Briefe und ein leerer Tisch (2003)

Marga Steinwassers Installation im “Museo de la Shoá”

Von Susanne Franz

Marga2.jpgFür ihre Ausstellung “Cartas y una mesa vacía” im “Museo de la Shoá” wollte Marga Steinwasser mit den minimalistischsten Elementen arbeiten. Ein wenig als Kontrast zu dem Museum der “Fundación Memoria del Holocausto”, in dessen 1. Stockwerk sie mit zwei anderen Künstlerinnen, Graciela Schifrin Lorenzano und Claudia Contreras, ausstellt. Der Besucher betritt zunächst das Museum, dessen Ausstellungsbereich sehr klein und deshalb auch gut überschaubar ist. Die hervorragend konzipierte Präsentation des Museums trägt zusätzlich zur Dokumentation an sich mit dazu bei, dass man schließlich schweren Herzens und wie immer mit dem Entsetzen über das, was geschehen ist, nach oben geht, und eigentlich überlegt, was noch hinzugefügt werden kann.

Aber die Geschichte hört nicht auf und hat Gültigkeit für jeden, der von ihr betroffen war und ist. “Das Wichtigste in meinem Leben ist passiert, bevor ich geboren wurde”, sagt Marga Steinwasser. So schafft sie Graphiken von Briefen, in einer Gaufrage-Prägetechnik, die diese Briefe plastisch hervorhebt, obwohl sie “nicht da” sind: denn es sind die Briefe, auf die diejenigen, die auswandern konnten, warteten – und die irgendwann nicht mehr kamen. Angeregt wurde Marga auch von einem Buch des Uruguayers Mauricio Rosencof, “Las cartas que nunca llegaron” (Die Briefe, die nie ankamen).

Auf einem einfachen weißen Tisch, um den schlichte Holzstühle stehen, hat Marga für vier Personen gedeckt, vier Menschen, die in KZs ermordet wurden – zwei Erwachsene und zwei Kinder. Auf den Tellern stehen ihre Geburts- und Todesdaten.

Kommunikation, die Notwendigkeit, in Verbindung zu bleiben, auf der einen Seite – der familiäre Ritus des Tischdeckens und Essens auf der anderen: Mit zwei ganz einfachen Konzepten gelingt es Marga Steinwasser, ein Gefühl zu vermitteln für das unmittelbare Eindringen des Horrors in das alltägliche menschliche Leben.

Dieser Artikel erschien im Oktober 2003 im “Argentinischen Tageblatt”.

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