Ein Keller voller Träume

“Babilonia” von Armando Discépolo in der Pestalozzi-Schule

Von Susanne Franz

Wir befinden uns in den Kellerräumen eines herrschaftlichen Hauses im Buenos Aires der 1920er-Jahre. Die Angestellten arbeiten auf Hochtouren, denn “oben” wird gerade die Verlobung der Tochter des Hauses gefeiert. Koch und Köchin, Küchenhilfen und Kellner wuseln durcheinander, es herrscht Chaos, erst langsam erkennt man die zugrundeliegenden Strukturen – und blickt in einen Abgrund.

Der Spanier José, der der bunten Dienstbotenschar vorsteht, hat eine Augenentzündung und kann nicht bedienen, und er hat – berechtigte – Angst, von dem forschen und ehrgeizigen Eustaquio entmachtet zu werden. Also überredet er seine Frau Lola, das Brautgeschenk – ein wertvolles Halsband – zu stehlen, um es in Eustaquios Tasche zu schmuggeln. Josés Plan ist einfach und perfide: Der Raub wird entdeckt, alle Dienstboten durchsucht, und Eustaquio ist er ein für alle mal los. Die grundehrliche Lola ist hin- und hergerissen: Es ist gegen ihre Natur, eine solch verwerfliche Tat zu begehen, doch ihrem Mann schuldet sie Loyalität. Schließlich tut sie, was José von ihr verlangt.

Bis zum Showdown lernt man die einzelnen Charaktere im Keller, ihre Schwächen, Hoffnungen und Träume, genauer kennen. Sie sind aus verschiedenen Ländern des armen Europas gekommen, weil sie sich eine bessere Zukunft in Argentinien erhofften. Auch die neureiche Herrschaft taucht im Keller auf: das Töchterchen, der besoffene Sohn, der gegen den Bräutigam der Schwester ist, und auch die Mama, die sich für ihren Sohnemann 300 Pesos bei José leiht, kurz nachdem sie ihm die Kündigung angedroht hat.

Die groteske Komödie “Babilonia” des argentinischen Dramatikers Armando Discépolo (1887-1971) ist das vierte Stück, das die seit fünf Jahren bestehende Eltern-Theatergruppe der Pestalozzi-Schule auf die Bühne bringt. Die Adaptation des Werkes stammt von Martín Salazar und Lautaro Ostrovsky, Regie führt Adriana Miranda. Das Bühnenbild schuf Diego Alonso Timonel, Kostümierung und Ausstattung stammen von dem mit großem Enthusiasmus agierenden Ensemble, das überzeugend eine 40-minütige, schwungvolle und dynamische Show bietet.

Der “Keller”, in dem das Geschehen abläuft, wurde auf die Terrasse der Sekundaria verlegt, wo ein Zuschauerraum mit einer Kapazität für 60 Personen abgeteilt wurde. Der Eintritt kostet 25 Pesos und kommt der solidarischen Aktion P.A.S. (Programa de Acciones Solidarias) der Abiturklasse zugute.

Die gut besuchte und gefeierte Premiere war am 21. Oktober, weitere Vorstellungen sind an den Freitagen 28. Oktober sowie 4., 11., 18. und 25. November, jeweils um 21.15 Uhr, in der Freire 1882, Belgrano. Freigegeben ab 12 Jahren.

Fotos von oben nach unten:

Gewissenskonflikt: José (Gustavo Bobbio) und Lola (María Aman).

(v.l.:) Eustaquio (Diego Alonso Timonel), Otto (Federico Krum), Cacerola (Andrea Vicenzi), Piccione (Norberto Geller), Isabel (Nora Kremer), Carlota (María Reina).

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