Konzepte von Raum und Zeit (1999)

Miquel Navarro und Silvia Rivas im Museo Nacional de Bellas Artes

Von Susanne Franz

mike.jpgDas Nationalmuseum bietet in den Ferienmonaten immer eine hervorragende Alternative für den kulturhungrigen Daheimgebliebenen. Es herrschen zwar unter den Angestellten etwas „ferienmäßigere” Sitten, aber die Qualität der ausgewählten Exponate lässt nichts zu wünschen übrig. Im großen „Pabellón” des Museums kann man so momentan eine hervorragende Exposition des aus Valencia/Spanien stammenden Bildhauers Miquel Navarro bewundern. Seine Installationen wirken wie Städte auf einem fremden Planeten, den man wie in einem Traum unvermittelt betritt, ohne vorher eine besondere Besuchserlaubnis eingeholt zu haben.

Große und kleine Gebäude sind auf dem Boden dieses Planeten angeordnet, hier sind wir wohl Riesen? Und nun beginnen die Fragen – handelt es sich bei diesen Gebilden überhaupt um Gebäude? Wenn ja, wer lebt in ihnen? Ein dem Menschen ähnliches, intelligentes Wesen? Ein freundliches Wesen oder eines, das uns gerade in diesem Moment mit kriegerischen Absichten beäugt, im Begriff, mit unsichtbaren Waffen auf uns loszugehen? Ist dies vielleicht ein verlassener Planet, sind dies die Überbleibsel einer vergangenen Zivilisation? Die Stimmung im Saal, die vereinzelten Bilder an den Wänden und Anhäufungen von Objekten und Figuren in Schaukästen deuten darauf hin. Miquel Navarro spielt mit den Sinnen des Betrachters, schafft für einen Moment einen Raum voll aufgehobener Dimensionen.
„Begreifen” unmöglich.

In Navarros Städten steht die Zeit still (oder sie läuft anders ab). Dagegen erlebt man in der Ausstellung der talentierten Künstlerin Silvia Rivas eine Besessenheit mit den Konzepten Raum und
Zeit. Ihr Ringen um eine Darstellung dieser sich jeder Darstellung entziehenden Koordinaten resultiert in Werken von hoher philosophischer Dichte. Inhärent ist im Versuch des „Begreifens” auch die Erkenntnis der Unmöglichkeit ihres Unterfangens. Deshalb sind Rivas’ Objekt-Gemälde letztendlich immer Variationen desselben Themas, reine Annäherungen. Für den Betrachter ist die Ausstellung ein meditativer Genuss.

Dieser Artikel erschien am 23.01.1999 im “Argentinischen Tageblatt”.

Escriba un comentario