Volle Fahrt voraus
Die Fundación Cultural Suizo Argentina wurde neu gegründet und hat jede Menge Pläne
Von Susanne Franz
Wenn die Schweizer etwas tun, dann machen sie es richtig. Als am 29. September 2009 in der eleganten Brasserie El Petanque in San Telmo mit dem Schweizer Frauentrio Artemis die offizielle Neugründung der “Fundación Cultural Suizo Argentina” gefeiert wurde, war dies keine Absichtserklärung – der Motor brummte bereits seit über einem Jahr wieder…
Schon im Oktober 2008 war der Kulturstiftung mit der Kinder-Jazz & Swing Bigband “Swing Kids”, die auf einer erfolgreichen Tournee durch Argentinien und Uruguay Begeisterungsstürme auslöste, der erste große Coup gelungen. Und im September/Oktober 2009 holte die FCSA neben dem Artemis-Trio in Zusammenarbeit mit der Universidad Nacional San Martín, dem Círculo de Bellas Artes in Madrid und der Le Corbusier-Stiftung in Paris die Ausstellung “Le Poeme de l’Angle Droit” von Le Corbusier ins Museo de Arte Decorativo – die erste derartige Schau außerhalb Europas.
Die “Fundación Cultural Suizo Argentina” war 1988 gegründet worden, ebenso wie beim zweiten Anlauf auf Initiative des Schweizers Hans Steinmann, der auch heute Präsident der FCSA ist. Dass die erste Phase der Kulturstiftung 1997 auf Eis gelegt wurde, erklärt der Swissinvest-Chef in einem Interview damit, dass Argentinien zu dieser Zeit der Peso-Dollar-Parität einfach zu teuer war, als dass man Projekte hätte durchführen können. “So kam es zu fast 10 Jahren Standby”, sagt Steinmann.
Damals wie heute hatte die Stiftung zum Ziel, Schweizer Kultur in Argentinien zu fördern – und zwar landesweit für alle Schweizer Gemeinschaften – und auch argentinische Kultur in die Schweiz zu tragen. Da die Schweizer Botschaft zwar eine aktive Kulturabteilung hat, aber keine Mittel für die Kultur zur Verfügung stellen darf, und die Schweizerisch-Argentinische Handelskammer in ihren Statuten die Wirtschafts- und nicht die Kulturförderung festgeschrieben hat, füllt die “Fundación Cultural Suizo Argentina” damals wie heute die Lücke der Finanzierung von Kulturprojekten – Musik, Tanz, Kunst, Architektur, Kino, Kochkunst, Traditionen, Landschaftspflege etc. Auch Wissenschaft und Bildung stehen auf der Agenda. “Natürlich in engster Zusammenarbeit mit Botschaft und Handelskammer”, betont Hans Steinmann. Die Finanzierung sichert die Stiftung durch einen Kulturfonds, für den einmal jährlich Spendengelder eingenommen werden. Die Sponsoren – Schweizer und andere Firmen wie auch Privatpersonen – unterstützen so die Arbeit der FCSA und zeigen zugleich ihr kulturelles Engagement z.B. durch ihre Logos auf Katalogen oder Einladungskarten.
Der “Fundación Cultural Suizo Argentina” geht es aber nicht nur darum, möglichst viele Aktivitäten zu organisieren, ihr liegt an einer nachhaltigen Kulturförderung, die Sinn macht und in den Köpfen der Menschen fortwirkt.
So wurde beispielsweise in der ersten Phase der Stiftung erreicht, dass der Kulturreferent der Schweizer Botschaft nicht mehr alle vier Jahre wechselte – gerade dann, wenn sich ein Mensch einen Überblick verschafft haben kann -, sondern dass eine feste Kraft sich um die kulturellen Belange kümmert. “Damit ist Kontinuität gewährleistet”, sagt Hans Steinmann. Kulturreferentin Isabelle Petersen ist heute als Abgesandte der Botschaft auch in der Fundación aktiv.
Schlagkräftiges Team
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Der Stiftungsrat, der sich einmal im Monat trifft und sonst per E-Mail kommuniziert, hat ohnehin eine sehr effektive Zusammensetzung. Das schlagkräftige Team, in dem Talente vernetzt und sinnvoll koordiniert werden, besteht neben Präsident Hans Steinmann aus Ministerrat Eric Mayoraz, dem Stellvertreter der Schweizer Botschafterin und Ehrenpräsidentin der Stiftung Carla del Ponte, Handelskammerpräsident Alfredo Rodriguez, dem Vorstandsvorsitzenden der Schweizer Gemeinschaften in Argentinien Néstor O. Braillard, den Steinmann als den “obersten lokalen Schweizer” bezeichnet, Swiss Info-Journalistin Norma Dominguez sowie Anwälten, Hotel- und Restaurantbesitzern, Eventmanagern und Repräsentanten wichtiger Schweizer Firmen.
Dafür, dass alles gebündelt wird und klappt, sorgt sehr effektiv die Geschäftsführerin der Stiftung Corina Camenisch. Die 34-jährige Schweizerin lebt erst seit vier Jahren in Buenos Aires – was man ihr kaum glauben mag, da sie sich bereits wie ein “alter Hase” im Kulturleben und mit den manchmal komplizierten Organisationswegen Argentiniens auskennt, die dem Schweizer Ordnungssinn sicher oft diametral entgegengesetzt scheinen. Camenisch kommt aus der Wirtschaft und macht gerade neben ihrem Job in der Stiftung ein Postgraduiertenstudium in Kulturmanagement.
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Neben Organisationstalent und Power bringt Corina unglaublichen Enthusiasmus für die Arbeit der Stiftung mit. Wenn Hans Steinmann und sie von den Swing Kids erzählen, strahlen ihre Augen. Besonders über eine Begegnung der 11- bis 16-jährigen Big-Band-Mitglieder mit Kindern aus einer Villa Miseria, die in einem dortigen Kulturzentrum an einem Musikworkshop teilnehmen, war für beide ein unvergessliches Erlebnis. “Die Schweizer Kinder hatten den Argentiniern Schokolade mitgebracht, und wir dachten, dass sie diese jetzt sofort aufessen würden”, erzählt Corina. “Aber nein, sie haben darauf bestanden, mit den Schweizer Kindern zu teilen!” Der Japaner Dai Kimoto, Bandleader der Swing Kids, war so beeindruckt und gerührt, dass er am nächsten Tag noch einmal in die Villa fuhr und eine persönliche Spende von 1000 Schweizer Franken übergab. “Solche Begegnungen wollen wir fördern!”, sagt Corina. Die Swing Kids planen für Oktober 2010 schon ihren nächsten Trip nach Argentinien.
Lebendige Schweiz
Ganz wichtig ist Camenisch, auf die Bedürfnisse der Auslandsschweizer in Argentinien, die oft schon seit drei oder vier Generationen hier leben, einzugehen. “Diesen Schweizern soll die Schweiz wieder nähergebracht werden!”, betont sie. Konzerttourneen wie die der Swing Kids oder des Trio Artemis gehen deshalb auch immer ins Landesinnere. Außerdem hat die FCSA in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Tourismusbüro für 2010 einen sehr schönen Kalender mit Schweizer Landschaften zusammengestellt. In folgenden Jahren sind andere Themen wie Züge oder Sport vorgesehen. Der Kalender wird als Weihnachts-Promo zusammen mit dem Schweizer Kochbuch “Fondue, Müesli y mucho más de la cocina suiza” verkauft, das typische Schweizer Rezepte aus den 26 Kantonen enthält. Auch den Umweltschutz forciert die Stiftung: Mit einer Stoff-Einkauftstasche, die das Schweizerkreuz und das flotte Logo der Stiftung (und des Sponsors Kühne & Nagel) zeigt, sagt die Fundación der Plastiktütenplage in Argentinien den Kampf an.
Viele Pläne gibt es für das Jahr 2010, wenn Argentinien den 200. Geburtstag seiner Staatsgründung feiert, viele davon sind aber noch nicht “druckreif”. Fest steht, dass es ein spannendes Jahr mit vielen Events werden wird. Langfristiger plant die Stiftung die Gründung eines eigenen Jugend-Streichorchesters unter der Leitung der Schweizer Violinistin Sophie Lüssie.
Auf ein von der FCSA organisiertes Ereignis kann man sich sogar noch diesen November freuen: Am 25. und 26.11. tritt die in der Schweiz lebende argentinische Performancekünstlerin Laura Kalauz mit ihrem Stück “Título”, das sie vor einigen Monaten als Work in Progress im Camarín de las musas präsentiert hatte, im Centro Cultural de la Cooperación auf.
Näheres erfährt man auf der Webseite der Stiftung.
(v.l.n.r.:) Eric Mayoraz, Ministerrat, Isabelle Petersen, Kulturbeauftragte Schweizer Botschaft, Alfredo Rodriguez, Präsident Handelskammer Schweiz-Argentinien, Schweizer Botschafterin Carla Del Ponte, Corina Camenisch, Hans Steinmann.