Himmel voller Frieden

Die Intervention „Antiaéreos“ von Gabriel Valansi

Von Susanne Franz

Es ist stürmisch, und drohende graue Wolken bedecken den Himmel am Montag, dem 12. September. Auf der Plaza de Mayo herrscht dennoch wie immer Hochbetrieb zur Mittagszeit. Doch die Leute rennen nicht ganz so schnell wie sonst über den Platz, denn heute ist etwas anders hier: 18 weiße, jeweils sechs Meter lange Zeppeline sind auf dem Hauptplatz von Buenos Aires verteilt. Einige sind relativ dicht am Boden festgemacht, andere, die weiter oben in der Luft schweben, werden vom Wind arg hin- und hergeschüttelt. Dass dies eine Kunstaktion im Rahmen des Internationalen Theaterfestivals ist, wissen nur die wenigsten, und das ist auch beabsichtigt: Kein Schild, keine Erklärung ist zu sehen, jedem Betrachter ist selbst überlassen, was er mit seinem Eindruck anfängt.

Mit seiner Installation „Antiaéreos“, die vergangene Woche im Rahmen der „Cruce“-Projekte des Festivals lief, erinnerte der Künstler Gabriel Valansi an den Bombenangriff auf die Plaza de Mayo am 16. Juni 1955, der gegen General Perón gerichtet war und der viele unschuldige Menschenleben forderte. Und mit sogenannten „Antiaéreos“, in verschiedenen Höhen über zivilen Zielen angebrachten Luftschiffen, schützten sich einige Städte im Zweiten Weltkrieg gegen Bombenangriffe. „Einen Himmel voller Frieden“ habe er schaffen wollen, sagte der Künstler im Gespräch mit einer argentinischen Zeitung. Dass wir in einer Welt leben, in der ein solcher heute so nötig ist wie damals, wird jeden Tag deutlich, wenn wir die Schlagzeilen in den Zeitungen lesen.

Vom hohen künstlerischen Anspruch wie vom positiven Überraschungseffekt auf die Stadt Buenos Aires ein gelungenes Kunstwerk, das im Betrachter viele Assoziationen weckt: angefangen bei der Schutzlosigkeit des Menschen, der sich mit seiner „technologischen Überlegenheit“ gegen drohende Gefahren zu wehren versucht, während schon die tödliche Kraft eines Wirbelsturms ihn in mittelalterliche Zustände und primitive Umgangsweisen zurückzuwerfen imstande ist.

Der Artikel erschien am 24.9.05 im „Argentinischen Tageblatt“.

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