Schutz vor teuflischen Mächten

Diego Perrottas “El País Volcán” in der Galerie Empatía

Von Susanne Franz

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“El Luchador”, Acryl, 200 x 200 cm, 2008.

Er steht bis zu den Oberschenkeln im Sumpf, vor seinen Körper hält er wie einen Schild ein Objekt, das zugleich Baum und Vulkan ist. Hinter ihm, in einer kargen Landschaft, stehen vier weitere Vulkankegel; aus ihnen wird Rauch geschleudert. Den Baumvulkan in seinen Händen scheint der Kämpfer gezähmt zu haben, er spuckt keine Asche. Die Ruhe vor dem Sturm? Der “Luchador” jedenfalls strahlt konzentrierte, gespannte Erwartung aus. Seine Augen sind gelbe Schlitze, in ihnen offenbart sich seine gebündelte Energie. Komm nur her, sagen sie, ich mag hier feststecken, aber ich habe keine Angst vor Dir. In mir brodelt geballte Kraft.

Die Figur des Kämpfers, der als Beschützer oder Bewacher auch auf anderen großformatigen Leinwänden auftaucht, ist neu im Werk des argentinischen Künstlers Diego Perrotta, dessen jüngste Ausstellung “El País Volcán” (Das Vulkanland) momentan in der Galerie Empatía zu sehen ist. In ihr ist Perrotta wieder zur Malerei und der Keramik zurückgekehrt, nachdem seine letzte große Exposition im Centro Cultural Borges ganz der Zeichnung gewidmet war.

“Meine Figuren sind menschlicher geworden”, beschreibt Perrotta seine Gemäldeserie aus diesem Jahr, die ihn weg von Monstern und anderen Phantasiegestalten zu Themen geführt hat, die das Leben – und mit ihm den Tod – unmittelbarer betreffen.

So schuf er erstmals ein zeitgeschichtlich inspiriertes Werk, “Cromañón”, das die Brandkatastrophe bei einem Rockkonzert in der gleichnamigen Diskothek zum Thema hat, bei der am 31.12.2004 fast 200 Jugendliche verbrannten. “An diesem Tag tat sich im Himmel ein Tor zur Hölle auf”, beschreibt Perrotta ein Element im oberen Bildbereich. Unten malte er 194 Särge, die die jungen Opfer symbolisieren, darunter steht ein Text, der beschreibt, wie ein Mensch erstickt. Und Sätze von Jugendlichen, die der Künstler bei der Gedenkstätte der Cromañón-Katastrophe gelesen hat.

Ebenfalls neu in dieser Ausstellung Diego Perrottas sind Schwarz-Weiß-Gemälde und Schwarz-Weiß-Keramiken von verzaubert wirkenden Tierköpfen. Dabei stellt Perrotta die Nicht-Farben einander immer gegenüber – zur gegenseitigen Ergänzung, nicht als feindliche Gegensätze. Wer an Perrottas barocke Farbgebung gewöhnt ist, ist uberrascht, wie intensiv auch diese Werke wirken. Der Künstler selbst stellt fast erstaunt fest, er sei wohl im Begriff, seine künstlerische Sprache zu glätten und zu einer Synthese zu gelangen.

Im Land der ausbrechenden Vulkane brauchen wir allen Schutz, den wir nur kriegen können. Diego Perrottas Werk macht uns auf den stärksten Beschützer aufmerksam, den wir haben: unsere eigene innere Kraft, auf die wir vertrauen können.

  • Bis 22.11. in der Galerie Empatía, Carlos Pellegrini 1255. Mo-Fr 11-20, Sa 10-13 Uhr.

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