Fragen über Fragen

“Quizoola!” der britischen Gruppe “Forced Entertainment”

Von Susanne Franz

“Was ist Deine schönste Erinnerung?” – “Wenn Dir ein Auge ausgerissen werden müsste und Du könntest Dich für eines entscheiden, welches Auge würdest Du wählen?” – “Wie funktioniert Elektrizität?” – “Wie heißt das letzte Kind, das Madonna adoptiert hat?” – “Liebst Du mich noch?” Das Theaterstück “Quizoola!” der britischen Gruppe “Forced Entertainment” basiert auf einem Katalog aus 2000 Fragen, von philosophischen bis zu ganz banalen, die Ensemble-Chef Tim Etchells zusammengestellt hat. Zwei Darsteller sitzen in einem Kreis aus Glühbirnen, die diese kleine “Bühne” spärlich beleuchten. Ihre Gesichter sind mit Clownschminke gleich gemacht. Sie wechseln sich ab: Wenn der Befragte ermüdet, übernimmt er den weniger anstrengenden Part des Befragers. Immer hält sich auch ein weiteres Ensemble-Mitglied bereit, eine/n der Mitspieler/innen ganz abzulösen.

Die Frager/Befragten halten sich nur locker an die Vorgaben, sie improvisieren, erfinden Neues dazu oder stellen Dinge in einen aktuellen Kontext, deshalb gibt es keine Untertitel. Man muss gut Englisch verstehen, um alle Feinheiten aufzunehmen. Das Frage-Antwort-Spiel ist oft ungeheuer komisch, voller Sprachwitz und kleinen Bösartigkeiten, dann entstehen aber plötzlich auch knallharte Verhör-Situationen. Sechs Stunden lang geht das so. Dem Zuschauer/-hörer ist freigestellt, zu kommen und zu gehen, wann es ihm beliebt.

Die Theatergruppe, die seit 25 Jahren die internationale Theaterszene maßgeblich beeinflusst, trat im Rahmen der von der Siemens Stiftung organisierten Theaterakademie “Panorama Sur”, die vom 18. Juli bis zum 12. August in Buenos Aires stattfand, erstmals in Argentinien auf und spielte am Freitag voriger Woche im Off-Theater “La Carpintería” nahe dem Abasto.

Das Publikum war begeistert. Dieses Theatererlebnis öffnet in jedem Anwesenden Türen: Alle, die im dunklen Halbkreis um die Bühne sitzen, sind beteiligt und beantworten die Fragen, die vorne gestellt werden, in ihrem Inneren. Dabei werden je nach individuellem Erleben Gefühle aufgewühlt, Erinnerungen wachgerufen, Wertvorstellungen auf den Prüfstand gestellt. (Abgesehen davon, dass man bei manch einer Wissensfrage passen muss.) Manchmal muss man sich sogar fragen: “Wie ehrlich bist Du eigentlich Dir selbst gegenüber?” Und hinter allem steht die große Frage, die Tim Etchells und “Forced Entertainment” stellen: “Was ist eigentlich Theater?”

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