“Verweile doch, du bist so schön!” (2001)

Tito Pérez stellt Gemälde und Zeichnungen bei Atica aus

Von Susanne Franz

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Die aktuelle Produktion von
Tito Pérez – alles in Schwarz-Weiß!
– ist bis 24.06.06 bei Atica zu sehen.

Eigentlich sind es keine Landschaften, sondern Stimmungsbilder, die Tito Pérez mit lockerem Pinselstrich und großzügiger Farbgebung auf die Leinwand zaubert. Auf Holz, um genau zu sein, denn seine Bilder sind Momentaufnahmen; die Leinwand wäre zu saugfähig, zu beständig für das Festhalten von solch flüchtigen Eindrücken, von so schwer festzuhaltenden Gefühlen.

Wie funktioniert eigentlich die Erinnerung? fragt sich der Betrachter unweigerlich, denn hier wird ihm verdeutlicht, dass es kein objektives Sehen gibt. Tito Pérez führt es ihm vor: Er betrachtet eine Szene, nur eine Sekunde lang, und malt sie dann aus seiner Erinnerung. Sein visueller Eindruck vermischt sich mit seinem Gefühlszustand in diesem Moment, mit seinem Wissen, Denken, mit den Ablenkungen des äußeren Lebens.

Was Virginia Woolf in der Literatur mit der Technik des “Stream of Consciousness” (Bewusstseinsstrom) erreichte, gelingt Tito Pérez mit seiner Malerei: Er friert den Moment ein, tastet aber seine ihm innewohnende Bewegung nicht an: Er lässt ihn sozusagen “im Fließen bestehen”.

In einigen Werken greifen Schwarz-Weiß-Szenen – wie eine abrupt aus einem Stummfilm gerissene Sequenz – auf beunruhigende Weise ins Bild ein: Ein Mensch, der dem Betrachter den Rücken zukehrt, ein sitzender Lesender, ein Steg, der ins Wasser führt. Dissonant harmonisch möchte man den Effekt nennen, den der renommierte Künstler hier erzielt.

Die Ausstellung zeigt auch einige Zeichnungen, in denen das Konzept der Flüchtigkeit des Moments auf die Spitze getrieben scheint. Eine experimentelle und doch reife Exposition!

Dieser Artikel erschien am 28.07.2001 im “Argentinischen Tageblatt”.

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