Jetzt und Hier

„Arrabales del vacío“ von Thomas Köner

Von Susanne Franz

„Mein Stück lebt von der Geduld, von der Aufmerksamkeit, die der Zuschauer einbringt“, sagt der deutsche Künstler Thomas Köner bei seinem Besuch in Buenos Aires. „Und ich freue mich, dass die Zuschauer hier diese Geduld mitbringen.“ Köner, der vom Goethe-Institut und dem „Espacio Fundación Telefónica“ eingeladen wurde, in der Sektion „Presentado por…“ („Vorgestellt von…“) des V. Internationalen Theaterfestivals seine Klang- und Videoinstallation „Arrabales del vacío“ zu zeigen, hat sein 13-minütiges Werk gerade der Presse vorgeführt.

Für seine Parabel über Langsamkeit und Reflektion hat der 40-jährige Künstler und Musiker 200 Fotos, die eine Überwachungskamera von einer Straßenkreuzung in einem finnischen Ort aufgenommen hat, so montiert, dass der Betrachter die Übergänge von einem zum anderen kaum wahrnehmen kann: Die Schneedecke auf den geparkten Autos und in den Straßen wächst unmerklich, nach und nach gehen die Lichter in den Häusern an, es wird langsam dunkel – es wird Nacht, in der Lichter und Schatten lebendig sind, und es wird wieder Tag.

Die Installation gewinnt ihre suggestive Kraft vor allem durch die Klangkulisse, die Köner geschaffen hat. Seine Erfahrung als Komponist von Filmmusik und als Live-Performer elektronischer Musik zur Begleitung von Stummfilmklassikern dient ihm dabei ebenso wie seine Eindrücke aus der Kindheit.„Ich bin in einem großen Industriegebiet aufgewachsen (dem Ruhrpott, Anm. der Red.)“, erzählt er den Journalisten. „Die Geräusche, besonders nachts von der Autobahn, haben mich besonders stark beeinflusst.“ Kinderstimmen sind zu hören, aber kein Mensch ist in Köners hypnotischem Werk zu sehen. Jeder Betrachter ist mit seinen Gedanken allein und ist gezwungen, sich Zeit für sie zu nehmen.

„Ist es die Nacht, die kommt, oder die Nacht, die vergangen ist?“, fragt eine Frau. Das müsse jeder selbst entscheiden, sagt Köner, und fügt hinzu: „Ich glaube, dass es keine Zukunft gibt, dass alles jetzt ist. Die Bilder sind das Jetzt.“

Köners Klang-Landschaft wird in Kürze auf der Biennale von Venedig in einem Theater ihre europäische Uraufführung erleben.

(Thomas Köner, „Arrabales del vacío“, Video- und Klang-Installation. Espacio Fundación Telefónica, Arenales 1540. Mo-Fr 14-20.30 Uhr. Außerdem wird hier die Ausstellung „espacio real espacio imaginario“, Fotos von Susanne Brügger, Thomas Demand und Heidi Specker gezeigt. Seit 15. bzw. 16.9.)

Der Artikel erschien am 24.9.05 im „Argentinischen Tageblatt“.

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