Kunst eines Jesuitenpaters

Zeichnungen von Florian Paucke in der UCA

Von Susanne Franz

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Am Donnerstagabend wurde im Pavillon der Schönen Künste der Katholischen Universität (Pabellón de las Bellas Artes de la Universidad Católica Argentina, UCA) eine Ausstellung des aus dem argentinischen Chaco stammenden Bildhauers Juan de Dios Mena (1897-1954) eröffnet, in deren Rahmen auch 26 Zeichnungen des deutschen Jesuitenpaters Florian Paucke (1719-1780) und für den Nordosten Argentiniens typische Textilkunst gezeigt werden. Ermöglicht wurde die Präsentation der Paucke-Zeichnungen durch eine Zusammenarbeit der Direktorin des UCA-Museums Cecilia Cavanagh und der Paucke-Stiftung mit der Deutschen Botschaft in Buenos Aires, die die Schirmherrschaft übernommen hat.

Pater Paucke (1719-1780) wirkte fast 20 Jahre in den Jesuiten-Reduktionen San Javier und dem von ihm gegründeten San Pedro und widmete sich mit großem Erfolg der Erziehung der Mokobier – bis die Jesuiten von den Spaniern aus dem Land vertrieben wurden. Er schrieb das Werk “Hacia allá, (fuimos) amenos y alegres, para acá (volvimos) amargados y entristecidos – Estadía con los indios mocovíes 1749-1767”, das im Zisterzienserkloster Zwettl in Österreich aufbewahrt wird. Von den 100 begleitenden Zeichnungen des talentierten Florian Paucke stammen die 26 nun in Buenos Aires gezeigten Werke, die mit einer speziellen Technik dem Werk entnommen wurden.

Bis zum 30. August kann man die Ausstellung im “Pabellón de las Bellas Artes de la UCA”, Alicia Moreau de Justo 1300, montags bis samstags von 11 bis 19 Uhr bei freiem Eintritt besuchen.

Am 12. und am 25. August, jeweils um 18 Uhr, leitet der Historiker Horacio Aguilar für interessierte Besucher eine kostenlose Führung durch die Ausstellung.

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Als Persönlichkeit und in Bezug auf seine Erfolge als Menschenbildner steht Florian Paucke nicht hinter seinem Vorgänger (Anton Sepp, 1655-1733) zurück. Er ist das Kind einer anderen Zeit, stammt aus einer anderen Umgebung und ist auch seinem Temperament nach von Sepp recht verschieden. Zwischen 1655 und 1719, dem Jahr, in dem Paucke in Winzig, Kreis Wohlau in Schlesien, geboren wird, hat sich Deutschland von dem Unglück des großen Krieges erholt. An die Stelle des Reiches, das nur noch dem Namen nach besteht, sind die Landesfürstentümer getreten. Der Horizont der Deutschen ist enger geworden, er reicht nicht viel weiter als der Blick vom Rathaus- oder Kirchturm der Residenz, in der Serenissimus regiert. Dafür hat man die Lebenssicherheit, die so furchtbar erschüttert worden war, wiedergewonnen. Das aufgeklärte Bürgertum setzt sich nicht nur in der Wirtschaft durch, sondern auch in der moralisierenden Dichtung der Zeit: Christian Fürchtegott Gellert dichtet seine gescheiten und witzig pointierten Fabeln. Freilich – das Gefühl stirbt nicht ab, dafür sorgt der Pietismus. Aber Verstand und Empfindung durchdringen sich nicht, sie laufen nebeneinander her. Nur in der Musik entspringt aus Ratio und Anima, aus der Einsicht in die Ordnung der Welt und aus leidenschaftlichem Empfinden das Werk Johann Sebastian Bachs.

Florian Paucke verbindet die praktische Klugheit des Bürgers mit musikalischer Begabung. Sein Sinn für alles Wirtschaftliche, seine manuelle Geschicklichkeit erklären sich nicht nur aus seiner Zeit: Das kleine Landstädtchen, aus dem er stammt, hat bis in die Gegenwart hinein eine bäuerlich-handwerkliche Bevölkerung gehabt. Er hatte es nich. schwer, sich daheim und bei Nachbarn die Kenntnisse zu verschaffen, um die es ihm nach seiner Schilderung in “Hin und Her” zu tun war: Da der junge Mann schon bei seinem Eintritt in den Orden mit 17 Jahren entschlossen war, Missionar zu werden, besuchte er Handwerker aller Art, schaute ihnen bei der Arbeit zu und machte sich Notizen und Zeichnungen, die ihm im Chaco gut zustatten gekommen sind.

Aus seinem Lebensbericht spricht ein heiteres Temperament, das mit allen Schwierigkeiten fertigwird. Er ist weniger gefühlsselig als Sepp, aber keineswegs trocken. Wenn die Erzählungen, die Sepp in seine Darstellungen einflicht, novellistisch geformt sind oder an Legenden erinnern, bevorzugt Paucke die wirklichkeitsnahen “wahren Geschichten”. So ist sein Reise- und Missionsbericht ein kulturhistorisches Dokument für die Geschichte der mittleren Kolonialzeit.

Schon die Schilderung der Überreise zeigt, dass er viel weniger sensibel als Sepp ist: Er klagt weder über die Gerüche noch über das Ungeziefer – nur als seinen italienischen Ordensbrüdern bei einem Sturm die Zwiebelsuppe, die sie sinnigerweise in ihren Koffern mitführen, ausläuft, so dass die Kajütengenossen darin herumschwimmen, beschwert er sich ein wenig. Und als sie Tage und Nächte lang von dem aufgeregten Meer gerüttelt und geschüttelt werden, hat er noch soviel Humor, über einen Kapuzinerpater zu lachen, der eine geistreiche Erfindung gemacht zu haben glaubt: Er spannt ein Seil auf und setzt sich darauf wie ein Junge auf eine Schaukel. Der Erfolg entspricht den Erwartungen nicht. Er wird dreimal so heftig mit seinen voluminösen Hemisphären gegen die Kajütenwand geschleudert, dass er aufgeben muss. Bei der Gelegenheit des anhaltenden Unwetters bewahrt Florian übrigens eine seiner großen Fähigkeiten: seine Kochkunst. Als die Stimmung der Reisegefährten nach mehrtägigem Fasten auf den tiefsten Punkt gesunken ist, stellt er sie mit einer Weinsuppe wieder her. Ein Fass mit katalanischem Wein kqmmt ihm zugute, das als Treibgut aufgefangen wird.

Drei Monate nach ihrer Abfahrt aus Lissabon kommen die Reisenden in Colonia Sanctissimi Sacramenti (heute Colonia) an. Hier hört Pater Florian eine Geschichte, die ihn und seine Zeitgenossen lebhaft beschäftigt: Ein Jesuit Nikolaus, der angeblich aus Deutschland stammt, soll ein indianisches Königreich begründet haben, unabhängig von weltlicher und geistlicher Gewalt, der die Reduktionen unterstehen. Die leidenschaftliche Neigung der Zeit zu einem naturnahen Leben, die in Romanen wie Schnabels “Felsenburg” zum Ausdruck kommt, spricht sich in dieser Legende aus – freilich wohl auch der Verdacht, dass die Jesuiten gegen die Krone konspirieren.

In Buenos Aires bereiten die Ordensbrüder den neuen Missionaren einen feierlichen Empfang: Das ganze Kolleg unter Führung des Provinzials und Hunderte von Laien begrüßen sie am Anlegeplatz der Boote, mit denen sie ausgeschifft werden, und führen sie unter dem Geläut aller Glocken in die Jesuitenkirche, wo ein feierliches Te Deum gesungen wird.

Mit der Genauigkeit eines Kochs beschreibt Pater Florian die Speisenfolge, die ihnen an der mit Blumen und Früchten dekorierten Tafel des Kollegs gereicht wird: Fleischbrühe mit Zwiebeln, Spießbraten mit Würsten, Rebhühner in Essig, Hühnerbraten, Hammelfleisch, Kuchen und Olla podrida, ein spanisches Eintopfgericht aus Fleisch und Gemüse, dessen Rezept Florian sofort aufzeichnet.

Die Schilderung der Stadt zeigt, dass sie seit den Zeiten Pater Sepps gewachsen ist: Sie ist größer als Prag, aber “nicht so prächtig”, denn die Straßen sind noch immer ungepflastert und die Häuser nur einstöckig mit Dachterrassen und Fenstern ohne Glasscheiben, nur durch hölzerne Läden verschließbar. Als sachlicher Beobachter erkennt Pater Paucke die Ursachen dieser Rückständigkeit: Der Handel zwischen der Kolonie und Spanien kümmert dahin – das einzige Schiff. das im Hafen liegt, wartet seit vier Jahren auf Ladung! Dafür fIoriert der Schmuggel, vor allem nach den portugiesischen Kolonien. Ein Meisterstück anschaulicher Prosa ist die Darstellung der Reise von Buenos Aires nach Córdoba: Wir sehen die hohen zweirädrigen Wagen vor uns, mit vier Ochsen als Zugtieren, die ein Mulatte mit dem Stechrohr regiert. Wir erleben den Tageslauf der Reisenden mit. von dem Aufbruch mitten in der Nacht bis zu der Rast um neun Uhr morgens, der Mahlzeit von einem Rost über der Erdgrube und der Siesta, die bis um vier Uhr nachmittags dauert, bis das Horn der braunen Poslillone zu neuem Aufbruch ruft. auf den erst am späten Abend eine neue Rast folgt. Pater Florian ist verzweifelt über die lange Mittagsruhe. Eines Tages liest er während der Rast in seinem Brevier einen Psalm, in dem die Rede davon ist, dass Gott den Frommen schützen wird: vor dem Grauen der Nacht. vor den Pfeilen, die bei Tage fliegen “et a daemonio meridiano” (“vor dem Bösen von Süden her”). Er bleibt bei den letzten Worten hängen, und ein spaßhafter Einfall kommt ihm. Als die Spanier aufwachen. zeigt er ihnen die Stelle und fragt sie, was unter dem daemonio meridiano wohl zu verstehen sei. Sie wissen es nicht. “Der Schlafteufel am Mittag ist damit gemeint”, erklärt er ihnen. “Ihr müsst ihn kennen, denn ihr seid jeden Tag sechs Stunden besessen von ihm!” Seitdem sagt jeder Spanier, wenn er sich zur Siesta ausstreckt: “Ach, padre Florián, ya estamos otra vez poseídos del demonio meridiano!” Eine köstliche Episode ist die Begegnung Pater Dobrizhoffers, der FIorian begleitet, mit einem Stinktier oder Zorrino. Der Pater, der ein Wissenschaftler im geistlichen Rock ist, beugt sich ahnungslos über das Tier und bekommt einen Strahl der gelben Flüssigkeit ab, die es gegen Angreifer verspritzt. Alles fIüchtet vor dem Pechvogel, als er zu den Wagen zurückkehrt – er ist sozusagen exkommuniziert und muss abseits essen. Es ist ein Glück, dass er noch eine Soutane in seinem Reisegepäck hat. Der verschandelte Rock ist durch kein Waschen zu retten, er muss ihn wegwerfen.

Von Córdoba aus wird FIorian als Missionar in den Chaco zu den Mokobiern geschickt, einem kriegerischen Nomadenvolk, das mit den friedlichen Guaranís Pater Sepps nicht zu vergleichen ist. Selbst eine jahrelange Erziehungsarbeit in den Reduktioncn tilgt ihre angeborene Wildheit nicht aus: Als Pater Florian später mit den Bewohnern von San Javier gegen die Abiponer zieht, die seine Siedlung bedrohen, kann er es nicht verhindern, dass seine Leute den gefallenen Feinden Nasen und Ohren abschneiden, um ihren Pferden daraus Halsgehänge zu machen.

San Javier ist von den Jesuiten auf Wunsch der Bewohner von Santa Fe begründet worden, da die Stadt unter den Überfällen der Indios schwer zu leiden hat. Bald hintertreiben die Spanier freilich die Arbeit des ersten Missionars, Pater Burgés’, indem sie aus der Siedlung billige Arbeitskräfte zu beziehen versuchen. Die Reduktion muss mehrmals verlegt werden und gedeiht erst, als sie weit genug von der Stadt entfernt ist.

Die erste Zeilt in San Javier ist selbst für einen so anspruchslosen Menschen wie Pater Florian unerträglich schwer: Er haust in einer Hütte, deren Wände aus Fellen bestehen. Wenn es regnet, ist sie sofort überschwemmt. Es wimmelt von Fliegen und Moskitos. Scheint dann wieder die Sonne, ziehen sich die Felle in der Hitze zusammen, und die Holznägel, mit denen sie am Boden bcfestigt sind, reißen, so dass er von Tieren aller Art, Hühnern, Hunden, Fröschen und Schlangen heimgesucht wird.

So verlegt er sich zuerst auf die Herstellung von Ziegeln. um die Hütten durch Häuser zu ersetzen. Er beginnt mit der Vqrbereitung der Formen und überlegt dabei, wie er die Indios, die neugierig um ihn herumstehen, zur Mitarbeit überreden kann. Vielleicht gelingt es ihm, wenn er sich ungeschickt anstellt? Wahrhaftig, die Indios lachen ihn aus und nehmen ihm die Arbeit aus den Händen.

Er käme schneller voran, wenn er ihre Sprache verstände. Aber die Aufzeichnungen Pater Burgés’, ein Wörterbuch und eine Grammatik, helfen ihm nicht rasch genug vorwärts. Also gewöhnt er sich daran, die Indios zu fragen: Wie nennt ihr dieses Ding? Was bedeutet jenes Wort? Nach einem Jahr kann er die Christenlehre in der Sprache der Mokobier übernehmen, nach zwei Jahren predigt er auf indianisch.

Inzwischen sind stattliche Ziegelhäuser an die Stelle der Hütten getreten. Er kann versuchen, aus den Nomaden Bauern zu machen. Doch vorher muss er sie von einem ihrer angestammten Laster, der Trunksucht, kurieren. Er hat einen Einfall: Wie wäre es, wenn er sie zum Matetrinken erzöge? Mit einem der Kaziken macht er den ersten Versuch. “Wenn du durchaus trinken muss”, sagt er zu ihm, “will ich dir ein Getränk verschaffen, das dir schmeckt, aber nicht den Verstand raubt.” Nach ein paar Tagen lädt er ihn zum Tee ein. Der Kazike ist begeistert, besonders deswegen, weil er nachher keinen Katzenjammer hat.

Florian benutzt den Tee als Lockmittel, um die Indios für die Feldarbeit zu gewinnen: Das erste Pflügen fängt mit einem Mategelage an. Dann nimmt der Pater den primitiven Pflug in die Hand und zieht eine Furche, die einer Schlangenlinie bedenklich ähnlich sieht. Die zehnte sieht besser aus, aber er ist nun auch in Schweiß gebadet. “Warum versucht ihr es nun nicht einmal”, wendet er sich an seine Zuschauer. “Nein, Vater”, antworten sie, “pflüge du nur weiter. Du machst deine Sache recht gut.”
Doch nun reißt dem Pater die Geduld: “Ihr meint, ihr könnt Tee trinken und mit gekreuzten Armen zusehen, wie ich arbeite? Ihr habt den Tee unter der Bedingung bekommen, dass ihr mitarbeitet – ich habe meine Pflicht getan und will nun ausruhen!”

Der Kazike redet seinen Leuten zu, und der erste Indio übernimmt den Pflug. Nach einer Weile zieht er so schnurgerade Furchen, dass der Pater triumphierend ausruft: “Wahrhaftig, ich hätte niemals gedacht, dass ihr mich derart beschämen würdet! Ich werde mich nie mehr trauen, vor euch zu pflügen!”

Florian versteht es meisterhaft, die Indios zu behandeln: Niemals hält er ihnen lange Ermahnungsreden, er vermeidet jeden unnötigen Stimmaufwand und nimmt Rücksicht auf ihre Stimmungen: Sind sie verstockt oder zornig, verschließen sie sich allen Vernunftsgründen – man muss warten, bis ihnen der Trotz vergangen ist, dann genügen meist ein paar Worte der Belehrung oder Zurechtweisung.

Um nicht nur ihre Achtung, sondern auch ihre Liebe zu gewinnen, bemüht er sich, ihre Lebensgewohnheiten anzunehmen. Als er mit den jungen Burschen des Dorfes auf die Jagd geht und die erbeuteten Tiere, noch blutig, gebraten werden, sieht er, dass man ihn zu der Mahlzeit einladen möchte, es aber nicht wagt. “Warum bringt ihr mir nicht ein Stück Fleisch?”, fragt er die schüchternen Wilden. Man bringt ihm das beste Stück. Er bezwingt seinen Ekel und ißt, während alle mit den Blicken an ihm hängen, mit stoischer Ruhe das ungewaschene blutige Fleisch. Die Jungen brechen in ein Jubelgeschrei aus, und nach ihrer Rückkehr ins Dorf sagen die Erwachsenen: “Unser Pater ist kein Fremder mehr, er gehört zu uns.”

Da er die Jugend auf seiner Seite hat, ist das Schulehalten ein Vergnügen. Die Unterrichtsfächer sind Lesen, Schreiben und Musik. Sein Chor und sein Orchester aus Violinen, Celli, Flöten, Harfen und Hörnern sind bald in allen Reduktionen bekannt, so dass man ihn einlädt, in Santa Fe und Buenos Aires zu konzertieren. Aber auch der Handfertigkeitsunterricht macht Fortschritte: Er stellt Seife und Kerzen her, baut eine Zimmermannswerkstatt auf und schafft Drehbänke an, richtet eine Schmiede ein, denn die 30.000 Stück Vieh, die der Reduktion gehören, müssen markiert werden, und unterrichtet im Kunsthandwerk, zum Beispiel im Bildschnitzen.

Da ihm der Müßiggang der Frauen ein Dorn im Auge ist, bringt er ihnen Weben und Färben bei und handelt gegen die Decken, die sie herstellen, Tee, Tabak und Zucker ein. Die kleinen Mädchen erzieht er zur Arbeit, indem er zunächst vier von ihnen auswählt, um spinnen und weben zu lernen. Die anderen schauen ihnen zu und bitten dann selbst darum, an dem Unterricht, den eine handfertige Kazikenwitwe übernommen hat, teilnehmen zu dürfen.

Bei jeder neuen Beschäftigung lobt Pater Florían die Anfänger zunächst, um sie dann erst auf ihre Fehler und Unvollkommenheiten hinzuweisen. Er verliert nie die Geduld, auch wenn seine großen und kleinen Schüler in alte Unarten zurückfallen oder neue annehmen. Als er feststellt, dass man statt der öffentlichen Trinkgelage von früher heimliche Orgien abhält, spürt er aus, bei wem die Chicha, der Mais- oder Honigwein, hergestellt wird, sucht unter einem Vorwand die Häuser der Schwarzbrenner auf und sticht wie von ungefähr mit seinem spitzen Stock in die irdenen Behälter, so das s der Inhalt ausrinnt. Als die Unsitte der Glücksspiele von Spaniern eingeschleppt wird, verbrennt er nach Rücksprache mit dem Kaziken alle Karten und Würfel, die er eingesammelt hat.

Nachdem er zu der alten Reduktion eine neue, San Pedro, gegründet hat, macht das königliche Dekret, durch das die Jesuiten im Jahre 1767 aus den spanischen Kolonien ausgewiesen werden, seinem fast zwanzigjährigen Wirken ein Ende. Die Mokobier wollen ihren “großen Vater” gegen die Spanier verteidigen; der königliche Kommissar aus Santa Fe, der die Siedlung übernehmen soll, muss den Pater um bewaffnetes Geleit für die Reise nach San Javier bitten. Als ihm Florian die Kasse aushändigt, findet der Spanier statt der erwarteten Reichtümer, die die Jesuiten gesammelt haben sollen. ganze dreizehn Realen, ein paar Pesos.

Seine Indios begleiten ihn ein gutes Stück Weg. Er kann sie nur damit beruhigen, dass er ihnen verspricht, zurückzukommen, wenn sich alles aufgeklärt hat. Wahrscheinlich hat er gewusst, dass es niemals der Fall sein würde – dass die Arbeit von zwanzig Jahren verloren war.

Die Indios von San Pedro sind bald danach in ihre Wälder zurückgekehrt. San Javier hat sich als Ortschaft gehalten, mit ständig abnehmender Bevölkerung und ständig wachsender Armut.
Aber nicht der äußere Erfolg, sondern die Leistung entscheidet. Florian Paucke ist einer der aufopferndsten und pädagogisch begabtesten Erzieher der Indios am Río de la Plata gewesen. Seine natürliche Menschenkenntnis und seine praktische Geschicklichkeit haben ihm dazu verholfen. Als sein österreichischer Ordensbruder Brigniel einmal nach San Javier kam, bemerkte er im Scherz nach der Besichtigung der Werkstätten: “Es fehlt Ihnen nur eins: Sie müssen das Schusterhandwerk erlernen.” Nach ein paar Tagen brachte ihm Florian ein Paar Schuhe, die er eigenhändig hergestellt hatte. Brigniel war geschlagen. “Sie sind ein Preusse”, erklärte er resigniert (Friedrich der Große hatte inzwischen Pauckes Heimat erobert). “Sie machen das Unmögliche möglich wie Ihr König!”

Aus: “Deutsche in Argentinien, 1520-1980”, Hg. vom Deutschen Klub in Buenos Aires, Verlag Alemann.

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