Es fließt

Das Jeff Berlin Trio gastierte im Teatro IFT

Von Mirka Borchardt


Die Liste liest sich wie ein “Who’s Who” der internationalen Jazz-, Rock- und Bluesszene: Van Halen, Chick Corea, Rush, Frank Zappa, Bill Evans, Herbie Hancock, Chet Baker. Sie zählen zu denen, mit denen die drei Musiker, die heute auf der Bühne des Teatro IFT stehen, schon zusammengearbeitet haben. Große Erwartungen also. Das Jeff Berlin Trio wird sie nicht enttäuschen.

Das Trio, das sind Jeff Berlin (Bass), Míke Clark (Schlagzeug) und Richard Drexler (Piano). Jeff Berlin ist einer der virtuosesten und talentiertesten Bassisten der Welt. Als Sohn einer Musikerfamilie – seine Mutter war Pianistin, sein Vater Opernsänger – kam er naturgemäß früh in Kontakt mit der Musik. Und blieb ihr treu. Während seiner langen Karriere arbeitete der mittlerweile 59-Jährige mit fast allen großen Rock-, Funk-, Blues- und Jazzgrößen zusammen. Offensichtlich hat das sein Ego nicht korrumpiert. In verwaschenem schwarzem Hemd, das vermutlich schon bei diversen Aufnahmen mit Frank Zappa und Mike Stern dabei war, kommt er auf die Bühne und erklärt in sympathisch-gebrochenem Spanisch, dass er sich freut, wieder da zu sein – es ist nicht sein erstes Mal in Argentinien. Dann legen sie los.

Die ersten fünf Minuten sind zugegebenermaßen schwierig. Man muss sich einhören in diese Musik. Zunächst klingt sie wie Fahrstuhlunterhaltung, für ungeübte Ohren. Erst allmählich schälen sich Rhythmus und Melodiestränge heraus, dann beginnt der Kopf mitzunicken, die Finger trommeln den Beat und man versinkt, um immer wieder mal kurz aufzutauchen bei den Rhythmuswechseln.

“Sollten wir den Zuhörern nicht sagen, was wir hier eigentlich spielen?”, fragt Pianist Richard Drexler irgendwann. Er schaut ein bisschen aus wie der Weihnachtsmann, mit seinem langen weißen Bart. “Och, nö”, sagt Berlin. “Die meisten von euch waren doch noch gar nicht auf der Welt, als wir die Stücke komponiert haben.” Und dann geht es weiter.

Drexlers Curriculum ist nicht weniger illuster als das Berlins. Doch scheint er trotzdem – oder deswegen – kein Problem damit zu haben, im Hintergrund zu wirken. Seine Parts wirken eher wie Ergänzungen zu Bass und Gitarre, manchmal ist er kaum herauszuhören. Doch ab und zu blitzt es hervor, und in diesen Momenten ist ein Hauch seiner Genialität zu erahnen. Leider auch nicht mehr. Und wenn man ehrlich ist, ist das auch bei Berlin der Fall. Ein paar Stellen, vor allem zum Ende hin, lassen eine Frank-Zappa-Glamourösität zwar durchscheinen, doch sind das eher die Ausnahmemomente.

Der wahre Star des Abends ist der Schlagzeuger. Bei Mike Clarks Soli schwimmt man nicht nur mit, man befindet sich im Auge des Strudels. 65 Jahre ist er alt, aber er scheint lebendiger als seine beiden Kollegen. Seine Freude am Spiel ist ansteckend, und damit trägt er auch seine Musikerfreunde zu einem finalen Höhepunkt.

“Das Schmutzige in der Musik suchen”, so fasst Berlin zusammen, was ihn in seinem Musikerdasein antrieb. Schmutzig ist der heutige Abend zwar weniger. Aber, um im Bild zu bleiben, durchaus fließend. Die einzige Anmerkung, die zu machen wäre: Vielleicht sollte das Trio Mike Clark Trio heißen.

Escriba un comentario