Kleinod in Belgrano
Das „Museo de Arte Español ‚Enrique Larreta‘“
Von Susanne Franz
Wenn man heute die Straße Juramento in der Nähe der zentralen Ader Cabildo im Stadtviertel Belgrano entlanggeht, ist man mitten im Herzen des Großstadtgetümmels. Das Leben in Buenos Aires hat sich längst aus dem Stadtzentrum heraus in die verschiedenen Viertel verlagert. Das Verkehrsaufkommen ist gewaltig, es herrscht Lärm, die Luft ist mit Abgasen verchmutzt. Riesige Menschenmassen schieben sich durch die Straßen. Alle haben es eilig.
Das Museum ‚Enrique Larreta‘ an der Juramento 2291, einen Block von der Cabildo entfernt, ist eine Oase der Ruhe. Der dezente, neo-kolonialistische Stil seiner Fassade, die der Architekt Martín Noel dem Haus im Jahr 1916 verlieh, als das blühende Buenos Aires seine „Belle Epoque“ erlebte, gibt dem Auge des Betrachters Muße zum Verweilen. Mit seiner kühlen Eleganz trotzt das Museum dem wilden Wechsel der Zeiten.
Bevor der Schriftsteller und Politiker Enrique Larreta (1873-1961) dem Architekten Noel im Jahr 1916 den Auftrag zum Umbau des Hauses zu einer ständigen Residenz gab, befand sich auf den Ländereien der damaligen unabhängigen Ansiedlung Belgrano ein Sommerhaus. Das Grundstück, das bei der Gründung Belgranos im Jahr 1855 einem gewissen Señor Venegas gehörte, ging zunächst in den Besitz von Laureano Oliver über, nach dessen Tod Don Francisco Chas das Gelände erwarb. Dieser beauftragte seinen Schwiegersohn, den Ingenieur Enrique Bunge, mit dem Bau der Sommerresidenz.
Im Jahr 1892 kaufte Mercedes Castellanos de Anchorena das Haus, und als deren Tochter Josefina im Jahr 1903 Don Enrique Larreta heiratete, schenkte sie es ihm zur Hochzeit.
Don Enrique Larreta lebte mit seiner Frau bis zu seinem Tod im Jahre 1961 in dem Haus, das im April 1962 von der Stadtverwaltung unter Bürgermeister Don Hernán María Giralt für $ 65.202.660 erworben wurde, mit dem Ziel, das Haus und die darin enthaltenen Kunstschätze (die die Erben Larretas später der Stadt als Schenkung übergaben) als Museum der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Am 12. Oktober 1962, unter dem neuen Bürgermeister Alberto H. Prebisch, nahm das Museum seine Arbeit auf.
Die Kunstschätze des Museums Larreta
Die reich mit Schnitzereien und Intarsien verzierten Holzmöbel, die Altarbilder, Wappen, Waffen, Teppiche, Kerzenhalter, Essensgeräte, Gobelins, Skulpturen, Ölgemälde und Zeichnungen, die Don Enrique Larreta zu einem Großteil in Spanien erworben und nach Argentinien gebracht hatte, stammen in der Hauptsache aus dem 17. und 18. Jahrhundert und vermitteln einen repräsentativen Einblick in die Kunst der spanischen Renaissance. In den dunklen, kühlen Räumen des Museums ersteht die Atmosphäre der Epoche vor dem geistigen Auge des Besuchers. Es ist im Grunde ein Gesamtkunstwerk, in dem jedes Detail, jede einzelne Wand, jede Tür, jede Schwelle, jedes Gitter zur Atmosphäre beiträgt.
Überaus interessant sind auch die wenigen Kunstwerke hispano-amerikanischen Ursprungs, die die Sammlung vorzuweisen hat, darunter ein Porträt des Herzogs von Lemos, Don Pedro Antonio Fernández de Castro, Vizekönig von Peru. Es ist eines der wenigen erhalten gebliebenen Werke der „Escuela Cuzqueña“ (Schule von Cuzco) aus dem 17. Jahrhundert.
Das schönste Schmuckstück des „Museo Larreta“ ist der entzückende andalusische Garten. Durch weiße Mauern, die ein Ziegeldächlein ziert, von der lauten Außenwelt abgeschirmt, vergisst man diese komplett in der Abgeschiedenheit und Ruhe, die der sorgsam gepflegte Garten vermittelt, wenn man über die labyrinthartigen Wege lustwandelt, vorbei an herrlichen alten Bäumen, exotischen Sträuchern und Blumen, Skulpturen, einem Laubengang sowie mit Mosaiken verzierten Brunnen und Treppen.
Der Artikel erschien am 26.11.05 im “Argentinischen Tageblatt”.
Infos und Aktivitäten
Adresse
Juramento 2291. Tel.: 4784-4040.
Öffnungszeiten
Mittwoch bis Sonntag; wochentags 14-20 Uhr, Wochenende 15-20 Uhr. Montag und Dienstag geschlossen.
Führungen
Sonntags 16 und 18 Uhr (bis Dezember, dann wieder ab Februar).
Eintritt
1 Peso.
Bibliotkek „Alfonso X, el sabio“
Klassische spanische Literatur, argentinische Literatur des 19. und 20. Jh., Material über Buenos Aires. Geöffnet Mo-Fr 13-19 Uhr. Eingang: Vuelta de Obligado 2130. E-Mail: museolarreta_biblioteca@yahoo.com.ar
Andalusischer Garten
Geöffnet 9-13 Uhr. Eintritt frei. Führungen: 3. Dezember, und ab Februar an jedem 1. Samstag im Monat 15.30-17 Uhr. Eintritt 1 Peso.
Kinozyklus
Samstag, 26.11., 17.30 Uhr: „Transe“, experimenteller Kurzfilm, 2004, 5 Min. Regie: Brenda Margulis. „Marruecos“, Romantik-Drama, 1930, Schwarz-Weiß, 92 Min. Regie: Josef von Sternberg. Mit Gary Cooper, Marlene Dietrich, Adolphe Menjou. Eintritt 1 Peso.
Kindertheater
Samstags und sonntags 16 Uhr: „Blanca Nieves y los 8 enanitos“ der Gruppe „La Galera Encantada“ / 17.30 Uhr: „Historia con caricias“, Musical von Héctor Presa nach einem Werk von Elsa Borneman. Eintritt 7 Pesos. Eingang: Mendoza 2248.
Theater
Samstags, sonntags und feiertags 20 Uhr (November); samstags 21 Uhr, sonntags und feiertags 20 Uhr (Dezember): „Estimado Don Quijote“ von der Gruppe „La Galera Encantada“. Regie: Héctor Presa. Eintritt 10 Pesos (Rentner 8 Pesos). Eingang Mendoza 2248.
Konzerte
„Collegium Musicum de Buenos Aires“ unter Ricardo Grätzer. Mittwochs, 30.11. und 7.12.
Kunstausstellungen
„Esculturas en el jardín XIV“, Werke von Mónica Canzio, Claudio Gómez, Dora Isdatne, Edgardo Madanes, Graciela Olio, Marina Papadópoulos, Mariana Schapiro, Genia Streb, Gerardo Wohlgemuth, Carola Zech, u.a. Kuratorin: Nelly Perazzo. Bis 5.12. / „Belgrano en la diversidad de las miradas“, Fotos von Pedro Roth, Ricardo Sanguinetti und Aldo Sessa. Bis 5.12.