Falstaff übertrifft den König

Shakespeares zweiter Teil von “Heinrich IV.” im Teatro Regio

Von Fabian Vögtle

Das Historiendrama “Heinrich IV.” von William Shakespeare wird in Rubén Szuchmachers Version, die gerade in Buenos Aires inszeniert wird, zu einem unterhaltsamen Komödienstück. Das liegt vor allem an Sir John Falstaff – gespielt vom überragenden Horacio Peña – der in seiner Rolle als trinkfester, bunter Ritter zusammen mit seinen Leuten für zahlreiche humoreske Szenen sorgt und damit selbst Heinrich IV. (Horacio Acosta) übertrifft. Dessen Sohn und potenzieller Thronfolger, Prinz Heinrich, hält sich häufig mit seinen alten Kneipen-Kumpels aus Falstaffs Gaunerbande auf, während sich die englische Krone auf einen Kampf gegen die Rebellen von Wales vorbereitet. Das Schauspiel, das aus zwei Teilen besteht, spielt im England des frühen 15. Jahrhunderts und gehört zu Shakespeares Lancaster-Tetralogie, die mit Richard II. beginnt und Heinrich V. endet.

Regisseur Szuchmacher kommt aus Buenos Aires und hat unter anderem auch schon mit dem Goethe-Institut zusammengearbeitet. Vergangenes Jahr wurde er vom Londoner Globe Theatre, das vor allem durch seine Shakespeare-Aufführungen bekannt ist, dazu berufen, im Rahmen des Festivals “Globe to Globe” eines von 36 geplanten Shakespeare-Werken zu inszenieren. Während sich ein mexikanisches Team dem ersten Teil von “Heinrich IV.” widmete, teilten die Organisatoren Szuchmacher und seiner Besetzung den zweiten Teil zu, der am 15. Mai in London aufgeführt wurde. Nach diesem Premierengastspiel in der Heimat der Titelfigur, folgen nun weitere Auftritte im für Regisseur und Mehrheit des Ensembles heimischen Argentinien.

Gegen Ende des Stücks werden die Rebellen erfolgreich besiegt – auch weil sich der Prinz auf seine wesentlichen Aufgaben konzentriert. Sein Vater Heinrich IV. stirbt und er übernimmt den Thron, was Folgen für den zunächst begeisterten Falstaff und seine Bande hat. Sie winken dem neuen König bei dessen erster Parade mit britischen Fähnchen zu – köstlich – und Falstaff fällt vor Heinrich V. sogar auf die Knie. Doch den interessieren der Jubel und die Verehrung nicht im Geringsten. Seine alten Freunden würdigt er nun, mit der Krone auf dem Haupt, nicht eines Blickes. Für Falstaff ein bitterer Moment, der sogar ihn verstummen und erst mal keine Witze mehr unters Volk bringen lässt.

Der Vorhang fällt kurz darauf und das Publikum applaudiert vor allem dem Shakespeare-Komiker des Abends: Horacio Peña, der in seinem Clown-Kostüm auch in einem renommierten Zirkus seinen großen Auftritt gehabt hätte. Dass bereits zur Pause des über zweistündigen Stücks einige Premierenbesucher das Teatro Regio verließen, kann nur dadurch erklärt werden, dass sie ein klassisches Drama erwarteten und von Szuchmachers komödiantischer Version kalt überrascht wurden.

Ein Besuch lohnt sich, vor allem für alle, die mal etwas anderes als die klassischen Tragödien wie Othello, Hamlet, Macbeth oder Romeo und Julia sehen wollen.

  • “Enrique IV., segunda parte”, Teatro Regio, Av. Córdoba 6056. Donnerstag bis Samstag um 20.30 Uhr; sonntags um 19.30 Uhr. Parkett: $ 60, Rang: $ 40, Donnerstags Einheitspreis von $ 35.

Foto:
Horacio Peña als Falstaff.

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