Schweizer Ausnahmekünstler

Alberto Giacometti-Retrospektive in der Fundación Proa

Von Susanne Franz

Seine Skulpturen schuf Giacometti nicht als körperhafte
Nachbildungen im realen Raum, sondern als “ein imaginäres Bild […] in ihrem gleichzeitig realen und imaginären, greifbaren und unbetretbaren Raum”, versucht der Kunstkritiker Reinhold Hohl die Besonderheit der Werke des Schweizer Ausnahmekünstlers in Worte zu fassen. Zum ersten Mal in Argentinien ist dem berühmten Bildhauer und Maler Alberto Giacometti (1901-1966) nun eine umfassende Retrospektive gewidmet. Am vergangenen Samstag Nachmittag wurde die Schau in der Fundación Proa im Stadtteil La Boca in Buenos Aires eröffnet. Dort werden bis zum 9. Januar 2013 anhand von 148 Werken alle Schaffensphasen des weltbekannten Künstlers anschaulich dargestellt.

Die Werke stammen aus der “Fondation Alberto et Annette Giacometti” in Paris, wo der Künstler den größten Teil seines Lebens verbrachte. Die “Fondation” ist diejenige der Giacometti-Stiftungen, die aus dem Nachlass der 1993 verstorbenen Witwe Giacomettis hervorging (nach einem 10 Jahre andauernden Rechtsstreit). Die Direktorin der “Fondation”, die französische Giacometti-Expertin Véronique Wiesinger, ist die Kuratorin der Wanderausstellung, die sie in Buenos Aires auch selbst präsentierte. Neben den Werken aus der “Fondation” werden auch Ausstellungsstücke aus argentinischen Privatsammlungen und dem brasilianischen Museu de Arte Moderna do Rio de Janeiro gezeigt (die Wanderausstellung war vor ihrer Ankunft in Buenos Aires in zwei brasilianischen Museen zu Gast).

Die Retrospektive zeigt die künstlerische Entwicklung Giacomettis von seiner Ausbildung über seine Annäherung an den Kubismus, die Entdeckung der afrikanischen Kunst und den Einfluss des Surrealismus bis zur Entdeckung der ihm eigenen künstlerischen Ausdrucksform. Auch seinen Begegnungen und Freundschaften mit bedeutenden Intellektuellen der Zeit wie André Breton, Jean-Paul Sartre, Simone de Beauvoir oder Jean Genet – die er auch in Gemälden und Skulpturen porträtierte – ist Raum gewidmet.

Die Kuratorin gliedert die Ausstellung in mehrere Schwerpunkte: die Entdeckung der primitiven Kunst, der menschliche Kopf, Objekte, Käfige und Rahmen, die Dimensionen in der künstlerischen Darstellung, die Figuren, sowie Büsten und Monumente. Jeder Bereich gibt einen Einblick in die ästhetische Suche Giacomettis, der seine Gedanken auch in zahlreichen Schriften niederlegte.

  • “Alberto Giacometti: Sammlung der Fondation Alberto et Annette Giacometti, Paris”
  • Kuratorin: Véronique Wiesinger
  • Fundación Proa, Pedro de Mendoza 1929, La Boca, Buenos Aires
  • Di-So 11-19 Uhr, Mo geschlossen
  • Eintritt 12 Pesos, Rentner 8 Pesos, Studenten 4 Pesos; Di gratis für Studenten
  • Führungen: dienstags bis freitags 17 Uhr, samstags und sonntags 15 und 17 Uhr
  • 13.10.-9.1.2013
  • Webseite

Foto:
“L’Homme qui marche I”, 1960, Bronze, Höhe: 183 cm. “Der schreitende Mann” ist eins der berühmtesten Werke Giacomettis. Die Skulptur liegt in sechs Bronzegüssen und vier Künstlerexemplaren vor. Im Jahr 2010 wurde ein Abguss der Plastik bei Sotheby’s für 104,3 Millionen US-Dollar versteigert.
(Foto: Wikipedia)

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