Stimme Argentiniens ist verstummt

Mit Mercedes Sosa starb eine Botschafterin der Gerechtigkeit

Von Maria Exner

Mercedes11.jpgArgentinien ist ärmer geworden – am Sonntag starb im Alter von 74 Jahren die weltberühmte Folklore-Sängerin Mercedes Sosa. Die Regierung ordnete drei Tage Staatstrauer an. Zehntausende Menschen säumten die Straßen, als Sosas Sarg nach ihrer Aufbahrung im Kongressgebäude am Montag zum Friedhof in Chacarita überführt wurde, sie weinten oder sangen die bekannten Lieder der beliebten Künstlerin.

Die kleine Frau mit der großen Stimme hat ein bewegtes Leben hinter sich…

“Gracias a la vida” – “Dank an das Leben” war das Stück, das Mercedes Sosa am liebsten sang. In ihren Texten drückte sie aus, was sie dachte und fühlte. Dass gerade jene chilenische Hymne ihr so am Herzen lag, zeigt, dass sie bis zu ihrem plötzlichen Tod am Sonntag ein erfülltes, glückliches Leben gelebt hat. Dabei hat es sich die kleine Künstlerin mit der unverwechselbaren Stimme nie einfach gemacht. Geboren 1935 in ärmlichen Verhältnissen in San Miguel de Tucumán bahnte sich Mercedes Sosa mit ihrem Gesang den Weg nach oben. Mit 15 begleitete sie die Eltern zur einer Ortsversammlung, bei der auch ein Gesangswettbewerb stattfand – Sosa gewann und erhielt für zwei Monate einen festen Sendeplatz im Lokalradio. So begann die Erfolgsgeschichte der dunkelhaarigen Sängerin, die später aufgrund ihrer halb-indigenen Abstammung und ihres rabenschwarzen Haars den Spitznamen “La Negra” bekam.

1965 nahm sie mit dem Komponisten und Sänger Manuel Oscar Mathus, ihr erster Ehemann, die Platte “Canciones con fundamento” auf, der Durchbruch in Argentinien. Ab diesem Moment prägt Mercedes Sosa die Stilrichtung “Nueva Canción”, in der sich Folklore-Klänge mit den politischen, agitierenden Texten sozialkritischer Dichter und Liedermacher aus ganz Lateinamerika verbanden. Die “Nuevos Cancioneros” wollten nicht nur traditionelle Liedformen bewahren, sondern gesellschaftliche Missstände anprangern. Sosas Lieder stemmten sich gegen Krieg und Diktatur und forderten mehr Rechte für die unterdrückten Indigenas und Campesinos.

Nachdem Juan Perón – mit dem Sosa als Mitglied der kommunistischen Partei sympathisierte – 1976 die Macht in Argentinien an die Militärjunta verloren hatte, begann die schwierigste Zeit ihres Lebens. Trotz Repressalien blieb sie vorerst im Land, bis sie 1979 mitsamt ihres Publikums während eines Konzertes verhaftet wurde. Nach ihrer Freilassung ging Sosa ins Exil nach Madrid und etablierte sich dort als Mahnerin aus der Ferne. Unermüdlich tourt sie durch Europa, tritt viele Male auch in Deutschland auf – auf beiden Seiten der Mauer. Mercedes Sosa wird zur Institution in der Szene der politischen Liedermacher und der Weltmusik.

Nach dem Krieg um die Malwinen und dem Abdanken der Generäle kehrt Mercedes Sosa 1982 triumphal nach Argentinien zurück. Sie gibt drei legendäre Konzerte, zwei im größten Stadion von Buenos Aires und eines im Opernhaus – Schlüsselmomente der politischen und musikalischen Erneuerung der argentinischen Kultur.

Die größten kommerziellen Erfolge feierte Mercedes Sosa in den letzen zehn Jahren, für ihre Interpretation der “Misa Criolla” erhielt sie 2000 den ersten ihrer insgesamt drei Grammys. In diesem Jahr war sie gleich dreimal nominiert, für ihr letztes Album “Cantora 1”, auf dem sie mit Stars wie Shakira und Fito Páez zu hören ist. Auch politisch blieb Sosa bis zu ihrem Tod engagiert, sammelte Spenden, förderte Selbsthilfeprojekte in ganz Lateinamerika. Die “Mutter Courage” des Kontinents setzte auf das Ehepaar Kirchner als Streiter für ein gerechteres Argentinien, in dem jeder ein Leben in Würde führen kann. Mit Mercedes Sosa starb eine Botschafterin der Gerechtigkeit und eine Frau, deren Verbundenheit mit ihrem Volk weit über ihre Konzerte hinausreichte.

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