Das Ende der Geschichte

Eine, wie Viele meinen, gar nicht sarkastische Betrachtung

Von Friedbert W. Böhm

Es wurde vor 20 Jahren vorausgesagt. Fukuyama interpretierte den Zerfall der Sovietunion und die chinesische Wirtschaftsliberalisierung als Beginn einer Zeit immerwährender liberaler Demokratie und allgemeinen Wohlstands.

Ganz so ist es noch nicht gekommen. Zwar ist die Weltwirtschaft ungeheuer gewachsen; eine halbe Milliarde Menschen in Ostasien und anderen “Schwellenländern” ist in den Mittelstand aufgestiegen, und auch in den alten Industrieregionen muss man nicht aufs Auto verzichten. Allerdings hat sich eine Ungleichheit anderer Art vergrößert: die Verteilung des Geldvermögens.

Zunächst tat sich eine Ost-/Westbresche auf. Im Osten produzierten intelligente, fleißige, disziplinierte und bescheidene Menschen weitaus mehr Produkte und Dienstleistungen, als sie selbst kaufen konnten. Der Überschuss wurde exportiert. Gern nahmen ihn die Menschen in den “alten” Regionen entgegen; die Sachen waren nicht viel schlechter, aber viel billiger, als die selbst unter Verhältnissen der 40-Stunden-Woche, des 5-Wochen-Urlaubs und der Rente mit 65 (oder erheblich früher) produzierten.

Natürlich litten unter diesen Verhältnissen die eigenen Exporte, so dass keine Devisen zur Bezahlung des Überschusses zur Verfügung standen. No problem. Statt Produkten und Dienstleistungen produzierte man also Devisen – Geld – und lieh dieses den Konsumenten, damit sie die Importe bezahlen konnten. Die Lieferländer erhielten so viel davon, dass sie es stapeln mussten. Nicht in den Tresoren natürlich, sondern in den Banken der Länder, die das Geld gedruckt hatten. Ein perfekter Kreislauf, der alle Beteiligten beglückte.

Dann wiederholte sich die Geschichte in etwas kleinerem Maßstab in Europa. Die Bresche entstand nun zwischen Norden und Süden. Dieser produzierte und jener konsumierte. Dieser finanzierte und jener verschuldete sich. Nur das mit dem Geldkreislauf lief anders. Es gab da nämlich einen Störenfried, “Rating Agencies” genannt. Der Störenfried verhinderte, dass das Geld des Überschussbereichs ohne Weiteres an die Schuldner zurückfloss, um neuen Konsum und neue Käufe zu ermöglichen. Das Perpetuum Mobile stotterte.

Nun streitet man sich in Europa seit zwei Jahren um Konsolidierung – der Norden – oder Wachstum – der Süden. Dabei ist die Lösung ganz einfach. Man braucht doch nur auf die Freunde im Westen zu hören, die das Problem längst gelöst haben. Schließlich steht in jedem Lehrbuch, dass die Wachstumsimpulse heutzutage ganz überwiegend vom Konsum ausgehen. Man muss nur neues Geld drucken, um diesen zu beflügeln.

Dann wäre man dem Ende der Geschichte gleich viel näher!

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Alle wollen die Bestnote: Die Rating Agencies brachten das Perpetuum Mobile zum Stottern.

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