“Cuerpo y Materia”
Museumsreife Ausstellung über argentinische Kunst 1976-1985
Von Susanne Franz
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In der Kultur-Zeitschrift Ñ vom vergangenen Samstag schreibt der Kunstkritiker Alberto Giudici, dass die Ausstellung „Cuerpo y Materia” über argentinische Kunst 1976-1985, mit der die neue Kunstgalerie der Stiftung OSDE am 18. April ihre Tore öffnete, es wert sei, als ständige Sammlung eines Museums erhalten zu bleiben. Man kann ihm nur recht geben. Um so schlimmer, dass diese sehenswerte Exposition – gewiss die sehenswerteste dieses Jahres – nur noch bis Freitag, den 9. Juni, einschließlich geöffnet ist. Man sollte sie sich auf keinen Fall entgehen lassen!
Die Kuratorin María Teresa Constantin hat in mehrfacher Hinsicht exzellente Arbeit geleistet: Auswahl der Werke, Montage der Ausstellung und ein ausführliches Vorwort im Katalog – dessen Erwerb für 35 Pesos sehr zu empfehlen ist! -, in dem sie die Kontinuität der Kunstproduktion in den Jahren der letzten Militärdiktatur (1976-1983) verständlich macht: So erklärt sie, dass die Künstler während jener “bleiernen Jahre” zwar entweder in die “innere Emigration” oder aber ins Exil getrieben worden seien, dass sie aber weitaus weniger Verfolgungen ausgesetzt waren als beispielsweise Intellektuelle aus Literatur- oder Theaterkreisen. Es gab Möglichkeiten, auszustellen, sich in Künstlerwerkstätten trotz Versammlungsverbots zu treffen und auszutauschen, und in der Kunstkritik bisweilen sogar mutige, anti-diktatorische Töne.
„Cuerpo y Materia” findet zwar im Rahmen der Erinnerungsveranstaltungen zum 30. Jahrestag des Militärputsches statt, dreht sich aber im Gegensatz zu den anderen Ausstellungen nicht hauptsächlich um die Erinnerung. Die Exposition beleuchtet die Produktion, die in jenen Jahren stattfand, und in welcher Weise die Kunst die äußeren, brutalen Umstände in unterschiedlichster Weise reflektierte. Dabei dienen die Aspekte “Cuerpo” (Körper – ob in seiner An- oder Abwesenheit) und “Materia” (Stofflichkeit) als Dreh- und Angelpunkt.
Die fast herzzerreißende Schönheit der Werke ist das hervorstechendste Merkmal der Ausstellung „Cuerpo y Materia”, in der viele noch nie gezeigte Werke zu sehen sind, oftmals aus der Privatsammlung der Künstler. (María Teresa Constantin schreibt, viele seien einer Selbstzenzur unterworfen gewesen.) Gleich im Eingangsbereich sind die wahrscheinlich schönsten, ausdrucksvollsten Skulpturen von Juan Carlos Distéfano ausgestellt, die man je gesehen hat. Eine davon, ein Frauenkörper in Fötalposition, mit angstvollem, nach oben gedrehtem Gesicht, steckte der Künstler in seine Reisetasche, als er wegen des Verbots eines Buches seiner Frau, Griselda Gámbaro, das Land verlassen musste.
Auch wer ohnehin Bewunderer Ana Eckells ist, ist tief beeindruckt von dem ungewöhnlichen, poetischen Werk “A sus plantas” (1976). Von der Zärtlichkeit der Stilleben und Porträts eines Pablo Suárez ist man ebenso tief bewegt wie von der nackten Gnadenlosigkeit der Gemälde von Carlos Alonso.
Jedem Künstler ist ein abgeteilter Bereich zugeordnet, so dass jeder einzelne perfekt zur Geltung kommt. Bei der hervorragenden Montage der Ausstellung ging Jimena Ferreiro der Kuratorin María Teresa Constantin zur Hand; Beto De Volder und Ignacio Valdez setzten ihre Vorgaben um.
Auf die zwei Stockwerke des großen, “Imago” genannten Ausstellungssaals der Fundación OSDE verteilt, sind Werke folgender Künstler ausgestellt: Carlos Alonso, Jorge Álvaro, Fernando Bedoya, Alicia Carletti, Ernesto Deira, Juan Carlos Distéfano, Diana Dowek, Ana Eckell, Fermín Eguía, León Ferrari, Carlos Filomía, Julio Flores, Norberto Gómez, Carlos Gorriarena, Alberto Heredia, Eduardo Médici, Luis Felipe Noé, Roberto Páez, Ernesto Pesce, Duilio Pierri, Jorge Pietra, Felipe Pino, Jorge Pirozzi, Juan Pablo Renzi, Juan Carlos Romero, Marcia Schvartz, Oscar Smoje, Eduardo Stupía, Pablo Suárez.
Am 8. Juni um 18.30 Uhr findet ein letztes Rundtischgespräch im begleitenden Kulturprogramm statt: “Encuentro con la crítica: Hugo Morales y Elba Pérez”. Moderatorin ist María Teresa Constantin.
„Cuerpo y Materia”, argentinische Kunst 1976-1985. Kuratorin: María Teresa Constantin. Imago (Galerie der Fundación OSDE), Suipacha 658/664. Di-Fr 12-20, Sa und So 11-18 Uhr. 18.4.-9.6.