Waffenstarrende Märchenwelt und ein wunderbares Gewächshaus

Jimena Brescia und Gaspar Lima im Pabellón 4

Von Jasmin Müller

“Es war einmal vor langer, langer Zeit…”, so beginnen die meisten Märchen, die uns als Kind unsere Eltern oder Großeltern vorlasen. Einige dieser Geschichten sind gruselig und jagen einem in jungen Jahren Angst ein – ein böser Wolf frisst erst die Großmutter und anschließend das kleine Rotkäppchen, das hübsche Schneewittchen wird vergiftet, und Dornröschen wird von einer bösen Fee verflucht. In den alten Erzählungen geraten oft nette Mädchen in Gefahr und können nur mit Hilfe anderer gerettet werden, da sie selbst dazu nicht in der Lage sind.

In ihren Fotografien und Installationen dreht Jimena Brescia, eine junge argentinische Künstlerin, den Spieß um: Die zierlichen kleinen Mädchen sind erwachsen geworden. Die von ihr dargestellten Frauen sind eine Mischung aus Kindheitsvorstellungen der Märchenfiguren und dem Bild der heutigen Frau. Mit Messern bewaffnet, stehen Alice im Wunderland, Rotkäppchen, Rapunzel und Dornröschen in einer Dusche. Sie haben einen festen, selbstbewussten Blick und geben den Protagonistinnen der Märchen eine Dimension der Spannung und Gefahr.

So zeigt eine Fotografie eine Frau, die in einer rosa, weiß und hellblau gefliesten Dusche steht und ein großes glitzerndes Beil in der Hand hält. Die Frau, die Alice im Wunderland darstellt, hat einen Porzellanhasen unterm Arm und kräftig geschminkte Augen und Lippen, die sie skeptisch zuammenzieht. Neben der Fotografie ragen zwei Plastikbeine aus der Wand. Man erkennt, dass sie zu Alice gehören, da sie die typisch schwarzen Schuhe mit weißen Rüschensocken tragen.

Das Märchen von Schneewittchen ist mit einem Spiegel dargestellt, auf dem mit kleinen Leuchtpunkten “the end” geschrieben steht. Im Ausstellungsraum findet man außerdem ein Beil, welches in der Wand steckt und aus der Blut – roter Wachs – herunter auf den Boden läuft und in einer Blutlache endet. Aus der gegenüberliegenden Wand ragen zwei strickende Plastikhände.

Einen gewissen surrealen Märchenzauber haben auch die Fotografien von Rotkäppchen, Rapunzel und Dornröschen, die alle silbern funkelnde Waffen in der Hand halten. Rapunzel hat sich mit ihrem glitzernden Messer einen Teil der Haare abrasiert. Keine dieser Frauen würde sich von einer bösen Zauberin die Haare abschneiden, sich vom bösen Wolf fressen oder sich von der gemeinen Stiefmutter runtermachen lassen. Denn aus den kleinen naiven Mädchen sind starke selbstbewusste Frauen geworden.

Die Ausstellung mit dem Namen “Mitos, emblemas e indicios” (Mythen, Symbole und Zeichen) wurde am 2. August um 19 Uhr in der Galerie Pabellón 4 eröffnet. Das junge, hippe Publikum hatte in der Bar im hinteren Bereich der Räumlichkeiten Gelegenheit, sich bei Wein und Musik einer DJane über die Werke Brescias und die eines anderen Künstlers auszutauschen.

Denn am gleichen Abend wurde eine weitere Ausstellung eröffnet: “Cosmética de la criatura” von Gaspar Lima. Der argentinische Künstler nimmt uns dabei mit in eine Art wunderbares Gewächshaus voll bizarrer Objekte organischer Herkunft. Seine Zeichnungen, Illustrationen und Objekte zeigen und bestehen aus Insekten, Erde und Wurzeln sowie Pflanzen.

  • Jimena Brescia, “Mitos, emblemas e indicios”, Fotos, Videos und Objekte
  • Gaspar Lima, “Cosmética de la criatura”, Zeichnungen, Illustrationen und Objekte
  • Pabellón 4 Arte Contemporáneo, Uriarte 1332
  • Mo-Sa 16-20 Uhr. Eintritt frei
  • 2.8.-27.8.

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