Von Hoffen und Scheitern

“Cuentos y Desencuent(r)os”, neues Stück der Elterngruppe der Pestalozzi-Schule

Von Susanne Franz

Die Bühne gleicht einem Laufsteg – wenn auch einem ebenerdigen -, an dessen beiden Seiten die Zuschauer platziert werden. Am Kopfende sind ein paar Stühle reserviert, hier nehmen zu Beginn des Werkes “Cuentos y Desencuent(r)os”, dem neuen Stück der Elterngruppe der Pestalozzi-Schule, die Darsteller Platz. Sie verkörpern dort eingangs eine zusammengewürfelte Zuschauerschar, die sich ein Theaterstück anschaut – wobei ein jeder sich “in einem anderen Film” zu befinden scheint. Eine Stunde später endet das Werk der vor sechs Jahren gegründeten Laiengruppe an derselben Stelle: das Werk ist auch eine Reflektion über das Theater selbst, die Grenzen zwischen Publikum und Akteuren werden fließend.

“Cuentos y Desencuent(r)os” besteht aus fünf szenischen Dialogen und einem Monolog. Einige der kurzen “Stücke im Stück” sind abgeschlossen, wie der satirische Sketch “Disturbios en la fábrica” von Harold Pinter oder die poetisch-tragische Liebesgeschichte “Coincidencias”, eine Adaptation von Adriana Miranda (Regisseurin und Gründungsleiterin der Gruppe), die auf einer Kurzgeschichte von Stefano Benni basiert. Andere werden in mehreren kurzen Fortsetzungen vorgeführt, wie das witzig-dramatische “Chat” (geschrieben von Adriana Miranda und Juan Lange) und “Él dijo” (Adaptation von Miranda einer Erzählung von Fontanarrosa), das in einem Café spielt, welches geschickt als Bühne für zwei weitere Sketche eingesetzt wird. Am anderen Ende des “Bühnen-Laufstegs” spielen sich die eher intimen Szenen ab, die Akteure aus “Chat” z.B. werden hier jeder “im stillen Kämmerlein” gezeigt, während der Sketch fulminant im Café endet.

Menschliche Bande, insbesondere Liebesbeziehungen, Hoffen und Scheitern stehen im Vordergrund der bittersüßen Geschichten, sogar dort, wo es vordergründig “nur” um Maschinenteile geht, oder ein Mann über den Inhalt der Handtasche seiner Frau philosophiert.

“Cuentos y Desencuent(r)os” ist unterhaltsam, poetisch, komisch, manchmal ein wenig traurig – ein ausgewogenes, gelungenes Stück, das die Zuschauer mit viel Applaus belohnen. Das Werk ist eine echte Gemeinschaftsproduktion, in der die Akteure (Diego Alonso Timonel, María Aman, Gustavo Bobbio, Norberto Geller, María Reina, Marina Segal und Andrea Vicenzi) nicht nur spielen, sondern auch Texte schreiben, Pressearbeit machen, das Bühnenbild und die Kostüme gestalten oder für Tontechnik und Beleuchtung verantwortlich sind.

Auch die Sekundaria-Schüler helfen tatkräftig bei der Organisation, denn wie immer kommt der Erlös aus dem Stück dem solidarischen Projekt PAS zugute, für das die Schüler der oberen Klassen das ganze Jahr arbeiten.

Am Freitag, dem 30.11., um 21 Uhr, ist die letzte Vorstellung von “Cuentos y Desencuent(r)os”, in der Pestalozzi-Schule, Freire 1882, Belgrano, Buenos Aires. Eintritt 35 Pesos.

Fotos von oben nach unten:

Verführung oder nicht? Szene aus “Una tarde de domingo” von Roberto Arlt, mit María Aman und Gustavo Bobbio.

Im Café: Szene aus “Chat”, mit Andrea Vicenzi (rechts), den Kellnerinnen aus “Él dijo” María Reina und Marina Segal, und vorne Gustavo Bobbio aus “Una tarde de domingo”.

(Fotos: Marcelo Rigotti)

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