Aller guten Dinge sind drei

3. Biennale am Ende der Welt 2011 mit Consuelo Císcar als Kuratorin

Von Susanne Franz

Am Montag wurde kurzfristig zu einer Pressekonferenz am Folgetag in der Casa del Bicentenario eingeladen, und es kamen erstaunlich viele Journalisten, denn es sollte etwas Wichtiges verkündet werden: Consuelo Císcar Casabán, die Direktorin des IVAM (Instituto Valenciano de Arte Moderno), die von der UNO als eine der 10 bedeutendsten Frauen weltweit im Kulturbetrieb ausgezeichnet wurde, ist die neue Chefkuratorin der 3. “Bienal del Fin del Mundo”, die im August/September 2011 in Ushuaia stattfinden soll.

Die nicht nur sehr mächtige, sondern auch äußerst beliebte Spanierin ist oft zu Gast in Argentinien. Sie gilt als Verfechterin der lateinamerikanischen Kunst in der Welt. Als glühende Optimistin glaubt sie daran, dass Kunst und Kultur die Welt positiv verändern können. Sie ist davon überzeugt, dass von der Biennale in Ushuaia wichtige Impulse ausgehen können, die die Welt mit ihren ungelösten Umwelt- und Bevölkerungsproblemen und Krisen nötig hat. “Ich packe nie ein Projekt an, aus dem dann nicht etwas hervorgeht”, sagte sie auf der Pressekonferenz, und was versprochen wurde, klang sehr gut: Es soll ein “Museum der Museen” (Museo de Museos) gebaut werden und eine Reflexionsstätte (Usina de Ideas) entstehen, wo die internationale Kunst und weltweit vernetzte Ideen und Denkanstöße eine Heimat finden sollen.

Die Ankündigung erfolgte unter Anwesenheit des Unterstaatssekretärs für Kultur Gustavo López, der staatlichen Rückhalt zusicherte, dem Vorsitzenden des Biennale-Veranstalters “Fundación Patagonia Arte y Desafío”, Alberto Grotessi, der Abgesandten der Provinz Tierra del Fuego, Sandra Garnica, und der Repräsentantin der Stadtverwaltung von Ushuaia, Carla Fulgenzi, die alle in höchsten Tönen von dem Projekt sprachen, das zur “Biennale des Bicentenario” erklärt worden sei und zudem “die Biennale Argentiniens” werden solle, denn Argentinien habe ja bislang keine Biennale.

Vielleicht erregte das den Unmut einiger anwesender Presseleute und Kulturschaffender, denn die Fragen im Anschluss hatten eher scharfe Untertöne. Warum denn eine Biennale überhaupt notwendig sei? Darauf wusste Frau Císcar kaum zu antworten, so selbstverständlich erscheint ihr die Notwendigkeit. Die Bezeichnung “Biennale Argentiniens” mag ein Argument gewesen sein, mit dem die charismatische Kunstexpertin gewonnen werden konnte. Stiftungspräsident Grotessi hat jedenfalls mit der Wahl Císcars einen echten Haupttreffer gelandet. Wer wagt schon etwas gegen sie (und also gegen die Biennale) zu sagen? Und dann arbeitet sie auch noch gratis!

Der entscheidende Punkt für die Kritik vieler Anwesender war die Frage, warum eine solch bedeutende Kunstbiennale ausgerechnet in Ushuaia stattfinden muss. Wer fliegt schon nach Ushuaia, um eine Biennale zu sehen? Auch diese Frage erschien Frau Císcar befremdlich. Wo doch die Leute ständig durch die ganze Welt fliegen, um Biennalen zu besuchen! Sao Paulo, Tokio, wo auch immer! Für den argentinischen Normalverdiener sind jedoch auch Inlandsflüge teuer, und dass es in Argentinien möglich sein könnte, mit einer Fluglinie ein verbilligtes Biennale-Ticket auszuhandeln … da kann man nur skeptisch sein.

Auf die Frage, welche Strategien er habe, damit die Biennale nicht zu einer “absoluten Nullnummer” werden würde, hatte Herr Grotessi auch nur ausweichende Antworten (wie schon zuvor, als es um das Budget und die genaue Planung ging). Dass alle Schulkinder Ushuaias durch die Veranstaltung gelotst werden und “ihre Augen leuchten”, scheint etwas dünn für ein solch ambitiöses Unternehmen.

Eine anwesende Kunstkritikerin gab als Anregung mit auf den Weg, dass man bei der nächsten Biennale vielleicht auch die Bewohner von Ushuaia davon unterrichten sollte, dass eine solche Veranstaltung in ihrer Stadt stattfindet. Bei der letzten Biennale hätten nicht einmal die Taxifahrer Bescheid gewusst.

Herr Grotessi wird in den nächsten Monaten um die Welt fliegen, um zusammen mit der charmanten, intelligenten und entwaffnenden Chefkuratorin die Werbetrommel für seine Biennale zu rühren. Und wer weiß, vielleicht bewirkt Consuelo Císcar Casabán ja wirklich Wunder? Sogar am Ende der Welt.

Foto:

Bei der Pressekonferenz (v.l.): Sandra Garnica, Carla Fulgenzi, Gustavo López, Consuelo Císcar und Alberto Grotessi.

“Bienal del Fin del Mundo”

  • 1. Biennale: März/April 2007
  • Kuratoren: Leonor Amarante (Brasilien), Ibis Hernández (Kuba), Corinne Sacca Abadi (Argentinien)
  • Motto: “Pensar en el Fin del Mundo, qué otro mundo es posible” (etwa: Vom Ende der Welt aus eine bessere Welt erdenken)
  • Teilnahme von 62 Künstlern
  • 2. Biennale: April 2009
  • Kuratoren: Alfons Hug (Deutschland), Fernando Farina, Karina Maddonni (Argentinien)
  • Motto: “Intemperie” (etwa: Dem Wetter ausgesetzt)
  • Teilnahme von 60 Künstlern aus 16 Ländern
  • 3. Biennale: August/September 2011
  • Kuratoren: Consuelo Císcar Casabán (Spanien), Fernando Farina, Karina Maddonni (Argentinien), Ibis Hernández (Kuba), Rafael Sierra, José María Lozano (Spanien)
  • Motto: “Bienvenidos al Antropoceno” (Willkommen im Anthropozän)
    (Das Anthropozän ist – laut Wikipedia – eine von Paul Crutzen im Jahr 2000 geprägte Bezeichnung für dasjenige Erdzeitalter, in dem die Einwirkungen menschlicher Aktivitäten auf die Umwelt eine mit natürlichen Einflüssen vergleichbare Dimension erreicht haben.)

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