Von der Gewalttätigkeit des Schweigens

„Entre el silencio y la violencia“ im Espacio Fundación Telefónica

Von Susanne Franz


Werk von Cristina Piffer.

Die Ausstellung „Entre el silencio y la violencia“, die die Stiftung arteBA im November 2003 in New York bei Sotheby’s im Rahmen einer Auktion lateinamerikanischer Kunst zeigte, beleuchtet die Kunstproduktion der „bleiernen Zeit“ Argentiniens, der Militärdiktatur, die Ende der 1970er Jahre begann, und die Auswirkungen des Kunstschaffens dieser Zeit auf die nachfolgenden Generationen. Laut der Kuratorin Mercedes Casanegra kristallisierten sich zwei dominante Richtungen heraus: der Konzeptualismus bzw. später, bei der jüngeren, von den Ereignissen beeinflussten Generation, der Neo-Konzeptualismus (den Casanegra mit „silencio“, also Schweigen, gleichsetzt), und die Werke jener Künstler, die mit der Gewalt (also „violencia“) gearbeitet hätten, um die violenten Ereignisse ihrer Zeit zu verarbeiten.

Die Aufteilung in diese zwei Kriterien leuchtet nicht ganz ein, da Gewalt und Schweigen (Passivität), wie Aggression und Depression, zwei Seiten der gleichen Medaille sind. Vielleicht ist es aus diesem Grund auch unmöglich zu bestimmen, welcher Künstler in dieser Ausstellung dem „Schweigen“ und welcher der „Gewalt“ zuzuordnen ist, und vielleicht überlässt die Kuratorin die Einteilung deshalb dem Betrachter, wie sie bei der Eröffnung im „Espacio Fundación Telefónica“ im November 2004 betonte.

In der Ausstellung „Entre el silencio y la violencia“ in New York waren Werke der Künstler Luis F. Benedit, Oscar Bony, Roberto Elia, León Ferrari, Norberto Gómez, Victor Grippo, Alberto Heredia, Jorge Macchi, Cristina Piffer, Liliana Porter, Graciela Sacco und Edgardo A. Vigo zu sehen; für die nun in Argentinien gezeigte Version kommen Juan Carlos Distéfano, Juan Carlos Romero und Horacio Zabala hinzu. Darüber hinaus wurde ein Buch mit Texten von Oscar Terán und Daniel Link sowie einer sorgfältigen Chronologie von Silvia Dolinko herausgegeben.

Weniger wäre mehr gewesen – die für die Präsentation im Ausland gedachte Kurzfassung scheint konziser und weit aussagekräftiger als die nun gezeigte Schau. Dennoch lohnt sich ein Besuch im „Espacio Fundación Telefónica“, in dem die Ausstellung noch bis zum 13. März bei freiem Eintritt gezeigt wird: Es gibt einige beeindruckende Stücke der Meister Gómez oder Grippo, und die Werke der „jungen Generation“ Piffer, Macchi und Sacco sind herausragend.

Ein großer Wermutstropfen: Möglicherweise ist die Ausstellung die letzte, die im „Espacio Fundación Telefónica“ stattfinden wird. Auch wenn sie wie geplant bis März hängen bleibt, hat sie den Giganten Telefónica dazu bewogen, keine kontroversen Kunstausstellungen dieser Art mehr zu zeigen; die Kündigung der Kuratorin Corinne Sacca Abadi, die den „Espacio“ im Laufe des Jahres 2004 in einen zentralen Ort für die zeitgenössische Kunst Argentiniens verwandelt hatte, wurde entgegengenommen. Ob es weiter Kunst im „Espacio“ geben wird, ist noch unklar.
(„Entre el silencio y la violencia“, Ausstellung der Stiftung arteBA. Espacio Fundación Telefónica, Arenales 1540. Eintritt frei. Mo-So 14-20.30 Uhr. 25.11.-13.3.)

Der Artikel erschien im Argentinischen Tageblatt vom 15.1.2005.

Escriba un comentario