Ein Tempel für die Filmkunst

| Off Topic | 21/1/07 | 0 comentarios

Programmkino Leopoldo Lugones feiert 2007 seinen 40. Geburtstag

Von Susanne Franz

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Zur sechsten Ausgabe des “DocBsAs” im Jahr 2006 luden der Leopoldo-Lugones-Saal und das Goethe-Institut Buenos Aires den deutschen Dokumentarfilmer Thomas Heise ein.

40 Jahre und kein bisschen angestaubt: Der Leopoldo-Lugones-Saal, das vom Städtischen Theaterkomplex “Complejo Teatral de Buenos Aires” und der “Cinemateca Argentina” getragene Programmkino, ist technisch auf dem neuesten Stand. Moderne Projektoren für 35 mm, 16 mm und Videoformat sowie ein leistungsstarkes Dolby-Digital-Soundsystem machen den Saal im 10. Stock des San-Martín-Theaters an der Avenida Corrientes 1530, der 233 Zuschauer fasst, zu einem Ort, an dem man das beste Kino der Welt auch wirklich genießen kann. Aber natürlich sind es vor allem die Inhalte, die exzellente Programmgestaltung, die den Leopoldo-Lugones-Saal zu einem zentralen, nicht wegzudenkenden Kulturtempel der argentinischen Hauptstadt machen.

Die Klassiker der Kinogeschichte

Seit der Leopoldo-Lugones-Saal am 4. Oktober 1967 mit dem Klassiker “La pasión de Juana de Arco” (La passion de Jeanne d’Arc) aus dem Jahr 1928 des dänischen Meisterregisseurs Carl Theodor Dreyer (1889-1968) eröffnet wurde, ist das Programmkino seinem Grundsatz treu geblieben, immer wieder Filmzyklen mit den großen Klassikern der Kinogeschichte unter bestimmten thematischen Gesichtspunkten zusammenzustellen, so dass die unterschiedlichen Tendenzen und Bewegungen der Filmgeschichte deutlich dargestellt werden können. Einige wenige Beispiele für dieses Bestreben sind die Filmreihen über die skandinavischen Pioniere, die Diven der italienischen Stummfilm-Ära, das Erwachen von Hollywood, die Ausnahmesituation des sowjetischen Films, oder der Neue Deutsche Film, der mit dem Oberhausener Manifest seinen Anfang nahm.

Große Meister und neue Talente

Immer wieder hat der Leopoldo-Lugones-Saal (oft vollständige) Retrospektiven bedeutender Regisseure organisiert und in diesem Rahmen auch häufig Filme gezeigt, die in Argentinien unveröffentlicht waren. Gezeigt wurden u.v.a. das Werk von Friedrich Wilhelm Murnau, Georg Wilhelm Pabst, Ernst Lubitsch, Fritz Lang, Werner Herzog und Rainer Werner Fassbinder.

Doch auch unbekannte Filmkünstler kamen zu Wort: So wurde im Leopoldo-Lugones-Saal das Oeuvre der Briten Mike Leigh und Peter Greenaway gezeigt, als in Argentinien noch kein Film von ihnen bekannt war. Ebenso war es mit dem Werk der Finnen Aki und Mika Kaurismaki oder dem Deutschen Werner Schroeter.

Argentinisches Kino

Der Leopoldo-Lugones-Saal verstand sich schon immer als Plattform, um das weniger bekannte nationale Kino einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Retrospektiven von Regisseuren wie Mario Soffici, Leopoldo Torre Nilsson oder Jorge Polaco gehören ebenso dazu wie Reihen mit experimentellen Filmen oder historischen Dokumentarfilmen, die von der “Fundación Cinemateca Argentina” in vielen Fällen liebevoll restauriert wurden.

Filmstars und Stargäste

Berühmte Schauspieler haben vielleicht einen stärkeren Einfluss auf das kollektive Gedächtnis der Menschen als die Regisseure. Auch den großen Künstlern unter ihnen hat der Leopoldo-Lugones-Saal deshalb immer besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Davon zeugen Filmreihen mit Asta Nielsen, Greta Garbo, Anna Magnani, Jean Gabin oder Vittorio Gassman, aber auch berühmten Stars vom Río de la Plata wie Carlos Gardel, Tita Merello oder Niní Marshall.

Zu den illustren Gästen des Leopoldo-Lugones-Saals, die ihre Filme teils persönlich dem Publikum vorstellten, gehörten beispielsweise die Deutschen Werner Herzog und Margarethe von Trotta, die Schweizer Daniel Schmid und Fredi Murer, der Ungar István Szabo, die Polen Krzysztof Kieslowski und Krzysztof Zanussi, die Norwegerin Liv Ullmann oder der Mexikaner Arturo Ripstein.

Weltkino, Filmpreise und Festivals

Im Leopoldo-Lugones-Saal ist das deutsche, italienische oder spanische Kino in zahlreichen Filmreihen unter den unterschiedlichsten Gesichtspunkten beleuchtet worden. Aber auch das Filmschaffen “weniger entwickelter” Länder wurden dank der Bemühungen des Programmkinos in Argentinien bekannt gemacht, darunter das österreichische und Schweizer Kino, sowie das litauische, bulgarische, kroatische, albanische, türkische, südafrikanische, chinesische, griechische oder ägyptische Kino, unter vielen vielen anderen. Darüber hinaus werden immer wieder Produktionen der mächtigen Filmnationen Japan, Korea und Taiwan gezeigt.

Internationale Festivals mit ihren Trophäen und Filmpreise wie der Oscar finden im Leopoldo-Lugones-Saal ebenfalls eine Bühne. So wurden Reihen mit den Siegerfilmen (aber auch den Verlierern) zusammengestellt, um dem argentinischen Publikum die neuesten internationalen Tendenzen näherzubringen.

Filmfeste im Leopoldo-Lugones-Saal

Seit seiner ersten Ausgabe im Jahr 1999 hat das Festival des Unabhängigen Kinos von Buenos Aires (BAFICI, Buenos Aires Festival Internacional de Cine Independiente) den Leopoldo-Lugones-Saal als einen seiner Austragungsorte auserkoren. Darüber hinaus werden hier das Menschenrechtsfilmfestival “Human Rights Watch International Film Festival” und das Dokumentarfilmfestival “DocBsAs” ausgetragen. Zur sechsten Ausgabe des “DocBsAs” im Jahr 2006 hieß der Leopoldo-Lugones-Saal den deutschen Dokumentarfilmer Thomas Heise willkommen.

Informationen

Leopoldo-Lugones-Saal, 10. Stock des San-Martín-Theaters, Av. Corrientes 1530. Eintrittspreise 5 Pesos, für Studenten und Rentner 3 Pesos. Berechtigungsscheine für den ermäßigten Eintrittspreis kann man montags bis freitags von 10-16 Uhr im 4. Stock des Theaters beantragen. Infos hier.

Aktuelles

Den Start ins Jubiläumsjahr hat der Leopoldo-Lugones-Saal am 16. Januar mit einer Reihe französischer Filme begonnen, die bislang in Argentinien unveröffentlicht sind. Die sieben Filme, die schon auf wichtigen internationalen Festivals zu sehen waren, werden bis zum 29. Januar gezeigt.

Weiteres Programm: 20. und 21.1., 17 und 20.30 Uhr: “Los amantes regulares” (Les amants réguliers), 2005, 178 Min., Regie: Philippe Garrell. 22. und 23.1., 17, 19.30 und 22 Uhr: “El nacimiento del amor” (La naissance de l’amour), 1993, 94 Min., Regie: P. Garrell. 24. und 25.1., 17, 19.30 und 22 Uhr: “El pequeño teniente” (Le petit lieutenant), 2005, 110 Min., Regie: Xavier Beauvois. 26. und 27.1., 17, 19.30 und 22 Uhr, am 27.1. auch um 14.30 Uhr: “La traición” (La trahison), 2005, 80 Min., Regie: Philippe Faucon. 28.1., 14.30, 17, 19.30 und 22 Uhr; am 29.1. nur um 17 Uhr: “Samia”, 2000, 75 Min., Regie: P. Faucon.

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