Ohrenbetäubendes Landleben
“Mucho ruido y pocas nueces” im San Martín-Theater
Von Valerie Thurner
In seinem 50. Jubiläumsjahr wagt sich das Theater San Martín an die Adaptation von William Shakespeares romanesker Komödie “Viel Lärm um nichts” (Mucho ruido y pocas nueces/Much Ado About Nothing) – im Stil eines Volkstheaters mit hiesigem Lokalkolorit. Regie führt der Argentinier Oscar Barney Finn; er versetzte die Handlung ins ländliche Argentinien im 19. Jahrhundert, mit dem Ziel, der Komödie um Liebe und Intrigen einen neuen Aspekt abzugewinnen. Die Protagonisten werden an den hiesigen kulturellen und historischen Kontext angepasst, was ein paar Verschiebungen in Namen und Funktion der Rollen mit sich bringt. So ersetzt Don Leandro Lagos (Salo Pasik), der Gutsherr, den Don Leonato, der Gerichtsvollzieher Dogberry wird durch den seltsamen Kommissar Robles (Daniel Miglioranza) ersetzt und die Truppen Aragoniens werden hier von ein paar Offizieren um den Kommandanten Pedro Gauna (Fernando Margenet) repräsentiert.
Die Haupthandlung ist dem Original jedoch treu, die Liebesgeschichte zwischen Beatriz (Virginia Innocenti) und Benedicto (Sergio Surraco) bleibt erhalten, ebenso die Intrige gegen Claudio (Rocco de Grazia) und Elisa (Malena Figó).
Zunächst scheint die Wahl der Verortung des Klassikers ganz stimmig: Statt im Italien des 16. Jahrhunderts spielt die Handlung im Sommer 1875/76 auf einem Landgut irgendwo in “Gaucholand”, wo Frauen im Schatten der Bäume Zuflucht vor der Hitze suchen und sich die unproduktiven Stunden fröhlich mit Klatsch und Tratsch vertreiben. Die Grenzen zu den Nachbarländer sind noch umkämpft. Die Soldaten kehren aus den Grenzgebieten zu den indianischen Gebieten zurück, auf dem Anwesen des Don Leandro Lagos herrscht wohl hitzebedingte überdrehte Stimmung.
Es war auch nicht der feine Humor, den Shakespeare in diesem Stück gewählt hatte, sondern eher ein etwas grobschlächtiger Ton, der nicht die romantische Liebe auf den ersten Blick zelebriert, sondern sich mehr auf realistischere Aspekte der Liebe sowie das Kleingeistige und Intrigante konzentriert. Gerede und Maskeraden, die tragenden Elemente dieser gesellschaftskritischen Komödie, werden aber in Barney Finns Adaptation noch lauter und hysterischer interpretiert; so wie in den ausgedehnten Festszenen, für deren choreographisches Gelingen Cecilia Elias verantwortlich steht. Und alles vor einem bunten, pastellfarbenen Bühnenbild von Jorge Ferrari. Die Übersetzung des Originaltexts ins Spanische stammt von Cristina Piña.
Ein weiteres zusätzliches Stilmittel ist ein Minnesänger, der manchmal begleitet vom Ensemble schwülstige Gesangseinlagen bietet. Dieser Anspruch, über die Komödie hinaus noch ein Musical sein zu wollen, scheitert dann leider aber an den zu evidenten Unterschieden des gesanglichen Könnens der einzelnen Darsteller.
Die Wortgefechte zwischen den Protagonisten sind das Beste, das diese Inszenierung zu bieten hat. Allenfalls belustigend sind die drei Nebenfiguren der Gauchos, die die Inszenierung als kuriose Witzfiguren vorführt. Ansonsten ist dieser Landlärm aber doch etwas zu ohrenbetäubend.
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