Zeichnungen voller Magie und Ausdruckskraft (1995)

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Marcelo Mayorga, einer der besten Zeichner Argentiniens

Von Susanne Franz

Der Künstler Marcelo Mayorga bedient sich zweier Techniken der Zeichenkunst – der Tusch- und (seit 1987) der Bleistiftzeichnung. Seine Arbeitsweise gleicht der von Paul Klee beschriebenen “Reise ins Land der besseren Erkenntnis”, wobei nach Anlegen des “topographischen Planes” für sein Werk durch das Hinzukommen genial erzielter Licht- und Schattenwirkung in seiner Schwarz-Weiß-Welt und die persönliche Thematik ein Mayorga entsteht. Denn die Reise der wahren Künstler ähnelt sich, doch die Ankunft ist so verschieden wie der individuelle Punkt des Aufbruchs.

Marcelo Mayorgas Thematik lebt von den ihn umgebenden Eindrücken. Er zeichnet oftmals ein idyllisches Buenos Aires seiner Kindheitserinnerungen: Das Wiederfinden “verlorener Momente” der Kindheit macht den Menschen erst komplett. Seine Serie “Guerra Lejana” befasst sich mit dem Malwinenkrieg von 1982 oder vielmehr mit dem Gefühl, das dieser “weit entfernte” und doch unmittelbar bedrohende Krieg bei der bonaerenser Bevölkerung auslöste. Die Metamorphose der Flotte in einem grauen Meer, das vom Land kaum zu unterscheiden ist, symbolisiert auch den Schritt Argentiniens von der Kindheit zur Jugend – der Demokratie.

Natürlich sind bei weitem nicht alle Themen Mayorgas auf die Stadt Buenos Aires bezogen, im Gegenteil gilt paradoxerweise: Je persönlicher sie werden, desto universeller präsentieren sie sich dem Betrachter.

Mayorga bannt und vertreibt Geister und Dämonen in sich selbst und der Welt. Das Zeichnen ist für ihn ein magischer Prozess: Von Personen und (personifizierten) Situationen eines Lebensabschnitts befreit er sich zeichnend; von ldeologien und Ismen, die die Welt regieren oder regierten, verabschiedet er sich auf zeichnerischem, satirischem Wege. Die magische Expressivität seiner Werke verfolgt den Bewunderer seiner Kunst noch lange – Mayorga ist kein Künstler, den man vergessen könnte.

Vielmehr gehört er zu den besten Zeichnern, die momentan hier arbeiten. Seine Werke hat der 1941 in Buenos Aires geborene Künstler, der von der Kunstgalerie Atica (Libertad 1240, PB 9, Buenos Aires) vertreten wird, seit 1972 in sechzehn Einzel- und zahlreichen Kollektivausstellungen im In- und Ausland gezeigt. Die Deutsche Bank-Filiale Corrientes beherbergte im Juni 1994 seine letzte Einzelausstellung; seitdem gehört auch ein Mayorga (eine Tuschzeichnung) zur Sarnrnlung der Deutscben Bank.

Weitere Museen und Institutionen, die Werke Mayorgas besitzen, sind folgende: Stadtmuseum Buenos Aires, Museum “Circle Artistic San Lluc”, Barcelona, Spanien; Nationalgalerie “Salas Nacionales de Cultura”, Buenos Aires; “Galleria Nazionale D’Arte Moderna”, Rom, Italien; Museum Lateinamerikanischer Kunst, Punta del Este, Uruguay; Museum “Eduardo Sívori”, Buenos Aires; Museum Zeitgenössischer Kunst, Córdoba; Kunstmuseum, Resistencia, Chaco; Museum “Rosa Galisteo de Rodríguez”, Santa Fe; Museum “Fader”, Mendoza; Sammlung Bencich, Buenos Aires; Sarnmlung “Banco de Galicia”, Resistencia, Chaco; Sammlung “Banco Quilmes”, Buenos Aires; Italienisch-Lateinamerikanisches Institut, Rom; “Colegio Mayor Argentino”, Madrid, Spanien.

Von den wichtigsten Preise, die Mayorga erhielt, seien im folgenden genannt: Dritter, Zweiter und Erster Preis im “Salón Municipal M. Belgrano”; Zweiter und Erster Preis im “Salón de Santa Fe”; Zweiter und Erster Preis im “Salón Nacional del Chaco”; Dritter, Zweiter und Grosser Ehrenpreis im Salón Nacional.

Im Februar wird Marcelo Mayorga zum ersten Mal nach Deutschland fahren, wo er vom 12.2. bis 2.4. in der Kunststation Kleinsassen in der Nähe von Frankfurt am Main zusammen mit den argentinischen Künstlern Carlos Carmona, Julio Dolz, Ana Eckell, Alberto Klix, Fernando Martínez, Jorge Meijide, Julio Pagano, Raúl Ponce sowie Armando Sapia ausstellen wird. Mayorga bereitet gemeinsam mit Ana Eckell die Ausstellung vor und wird im weiteren Deutschland bereisen.

Er wird mit Sicherheit die Kunstliebhaber dort beeindrucken. Ob er wiederum seine Deutschland-Eindrücke in seine faszinierende Bilderwelt mit einfließen lassen wird?

(Die Zitate von Paul Klee stammen aus dessen “Schöpferischer Konfession”, 1920.)

Fotos von oben nach unten:

“Explicando a Dios”, lápiz carbón (“Gott erklären”, Bleistiftzeichnung), 0,65 x 100 cm. Das Werk basiert auf einer islamischen Erzählung: Jeder ist blind im Labyrinth des Lebens und versucht Gott zu erklären nach dem, was er erfühlt. Und alle glauben recht zu haben…

“La Flota” (de la serie “La guerra lejana”), lápiz carbón sobre papel (“Die Flotte”, aus der Serie “Weit enfernter Krieg”, Bleistiftzeichnung), 50 x 70 cm, 1995.

“Los teóricos”, lápiz carbón sobre papel (“Die Theoretiker”, Bleistiftzeichnung), 70 x 100 cm. Das Zeitalter der Fische mit den Konzepten, die gehen: der adlerköpfige Faschismus, der feiste Kapitalismus, der schweinsgesichtige Kommunismus, der maskentragende Imperialismus, etc.

Erschienen im “Argentinischen Tageblatt” vom 21.1.1995.

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