Beweise von Sammelleidenschaft

“Coleccionables y coleccionistas” im Museum für Dekorative Kunst

Von Susen Hermann

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Es gibt nichts, was man nicht sammeln kann. Beim Einen stapeln sich die Briefmarken und beim Anderen türmen sich antike Möbelstücke. Eines haben sie alle gemeinsam: Sie sammeln für ihr Leben gern.

Im Museo Nacional de Arte Decorativo (MNAD) in Buenos Aires läuft seit dem 14. Juli die Ausstellung “Coleccionables y Coleccionistas” (Sammlungen und Sammler). Gezeigt werden dabei nicht nur Stücke des Museums, sondern auch Sammlungen junger Privatpersonen, die stolz ihre Objekte zur Verfügung gestellt haben, um sie der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Doch nicht die Briefmarke steht im Mittelpunkt dieser Schau. Gezeigt werden Dekorations- und Alltagsgegenstände aus vergangenen Jahrhunderten. Das Ambiente des Museums ist mehr als passend. Stuckdecken, Holzfußböden und Wandvertäfelungen versetzen den Besucher zurück ins Frankreich des 18. Jahrhunderts. Passend dazu beherbergen die riesigen Räume nun Alltagsgegenstände aus vergangener Zeit, deren Gebrauch heutzutage völlig aus der Mode oder in Vergessenheit geraten ist. Chinesisches Porzellan, Tabakdöschen, verzierte Kristallvasen, kleine Bronzefiguren bis hin zu einer Kollektion von Fingerhüten liegen in den Vitrinen des Museums. Jeder Fingerhut ist ein kleines Kunstwerk für sich und verdiente seine eigene Vitrine, um nicht in der Fülle unterzugehen. Einige haben die Form einer russischen Matroschka, andere wiederum sind verziert mit Bildchen der englischen Königsfamilie. Auch argentinische Symbole schmücken die kleinen Objekte. Die Casa Rosada, das Theater Colón oder ein tanzendes Tangopärchen sind in feinen, hauchdünnen Linien auf das Nähzubehör gezeichnet worden.

Die mannshohe Vitrine im hinteren Salon beherbergt eine Sammlung ungewöhnlicher Fächer aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Handgemalte Bilder von Blumensträußen oder japanischen Gärten schmücken die frühstückstellerkleinen Wedler. Ihr Gebrauch ist schon längst in Vergessenheit geraten. Denn sie dienten nicht, wie anfangs zu vermuten, dem Zuwedeln frischer Luft, sondern als Schirmchen, die man beim geselligen Abend vor dem Kamin verwendete, um die Blässe des Gesichts vor dem Feuer zu schützen.

Ein Foto an der Rückwand der Vitrine zeigt eine Dame aus dem dazugehörigen Jahrhundert. Mit unzähligen Schichten von Röcken sitzt sie vor dem Kamin und hält einen solchen hölzernen Fächer in der Hand. Das Bild vereinfacht es dem Betrachter, sich in die Zeit zu versetzen und sich vorzustellen, wie der seltsame Gebrauch dieser Stücke vonstatten ging. Zudem verdeutlichen die abgenutzten Griffe der in der Vitrine ausgestellten Fächer, dass sie vor mehr als 100 Jahren äußerst intensiv verwendet worden sein müssen.

Auch andere Vitrinen beinhalten Bilder, die den Betrachter Hunderte von Jahren zurückversetzen und es ihm erleichtern, sich die vielen Ausstellungsstücke in ihrem Alltagsgebrauch vorzustellen. So zum Beispiel die kleinen Tabakdöschen in Form von kleinen Schühchen oder die Spazierstöcke mit ihren geschnitzten Griffen.

Noch bis 3. September sind diese filigranen, kuriosen, extravaganten oder einfach schönen Stücke dienstags bis sonntags von 14 bis 19 Uhr im MNAD zu besichtigen. Der Eintritt beträgt acht, für Studenten und Rentner vier Pesos. Gratisbesichtigungen sind jeden Dienstag möglich. Das Museo Nacional de Arte Decorativo befindet sich in der Av. del Libertador 1902.

Dieser Artikel erschien am 29.7.06 im “Argentinischen Tageblatt”.

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