„Wir brauchen unsere Phantasie, um zu überleben“

| Off Topic | 9/5/09 | 0 comentarios

Henning Mankell war der Stargast der Buchmesse von Buenos Aires

Von Svenja Beller

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Ernesto Mallo hing wie das Publikum an den Lippen Henning Mankells.
(Foto: Svenja Beller)

Geblendet blinzelt er ins Publikum, das weiße Haar leuchtet im Scheinwerferlicht. Die meisten seiner Zuhörer tragen schwarze Kopfhörer, durch die eine argentinische Frauenstimme seine Worte übersetzt. Er selbst spricht Englisch, am liebsten Schwedisch: Henning Mankell.

Am Donnerstagabend der vergangenen Woche sprach der charismatische Schriftsteller im Rahmen des „Schwedischen Tages“ auf der „Feria del Libro“ mit Ernesto Mallo, seines Zeichens Autor und Journalist. Der schwedische Botschafter Arne Rodin kündigte seinen Landsmann stolz an und hatte eine für ihn symbolträchtige Anekdote zu erzählen. Ein Taxifahrer habe, als er sich im Wagen auf Schwedisch unterhalten hatte, festgestellt: „ Ah, Schweden, das Land von Henning Mankell.“ Der vielfach ausgezeichnete Bestsellerautor ist bekannt wie ein bunter Hund, seine Krimis um Kommissar Kurt Wallander werden weltweit gelesen, natürlich auch in Argentinien.

„Wir leben in einer wahnsinnig verrückten Welt. Ich fühle, dass ich als Autor darüber reden muss“, will Mankell gleich zu Beginn klarstellen. Er erzählt Geschichten aus Afrika, wo er sich seit Jahren ein zweites Standbein aufgebaut hat, und aus Schweden – vom Strand und vom Schnee. Einmal bat eine afrikanische Frau ihn zu tanzen, statt sich mit Worten vorzustellen. Ihm zeigte dies, dass nicht immer die Sprache das wichtigste Kommunikationsmittel ist. Dann schweift er in die Kindheit zurück. „Wir brauchen unsere Phantasie, um zu überleben“, ruft er eindringlich in den vollbesetzten Saal. Als Kind nutze man die Phantasie, um mit schwierigen Fragen wie dem Tod oder der Angst umzugehen. Die Erwachsenen sollten sich diese Gabe zurückerobern und durch die Brille der Phantasie die Welt betrachten.

Auf die Frage nach seiner Inspiration nennt er das griechische Drama und Shakespeares „Macbeth“. Für ihn sind diese Werke die ersten Krimis, und in ihrer Tradition bemüht er sich zu schreiben. Und dann endlich das Thema Wallander. Wie geht es weiter mit dem eigenwilligen Antihelden? „Vor zwei Wochen habe ich die neue Wallander-Geschichte fertiggeschrieben“, verkündet der 61-jährige Mankell unter Applaus. Danach werde jedoch kein nächster Teil möglich sein, sterben werde der Kommissar aber nicht. In dem also endgültig letzten Buch bekomme Kurt Wallander ein Enkelkind, beginnen werde die Geschichte im Jahre 1983 im Büro des schwedischen Premierministers. Die Popularität seiner Figur erklärt Henning Mankell sich so: „Er ist einer von uns, er ist kein James Bond.“ Er habe die gleichen Sorgen wie seine Leser, bekomme sogar Diabetes. Das mache ihn real, menschlich und greifbar. Und unglaublich beliebt.

Erschienen im “Argentinischen Tageblatt” vom 09.05.09.

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