula Schulz-Dornburg sind Schwarz-Weiß-Aufnahmen von modernistischen Bushalte-stellen in Armenien zu sehen – im Überschwang sozialistischer Utopien haben die Architekten ihrer Phantasie und dem Sichtbeton hier freien Lauf gelassen.

Gleich gegenüber der Kunsthalle auf dem Glockengießerwall hat Michael Sailstorfer ein Wartehäuschen der besonderen Art aufgebaut: Der ursprünglich aus dem ländlichen Bayern stammende Künstler transferiert eine ausgediente Bushaltestelle aus seiner Heimat nach Hamburg und richtet sie mit dem Nötigsten ein: Bett, Küche, Wasser, Strom und WC – genau die richtige Grundausstattung, falls der Bus dann doch mal später kommt.

Wundern sollten sich Besucher der Hamburger Kunsthalle in den nächsten Monaten auch dann nicht, wenn sie hier und da auf eine sich plötzlich bildende Warteschlange stoßen: Der slowakische Konzeptkünstler Roman Ondák erzeugt mit unangekündigten Performances beim Betrachter Neugier, aber auch das nagende Gefühl, von etwas ausgeschlossen zu sein.

Auch wenn es dem Einzelnen gelingen mag, das Warten hin und wieder als kreative Auszeit zu nutzen – am Ende spiegelt es immer auch gesellschaftliche Machtverhältnisse wider. Eine ernüchternde Erkenntnis von Brigitte Kölle lautet denn auch: “Privilegierte und Menschen mit Macht warten nicht; sie lassen warten.”

  • Ausstellung: WARTEN. Zwischen Macht und Möglichkeit
  • Ort: Hamburger Kunsthalle, Galerie der Gegenwart
  • Zeit: 17. Februar bis 18. Juni 2017. Di-So 10-18 Uhr. Do 10-21 Uhr
  • Katalog: zu dieser Ausstellung erscheint keine Publikation
  • Internet

Fotos von oben nach unten:
Tobias Zielony (*1973), “Lee + Chunk”, 2000.
(Zielony)

Ursula Schulz-Dornburg (*1938), “Erevan-Parakar”, 2004.
(Schulz-Dornburg)

Roman Ondak (*1966), “Good Feelings in Good Times”, inszenierte Warteschlange, 2003.
(Tate/Riechers)