Ästhetische Sozialkritik? (2003)

“Ansia y Devoción” in der Fundación Proa

Von Susanne Franz

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Exzellent: AS von Fabián Trigo.

Künstler, deren Werke einen sozialkritischen Anspruch haben, haben da ein Problem – wer kauft ihnen das ab? Einigen ist der materielle Aspekt sicher egal, denjenigen allemal, die Aktionen starten und die Öffentlichkeit mit verschiedenen Mitteln aufrütteln wollen; ihre “Werke” wirken für den Moment und können zwar dokumentiert werden, befinden sich aber außerhalb des Marktes. Aber die anderen? Piquetero-Straßensperren vor einem apokalyptisch-wilden Sonnenuntergang? Zu schön, um wahr zu sein. An wen richtet sich diese Kunst?

Aber Vorsicht und von vorne. Die Ausstellung “Ansia y Devoción”, über die wir sprechen, vereinigt 37 Künstler, die in den letzten sieben Jahren in irgendeiner Weise zur sozialen und kulturellen Wirklichkeit Argentiniens Stellung genommen haben. Zu dieser gehört, wie der Kurator der Ausstellung Rodrigo Alonso schreibt, die Zerstörung der Institutionen, das Verschwinden einer nationalen Industrie, der Verlust öffentlicher Einrichtungen und das Aufkommen einer neuen Auswanderungswelle. Mit diesen Prozessen beschäftigen sich die Werke der Künstler, die Alonso unter dem Thema “Ansia” (Sehnsucht) zusammengefasst hat. Unter “Devoción” (Ergebenheit) gruppiert er diejenigen, die sich zu wieder erstarkenden Volksmythen äußern (San Cayetano/Rodrigo) sowie zu kollektiver Leidenschaft (Fußball).

Die Ausstellung bietet eine breite Auswahl an Sichtweisen über die Krise, was zu ihr geführt hat und was ihre Auswirkungen sind, und einige Werke sind wirklich herausragend. Auch wenn hier viele exzellente Künstler ausstellen, so muss doch besonders Fabián Trigos Installation “Argentinos Seleccionados” hervorgehoben werden (erster Raum im Erdgeschoss der Proa), die sich auf vielschichtige und intelligente Art und Weise mit dem Wunsch und der Illusion vieler Argentinier auseinandersetzt, in einem anderen Land könne es ihnen besser gehen.

Erfrischend abgenutzt sind die Aktionsposter der Gruppe “La Mutual Art-Gentina” im ersten Stock, originell die Fotos der “Costuras Urbanas”, die als lebendige Schilder auf die Straßen gegangen sind. Ansonsten sind einige der hier gezeigten Werke – nun ja, vielleicht einfach ein bisschen zu schön.

Dieser Artikel erschien am 22.02.2003 im “Argentinischen Tageblatt”.

Komplette Liste der Werke hier.

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