Die phantastischen Welten der Ulrike Ottinger

Filme und Fotos der deutschen Regisseurin und Fotografin im Theater San Martín

Das Goethe-Institut, der Theaterkomplex von Buenos Aires und die Stiftung Cinemateca Argentina heißen zum ersten Mal Ulrike Ottinger, eine der originellsten deutschen Künstlerinnen willkommen. Vom 7. bis 16. Juni kann man im Lugones-Saal des Teatro San Martín (Av. Corrientes 1530) eine Retrospektive mit Ottingers Filmen sehen. Vom 7. Juni bis 3. Juli wird zudem eine Fotoausstellung in der Fotogalerie des Theaters geboten. Die Ausstellung kann montags bis freitags ab 12 Uhr und samstags und sonntags ab 14 Uhr bis zum Ende der Tagesaktivitäten in den Sälen des ersten Stockwerkes der Eingangshalle Carlos Morel besucht werden.

Der Ruf, eine der originellsten visuellen Künstlerinnen Deutschlands zu sein, eilt ihr voraus: Ulrike Ottinger, Filmemacherin, Fotografin und Malerin. Sie zeichnet sich durch eine sowohl schräge und skurrile, als auch moderne und außergewöhnliche Kunst aus. Stete Verfechterin des weiblichen Universums und einfühlsame Fürsprecherin des Anderen, des Freaks, des Außenseiters, durchbricht sie die Grenzen zwischen Dokumentarfilm und Fiktion, zwischen Realität und Phantasie, ohne sich in eine bestimmte Form einordnen zu lassen. Ob mongolische Nomaden, wilde Feministinnen, verliebte Koreaner, die Kultur Shanghais und die jüdische Lebenswelt, verkleidete Zwerge, der älteste Vergnügungspark der Welt oder das Bildnis einer (deutschen) Trinkerin, die Bilder von Ulrike Ottinger sind von bestechender Schönheit. Doch was ist Dispositiv, was ist Wirklichkeit, was Phantasie in diesem Kabinett der Kuriositäten, das ihren Kosmos ausmacht?

“Einen Film zu drehen bedeutet, eine Idee anhand einer Komposition zu vermitteln”, sagt Ottinger. Ihre filmischen Kompositionen sind reich an Zitaten aus der Geschichte und der Kultur und entnehmen ihre Figuren häufig literarischen, künstlerischen oder politischen Vorbildern – wie Virginia Woolfs Orlando (in Freak Orlando), die Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek (in Prater) oder Isabel und Juan Domingo Perón (die in dem Kurzfilm Soberbia zu sehen sind). Ulrike Ottinger ist konsequent in ihrem Arbeitsstil: ihre Filme sind reine Autorenfilme, in ihren Händen liegen Ideenentwicklung und Drehbuch, Regie und Kamera und auch Edition und Produktion.

Der Preis der deutschen Filmkritik für den besten Dokumentarfilm (Prater), der Deutsche Filmpreis für die beste Ausstattung (Johanna d’Arc of Mongolia) oder der 2010 verliehene Bundesverdienstorden zeugen von der Anerkennung ihres Schaffens auf deutschem Boden. Auf internationalen Festivals sind ihre Filme zu Hause, doch in Argentinien ist dies die erste Filmreihe, die ihr Werk von den Anfängen bis heute durchläuft.

Diese Wanderausstellung, die vom Goethe-Institut in enger Zusammenarbeit mit der Künstlerin konzipiert wurde, zeigt in einzigartiger Weise, wie Filme und Fotografien einander ergänzen und bereichern. Die Fotografien spiegeln die Konvergenz aus dokumentarischer und inszenierter Fotografie, die Ulrike Ottinger so sehr auszeichnet und von der Kunsthistorikerin Katharina Sykora folgendermaßen beschrieben wurde: „Gefundenes und Erfundenes begegnen sich in diesen Fotos. Sie sind die Arenen wechselseitiger Veränderung von Realität und Fiktion, Vergangenheit und Zukunft, Wunsch und Erfüllung.“

Ulrike Ottinger wurde 1942 in Konstanz geboren. Als Fotografin und Malerin lebte sie von 1962 bis 1968 in Paris, wo sie ihr erstes Drehbuch verfasste. Ab 1971 begann sie, Spiel- und Dokumentarfilme zu realisieren. Neben ihrer Tätigkeit als Filmautorin arbeitete sie als Regisseurin für Schauspiel und Oper. Mit ihren Filmen und ihrem fotografischen Werken ist sie in zahlreichen Retrospektiven und Ausstellungen vertreten (u.a. MoMa, New York, 2000; Kunst-Werke, Berlin, 2001; documenta XI, Kassel, 2002; Witte de With Center for Contemporary Art, Rotterdam, 2004; Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofia, Barcelona, 2004; ArtPace Foundation for Contemporary Art, San Antonio, 2004).

Infos hier.

Das Programm:

  • Dienstag, 7.6.: “Retrato de una alcohólica – Bildnis einer Trinkerin”. 1979. 14.30, 17, 19.30 und 22 Uhr (107 Min.; 16mm).
  • Mittwoch, 8.6.: “Freak Orlando”. 1981. 14.30, 18 und 21 Uhr (126 Min.; 35mm).
  • Donnerstag, 9.6.: “Juana de Arco de Mongolia – Johanna D’Arc of Mongolia”. 1989. 14.30, 18 und 21 Uhr (165 Min.; 35mm).
  • Freitag, 10.6.: “Doce sillas – Zwölf Stühle”. 2004. 14.30 und 19.30 Uhr (198 Min.; DVD).
  • Samstag, 11.6.: Kurzfilme: “Superbia – Der Stolz”. 1986 (15 Min.; DVD); “Usinimage”. 1987 (10 Min.; DVD); “ El espécimen – Das Exemplar”. 2002 (19 Min.; DVD); “Ester”. 2002 (32 Min.; DVD). 14.30 Uhr (Gesamtdauer: 76 Min.). “Exilio Shanghái – Exil Shanghai”. 1997. 18 Uhr (275 Min.; 16mm).
  • Sonntag, 12.6.: “Juana de Arco de Mongolia – Johanna D’Arc of Mongolia”. 1989. 14.30 Uhr (165 Min.; 35mm). “Freak Orlando”. 1981. 18 Uhr (126 Min.; 35mm). “Prater”. 2007. 21 Uhr (104 Min.; DVD).
  • Dienstag, 14.6.: “Doce sillas – Zwölf Stühle”. 2004. 14.30 und 19.30 Uhr (198 Min.; DVD).
  • Mittwoch, 15.6.: “Prater”. 2007. 14.30, 17, 19.30 und 22 Uhr (104 Min.; DVD).
  • Donnerstag, 16.6.: “El cofre nupcial coreano – Die koreanische Hochzeitstruhe”. 2008. 14.30, 17, 19.30 und 22 Uhr (82 Min.; DVD).

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