Bafici-Kinofest steht vor der Tür

Das Festival des Unabhängigen Films von Buenos Aires wird vom 12. bis 22. April auch viele deutsche Produktionen zeigen – der Vorverkauf läuft bereits

Von Susanne Franz


450 Filme, Workshops und Seminare mit Größen der aktuellen Kinoszene, Rockkonzerte, eine Sektion extra für Kinder, 360-Grad-Rundumerlebnis-Kino: Das Festival des Unabhängigen Films Bafici (Buenos Aires Festival Internacional de Cine Independiente) geht in der argentinischen Hauptstadt vom 12. bis zum 22. April zum 14. Mal über die Bühne. Immer ein Highlight im Kulturprogramm der Stadt, findet das Festival diesmal an 11 verschiedenen Standorten statt: im Hoyts Abasto (Corrientes 3247) – dem Stützpunkt des Festivals -, im Malba (Av. Figueroa Alcorta 3415), im Leopoldo-Lugones-Saal des Theaters San Martín (Corrientes 1530), dem Centro Cultural San Martín (Sarmiento 1151), dem Teatro 25 de Mayo (Triunvirato 4444), dem Cosmos (Corrientes 2046), der Alianza Francesa (Córdoba 946), dem Arteplex Belgrano (Cabildo 2829), dem Amphitheater des Parque Centenario (Av. Ángel Gallardo/Leopoldo Marechal), der Fundación Proa (Av. Pedro de Mendoza 1929) und dem Planetarium im Palermo-Park. Im Parque Centenario finden wie immer die von der Stadt geförderten Gratis-Großveranstaltungen statt; das Planetarium kommt neu hinzu, denn in seiner Kuppel können z.B. Kinoerlebnisse wie die 360º-Verfilmung eines “The Wall”-Konzertes, das vor einem Jahrzehnt stattfand, und andere Musikfilme geboten werden.

Drei argentinische Produktionen sind dieses Jahr im internationalen Wettbewerb des Bafici vertreten, einen argentinischen Film gibt es auch zur Eröffnung des Festivals: “El último Elvis” von Armando Bó, dem Enkel des gleichnamigen berühmten Filmemachers der Goldenen Jahre des argentinischen Kinos. Daneben wird wie immer ein rein argentinischer Wettbewerb ausgetragen.

Zwar ist kein deutscher Film im Wettbewerb, aber dennoch kann man sich auf zahlreiche filmische Leckerbissen aus Deutschland freuen, die in den Nebensektionen des Festivals laufen: So wird z.B. mit der Unterstützung des Goethe-Instituts der neueste Film des deutschen Regisseurs Christian Petzold, “Barbara”, gezeigt, der auf der Berlinale im Februar mit dem Silbernen Bären für die beste Regie ausgezeichnet wurde. Petzold verfasste auch das Drehbuch und wurde dabei von Harun Farocki unterstützt, der dem Kinopublikum von Buenos Aires durch Besuche beim Bafici bestens bekannt ist. “Barbara” erzählt die Geschichte einer Ärztin in der ehemaligen DDR – verkörpert von der großartigen Schauspielerin Nina Hoss -, die einen Ausreiseantrag gestellt hat und daraufhin in ein Krankenhaus in einem entlegenen Ort “strafversetzt” wird.

In der Festivalsektion “Cine del Futuro” (Kino der Zukunft) ist, ebenfalls mit Unterstützung des Goethe-Instituts, der erste Langspielfilm des jungen deutsch-spanischen Regie-Tandems Stefan Butzmühlen und Cristina Diz, “Sleepless Knights”, zu sehen. Beide kommen nach Buenos Aires, um ihren Film dem Publikum persönlich vorzustellen. “Sleepless Knights” hatte auf der diesjährigen Berlinale in der Sektion “Forum” Premiere. Das in der spanischen Extremadura gedrehte Werk erzählt von dem jungen Carlos aus Madrid, der zu seinem Vater aufs Land fährt, um ihm bei der Arbeit zu helfen, und sich dort in den Polizisten Jaime verliebt.

In der Kategorie “Cine del Futuro” tritt auch die deutsch-schwedische Produktion “Dragonflies with Birds and Snake” (Originaltitel: Trollsländor med fåglar och orm) von Wolfgang Lehmann an, eine experimentelle “visuelle Meditation” ohne Drehbuch und Ton, die eigene und aus wissenschaftlichen Studien stammende Bilder vermischt und die Grauzone zwischen Bild und Vorstellungskraft auszuloten versucht.

Ein bekannter Star aus Deutschland, der Regisseur Andreas Dresen, der 2006 in Buenos Aires seinen Film “Sommer vorm Balkon” (hier: Verano en Berlín) vorstellte, kommt in die argentinische Hauptstadt, um bei dem im Rahmen des Bafici stattfindenden “7. Talent Campus Buenos Aires”, der dieses Jahr unter dem Motto “Cine e historia(s)” – “Kino und Geschichte(n)” – steht, einen Workshop anzubieten. Für den Talent-Campus wurden herausragende junge Film-Kreative aus ganz Lateinamerika bereits im Vorfeld ausgewählt; sie nehmen vom 14. bis 17. April in der Universidad del Cine in Buenos Aires an Fortbildungsangeboten von renommierten nationalen und internationalen Fachleuten und Intellektuellen teil. Die Veranstaltung ist eine Kooperation des Bafici mit dem Talent Campus der Berlinale, der Universidad del Cine, dem Goethe-Institut Buenos Aires und Buenos Aires Lab (BAL). Auch Alexander Kluges Stimme wird zu hören sein – er gibt im Rahmen des “7. Talent Campus Buenos Aires” eine Videokonferenz.

Zu den weiteren Filmen aus oder in Koproduktion mit Deutschland zählt u.a. Werner Herzogs 188-Minuten-Dokumentation “Death Row”, mit Interviews mit Todeskandidaten im Hochsicherheitstrakt eines texanischen Gefängnisses. Der Dokumentarfilm “Alpi” (2011) des Fotografen und Regisseurs Armin Linke ist Resultat einer siebenjährigen Arbeit: Aufnahmen von einem Bollywood-Dreh, von Protesten gegen einen Tunnel, der Frankreich und Italien verbinden soll, einem Gipfeltreffen in Davos, Skiübungen und vielen anderen Fragmenten verschmelzen zu einem Porträt der Alpen-Landschaft jenseits von Raum und Zeit.

Rosa von Praunheims neuester Film “König des Comics – Ralf König” (2012) ist eine 80-minütige Dokumentation, in der der bald 70-jährige Regisseur und Schwulenrechtler Rosa von Praunheim den in Homosexuellen- ebenso wie in Hetero-Kreisen sehr geschätzten Comiczeichner Ralf König durch Stationen seines Lebens begleitet. Aufgelockert wird der Film vor allem durch Ausschnitte aus Königs Lesungen.

Hans Christian Schmids Drama “Was bleibt”, das ebenfalls auf der Berlinale gezeigt wurde, erzählt die Geschichte von Marco (Lars Eidinger, den man vor einigen Wochen in Buenos Aires im Rahmen des Internationalen Theaterfestivals in einem grandiosen “Hamlet” erleben durfte), dessen Mutter Gitte (Corinna Harfouch) ihn bittet, doch wieder einmal ein Wochenende nach Hause zu kommen. Aber eigentlich ist “Was bleibt” die Geschichte Gittes, denn die verkündet Marco, seinem Bruder und ihrem Mann an diesem Wochenende, dass sie die Psychopharmaka abgesetzt habe, die sie seit 30 Jahren schluckt. Sie sei von ihrer Krankheit geheilt. Das komplizierte Gefüge der Familie gerät durch diese Nachricht vollkommen aus den Fugen.

Heinz Emigholz, ein alter Bekannter auf dem Bafici, zeigt seinen neuen Film “Parabeton – Pier Luigi Nervi und Römischer Beton”, und außerdem stehen noch “Whores’ Glory” (2011) von Michael Glawogger, “Beauty” von Carolin Schmitz, “Buy me!” von Catalina Flórez, “Pushed” von Florian Schneider, “Totem” von Jessica Krummacher und “Anna Pavlova lebt in Berlin” von Theo Sholnik auf dem Programm.

Seit dem 3. April läuft der Vorverkauf, und bei den am heißesten begehrten Karten des Festivals könnte die Luft schon dünn werden. Bis einen Tag vor Festivalbeginn kann man Karten zu 15 bzw. ermäßigt für Studenten und Rentner für 13 Pesos erwerben. Das ist im Internet möglich oder an den Kinokassen des Hoyts Abasto, täglich von 10 bis 20 Uhr, sowie den Kassen in der Casa de la Cultura (Av. de Mayo 575), vom 9. bis 11.4. jeweils von 10 bis 20 Uhr. Ab dem 12.4. gibt es die restlichen Karten, falls verfügbar, im Internet und an den Festival-Standorten.

Infos auf der Webseite des Festivals oder telefonisch unter 0-800-333-7848.

Foto:
Trügerische Idylle: Hans Christian Schmids “Was bleibt”.

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