Klingende Kunst
Goethe-Institut Buenos Aires bringt Kagels “Zwei-Mann-Orchester” nach Argentinien
Im Rahmen des vom San Martín-Theater und dem Teatro Colón organisierten und von Martín Bauer koordinierten 16. “Zyklus Zeitgenössischer Musik”, der seit dem 28. Oktober und bis zum 30. November 15 hochkarätige Konzerte mit neuer Musik im Programm hat, wird dank einer Initiative des Goethe-Instituts Buenos Aires das “Zwei-Mann-Orchester” von Mauricio Kagel zum ersten Mal in Lateinamerika zu erleben sein: am 16., 17. und 18. November im Bicentenario-Saal des Teatro Colón und im Anschluss in Rosario und Córdoba.
Als “unselbstständiges Automatophon” bezeichnete Mauricio Kagel (1931-2008) das “Zwei-Mann-Orchester für zwei Ein-Mann-Orchester” (1971-73), das zweifellos zu den merkwürdigsten und zugleich originellsten Stücken der neuen Musik zählt. Kagel und die Spieler Wilhelm Bruck und Theodor Ross überraschten das perplexe Publikum der Donaueschinger Musiktage bei der Uraufführung 1973 mit einer undurchschaubaren Klangmaschine monumentaler Größe, gefügt aus über 200 abgelegten, ramponierten, gar defekten Instrumenten und dysfunktionalen Klangerzeugern. Zum Klingen gebracht wurde sie von der kleinsten Besetzung, die noch Zusammenspiel erlaubt, mit Schnüren, Stangen, Hebeln und allerlei anderen Bewegungselementen. Das Orchester als traditionell zentraler Klangkörper des renommierten Festivals, in dessen Auftrag Kagel das Werk ausarbeitete, spiegelte sich selbst in einer zur klingenden Kunst gewordenen Karikatur.
Die Spieler dieser ersten Fassung, Wilhelm Bruck und Theodor Ross, stellten 1992, anlässlich der Documenta IX, eine neu gebaute, zweite Fassung der Orchestermaschine ins Foyer des Kasseler Staatstheaters, wo sie fast zwei Jahre lang stand und regelmäßig gespielt wurde.
2011 wurde in Basel eine neue, dritte Fassung in einer Kooperation der Paul Sacher Stiftung, der Hochschule für Musik Basel und dem Museum Tinguely realisiert. Wilhelm Bruck stand als Partner diesmal der Schlagzeuger und Multiinstrumentalist Matthias Würsch (Basel, Schweiz) zur Seite.
Das Goethe-Institut Buenos Aires bringt nun das “Zwei-Mann-Orchester” in der Basler Fassung mit der Besetzung Wilhelm Bruck und Matthias Würsch nach Argentinien: am 16., 17. und 18. November ins Teatro Colón, anschließend ins Centro Cultural Parque de España (Rosario) und ins Centro Cultural General Paz (Córdoba).
Als Rahmenprogramm finden Workshops und Gespräche mit Studenten und dem Publikum statt, darunter ein Praxisseminar von Wilhelm Bruck über Mauricio Kagels Acustica an der Universidad de Quilmes und mit Schülern der Initiative des Auswärtigen Amts “Schulen – Partner der Zukunft”, Solo-Konzerte von Matthias Würsch mit experimentellen Werken von Schweizer Komponisten, sowie ein Gastvortrag über “Mauricio Kagels Theater der Instrumente” vom Musikwissenschaftler Matthias Kassel, Kurator der Sammlung Mauricio Kagel an der Paul Sacher Stiftung.
Infos über Tournee und Rahmenprogramm auf der Webseite des Goethe-Instituts. Infos über den “Ciclo de Música Contemporánea” auf der Webseite des Teatro Colón oder des San Martín-Theaters.
Foto:
Bühnenaufbau im Museum Tinguely, Basel, 30. April 2011.
(Foto: Ute Schendel)