In memoriam Marcelo Mayorga

Einer der besten Zeichner Argentiniens ist am 8. März in Buenos Aires verstorben

Von Susanne Franz

Der Künstler Marcelo Mayorga bediente sich zweier Techniken der Zeichenkunst – der Tusch- und (seit 1987) der Bleistiftzeichnung. Seine Arbeitsweise glich der von Paul Klee beschriebenen “Reise ins Land der besseren Erkenntnis”, wobei nach Anlegen des “topographischen Planes” für sein Werk durch das Hinzukommen genial erzielter Licht- und Schattenwirkung in seiner Schwarz-Weiß-Welt und die persönliche Thematik ein Mayorga entstand. Denn die Reise der wahren Künstler ähnelt sich, doch die Ankunft ist so verschieden wie der individuelle Punkt des Aufbruchs.

Marcelo Mayorgas Thematik lebte von den ihn umgebenden Eindrücken. Er zeichnete oftmals ein idyllisches Buenos Aires seiner Kindheitserinnerungen: Das Wiederfinden “verlorener Momente” der Kindheit macht den Menschen erst komplett. Seine Serie “Guerra Lejana” befasste sich mit dem Malwinenkrieg von 1982 oder vielmehr mit dem Gefühl, das dieser “weit entfernte” und doch unmittelbar bedrohende Krieg bei der bonaerenser Bevölkerung auslöste. Die Metamorphose der Flotte in einem grauen Meer, das vom Land kaum zu unterscheiden ist, symbolisiert auch den Schritt Argentiniens von der Kindheit zur Jugend – der Demokratie.

Natürlich waren bei weitem nicht alle Themen Mayorgas auf die Stadt Buenos Aires bezogen, im Gegenteil gilt paradoxerweise: Je persönlicher sie werden, desto universeller präsentieren sie sich dem Betrachter.

Mayorga bannte und vertrieb Geister und Dämonen in sich selbst und der Welt. Das Zeichnen war für ihn ein magischer Prozess: Von Personen und (personifizierten) Situationen eines Lebensabschnitts befreite er sich zeichnend; von ldeologien und Ismen, die die Welt regieren oder regierten, verabschiedete er sich auf zeichnerischem, satirischem Wege. Die magische Expressivität seiner Werke verfolgt den Bewunderer seiner Kunst noch lange. Man wird ihn nicht vergessen!

Fotos von oben nach unten:

“Explicando a Dios”, lápiz carbón (“Gott erklären”, Bleistiftzeichnung), 0,65 x 100 cm. Das Werk basiert auf einer islamischen Erzählung: Jeder ist blind im Labyrinth des Lebens und versucht Gott zu erklären nach dem, was er erfühlt. Und alle glauben recht zu haben…

“La Flota” (de la serie “La guerra lejana)”, lápiz carbón sobre papel (“Die Flotte”, aus der Serie “Weit enfernter Krieg”, Bleistiftzeichnung), 50 x 70 cm, 1995.

“Los teóricos”, lápiz carbón sobre papel (“Die Theoretiker”, Bleistiftzeichnung), 70 x 100 cm. Das Zeitalter der Fische mit den Konzepten, die gehen: der adlerköpfige Faschismus, der feiste Kapitalismus, der schweinsgesichtige Kommunismus, der maskentragende Imperialismus, etc.

(Die Zitate von Paul Klee stammen aus dessen “Schöpferischer Konfession”, 1920.)

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