Kunst für alle

Neues Erziehungs- und Besuchsprogramm im Malba

Von Christina Liebl

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Der Kunst näher kommen: Ein Besucher betastet die Nachbildung des Gemäldes „Juanito schlafend“ von Antonio Berni.
(Foto: inal)

Mit seinem neuen Angebot für Besucher allen Alters und für Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen will das Museo de Arte Latinoamericano de Buenos Aires (Malba) Kunst für alle zugänglich machen. Das Museum bietet dazu regelmäßig kostenlose Führungen durch die Dauerausstellung an, die sich jeweils an ein spezielles Publikum richten. Für 2008 bietet das Malba unter anderem Führungen für blinde, taube oder geistig behinderte Menschen sowie für Senioren und Kinder an.

Eleonora Cardoso, die Koordinatorin des Erziehungsprogramms und der kulturellen Aktivitäten des Malba betont, dass ein Museum, um lebendig zu sein, ein vielfältiger und dynamischer Ort sein muss, der sich an den Interessen und Bedürfnissen seiner Besucher orientiert. Deswegen unterscheiden sich je nach Zielgruppe die Auswahl der Kunstwerke und die Herangehensweise.

Führungen für Senioren beziehen diesem Motto gemäß stark die Erfahrungen der Betrachter mit ein. Dafür bieten sich gerade Gemälde mit historischem oder traditionellem Hintergrund an, wie etwa das „Johannesfest“ von Cándido Portinari. Durch Erinnerungen und Geschichten der Besucher nähert sich die Gruppe dem Bildinhalt an. Wie wurde das Fest in Buenos Aires begangen? Sind Ähnlichkeiten auf dem Gemälde des brasilianischen Künstlers zu sehen? Der Museumsbesuch soll also interaktiv zum Gespräch und zum Erfahrungsaustausch unter den Betrachtern anregen und so einen aktiven Zugang zum Bild schaffen.

Bei einem kindlichen Publikum steht die Fantasie und die Kreativität im Mittelpunkt. Beispielsweise Antonio Bernis Skulptur „Ramonas Albtraum“ bietet dafür reichlich Platz: Zu sehen ist ein buntes Krokodil, aus dessen Rachen Frauenbeine ragen. Mit Fragen werden die Kleinen dazu angeregt, dem Kunstwerk eine eigene Geschichte zu geben, und sich zu überlegen, was denn hinter dem Dargestellten stecken könnte. Außerdem sollen sich die Kinder nicht nur durch Anschauen mit dem Kunstwerk befassen können. Da das direkt am Gemälde oder an der Skulptur nicht möglich ist, hat sich das für die Führungen verantwortliche Team etwas anderes einfallen lassen: In Kästen, die nur an den Längsseiten eine Öffnung haben, befinden sich verschiedene Gegenstände, die ertastet werden und verschiedenen Objekten am Körper des Krokodils zugeordnet werden können. Auf diese Weise werden die Kinder spielerisch zur Kunst hingeführt.

Eine dritte Zielgruppe sind Menschen mit Behinderungen. Für hörgeschädigte Personen gibt es Führungen in Zeichensprache und für geistig behinderte Menschen ein ihren Bedürfnissen angepasster Rundgang. Blinden Menschen, denen sonst die direkte Erfahrung eines Kunstwerks nicht möglich ist, bietet das Malba nun eine neue Möglichkeit. Die Führung besteht nicht mehr nur aus der mündlichen Beschreibung der Werke, sondern das Museum hat von einigen Werken ungefähre Nachbildungen erstellen lassen, die angefasst werden können und den Sehbehinderten einen Eindruck von Form und Textur der Malerei, Collage oder Skulptur vermitteln.

Ein jedes dieser verschiedenen Konzepte überzeugt durch die methodisch durchdachte Gestaltung, welche auf Erfahrungswerten des Führungspersonals beruht. Allen Menschen unabhängig von Alter und Fähigkeiten Kunst nahezubringen und für einen Museumsgang zu begeistern, ist auf jeden Fall ein lohnendes Ziel, dem das Malba mit seinem neuen Programm näher kommt.

Erschienen im “Argentinischen Tageblatt” vom 29.03.08.

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