“Ich liebe die Farben”

Alfredo Plank, dem einzigen deutschen Kunstmaler in Argentinien, ist im Quinquela-Martín-Museum eine “kleine Retrospektive” gewidmet

Von Susanne Franz

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Alfredo Plank: “Helena y Betsabé”, Acryl auf Leinwand, 100 x 100 cm, 2003.

Wer am heutigen Samstag, dem 6. Oktober, das Angebot der Langen Museumsnacht wahrnimmt, sollte einen Besuch im Quinquela-Martín-Museum im Stadtviertel La Boca einplanen. Um 19 Uhr wird hier eine Ausstellung des einzigen deutschen Kunstmalers in Argentinien, Alfredo Plank, eingeweiht. Im großen Mi-guel-Victorica-Saal im zweiten Stock dieses interessanten Museums wird man dann an die 30 Gemälde Planks bewundern können, von denen das älteste 20 Jahre zurückdatiert und die jüngsten von 2007 stammen. “Eine kleine Retrospektive” nennt der 1937 als Sohn deutscher Eltern in Buenos Aires geborene Maler denn auch diese Ausstellung.

Plank, der 1959 in Argentinien die Manuel Belgrano-Kunstakademie abschloss und sich im Jahr 1974 mit einem Postgraduiertenstipendium an der Akademie der Schönen Künste in München fortbildete, stellt – auch wenn es skurril klingen mag – eine perfekte Mischung aus waschechtem, gemütlichen Bayern und miss-trauischem Porteño dar. Da er die Hälfte des Jahres in München und die andere in Buenos Aires lebt, passt er mit diesen Eigenschaften gut in die zwei so unterschiedlichen Gesellschaften. Doch da hört seine Anpassungsbereitschaft auch schon auf – in seiner künstlerischen Kreativität ist Plank unbeugsam unabhängig von allen Einflüssen und ein leidenschaftlich anarchistischer Verfechter der individualistischen Freiheit. In seiner letzten Einzelausstellung im Jahr 2005 in der Galerie agalma.arte wählte er entsprechend einen Leitspruch von Antonin Artaud: “Ich weiß, dass ich, was die brennenden Fragen der Aktualität angeht, alle freien Menschen auf meiner Seite habe, alle wahren Revolutionäre, die die Freiheit des Einzelnen für wichtiger ansehen als alle anderen Errungenschaften.”

Alfredo Plank, der seine Werke seit seiner ersten Ausstellung vor fast 50 Jahren, 1958, in unzähligen Einzel- und Gemeinschaftsausstellungen gezeigt hat und dessen Gemälde sich in zahlreichen privaten und öffentlichen Sammlungen im In- und Ausland befinden, ist ein Meister der Komposition und Farbgebung. “Ich mische niemals Farben, und diese Technik habe ich erfunden!”, erklärt der jugendlich wirkende 70-Jährige seine Arbeitsweise, immer nur reine Farbtöne zu verwenden. “Ich liebe die Farben!”, sagt Plank, der mit Acryl malt und in aller Herren Länder alles kauft, was er nur bekommen kann, denn ein Farbton aus den USA ist immer ein wenig anders als der gleichnamige aus Argentinien, Frankreich oder Deutschland. So regiert dieser König der Farben über ein ganzes Reich an Farbtönen. Mischen ist gar nicht nötig, denn Alfredo weiß intuitiv, in welchem Moment welche Farbe für ein im Entstehen befindliches Werk benötigt wird. “Es ist ein Gefühl, eine Ge-wissheit, die mit der Erfahrung kommt”, beschreibt er die eigenwillige und doch so perfekte Farbgebung seiner Gemälde. Manchmal experimentiert er, bis er ganz sicher ist, genau das erreicht zu haben, was er erreichen wollte.

Auch in der Komposition geht Alfredo Plank eigene Wege. Sind seine Porträts zum Großteil expressionistisch verhaftet, stehen sie oft in einem surrealistischen Kontext, was im Zusammenwirken mit der Plank’schen Farbgebung sofort die Aufmerksamkeit und Neugierde des Beschauers weckt – der sich mit einem Gemälde jedoch auch lange Zeit beschäftigen kann, da sich immer wieder neue Sicht- und Interpretationsweisen eröffnen.

Alfredo Planks gestalterische Kraft drückt sich auch in der Vielfalt seiner Themen aus. So vereint die Retrospektive Porträts wie das Quinquela Martín gewidmete Gemälde “A Don Benito Chinchela Martín” (in Anspielung an den wirklichen Namen des “Malers von La Boca”), Selbstporträts wie “Ecce Homo – Autorretrato con pijama”, Bilder aus Planks Stierkampf-Serie oder “Allegro fortissimo”, eine Reihe wohlbeleibter Damen in einem türkischen Bad – oder “Rugby”, eine packende, dynamische Spielszene. Hat er dieses Bild wegen der momentan die Gemüter bewegenden Rugby-Weltmeisterschaft gemalt? “Aber nein – ich liebe Rugby! Ich habe früher selbst gespielt”, sagt Plank – in jeder Hinsicht immer für eine Überraschung gut.

Alfredo Plank, “Pequeña Retrospectiva”, Gemälde. Museo de Bellas Artes “Benito Quinquela Martín”, Av. Pedro de Mendoza 1835, La Boca. Anfahrt mit den Buslinien 64, 53, 20, 152, 29. Öffnungszeiten dienstags bis sonntags 10-18 Uhr. Vernissage: 6.10., 19 Uhr. Bis 4.11.

Erschienen im “Argentinischen Tageblatt” vom 06.10.07.

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