Urbane Qualität durch intelligente Stadtplanung

Rosario – eine Stadt voller Beispiele guter moderner argentinischer Architektur

Von Philip Norten

Die Stadt Rosario hat in den letzten Jahren – auch dank des Soja-Booms der Provinz Santa Fe – eine wirtschaftlich sehr positive Entwicklung verbuchen können, welche sich im Stadtbild an den zahlreichen neuen Hochhäusern und an der 2003 eröffneten Brücke über den Paraná-Fluss ablesen lässt. Dieser Bauboom wurde – wohl auch dank der sozialistischen Stadtregierungen – intelligent gesteuert, so dass Projekte verwirklicht wurden, die Infrastruktur und Stadtbild nachhaltig verbessert haben.

Sichtbarstes Zeichen dieser Entwicklung ist die Öffnung der Stadt zum Fluss, die durch Baumaßnahmen unterschiedlicher Architekten verwirklicht wurde. Angefangen von der Umgestaltung des “Monumento a la Bandera”, die das Monument am Ufer mit der historischen Innenstadt verbindet, es ist vor allem die Revitalisierung des ehemaligen Hafenbereichs, die die Innenstadt an den Fluss angebunden hat. Dabei wurden historische Hafengebäude, zum Teil aus dem 19. Jahrhundert, erhalten und umgenutzt. Viele der ehemaligen Speicherhäuser dienen heute als Kulturzentren und erinnern zugleich an die ursprüngliche Nutzung des Geländes.

Die schon in den 1980er Jahren entstandenen Gebäude des Parque España verbinden einen Wohnkomplex mit einer großen Treppenanlage, die den Höhenunterschied des Ufergeländes vermittelt. Dank dieser intelligenten Architektur, die die kommerziellen Zwänge des Wohnungsbaus mit einem urbanistischen Nutzen verbindet, werden die Uferanlagen am Paraná miteinander verbunden, und der Parque España selbst gehört zu den beliebtesten Treffpunkten der Stadt.

Weiteres architektonisches Glanzlicht der “Wiedereroberung” des Ufers durch die Stadt ist die Umnutzung des Silos Davis. Der alte Getreidesilo wurde im Jahr 2003 so umgebaut, dass er heute einen Teil des städtischen Kunstmuseums beherbergt. Durch die farbliche Gestaltung des Silokörpers hebt dieser sich von seiner industriellen Nutzung ab und macht auf seinen neuen Inhalt neugierig. Die Uferneuerschließung hört damit aber noch nicht auf, sondern zieht sich weiter bis zur Uferbebauung Gerardo Caballeros im Norden der Stadt, die durch Stege das bis dahin private Ufer erschließt und beeindruckende Aussichten auf die neue Paraná-Brücke bietet.

Neben den Highlights der Neuerschließung des Flussufers fällt auf, dass auch bei weiteren städtischen Baumaßnahmen Wert auf hochwertige Architektur gelegt wurde. Der im Parque Independencia entstandene Jardín de los Niños überzeugt nicht nur durch sein anspruchsvolles pädagogisches Programm, sondern auch durch die dezidiert moderne Architektur von M. Perazzo. Im benachbarten Parque de Diversiones fallen zwei Pavillons von Rafael Iglesia auf, die die Baumaterialien Beton, Holz und Glas intelligent interpretieren.

Kunst- und Architekturinteressierten sei auch der Besuch des nahegelegenen Museo de Bellas Artes empfohlen, dessen elegantes Gebäude von 1937 wohl eines der schönsten Exemplare für den oft unerträglich monumentalen Neoklassizismus dieser Epoche (zu sehen beispielsweise am benachbarten Gebäude der Tribunales Provinciales) darstellt. Die am Museum beginnende Avenida Oroño bietet mit schönen Beispielen des Historizismus und der frühen Moderne einen guten Überblick über die argentinische Architekturgeschichte.

Glanzlichter der allerneusten Architektur sind ebenfalls der Stadt zu verdanken, die für den Bau der neuen Centros Municipales Distritos bekannte Architekten beauftragt hat, u.a. Pritzker-Preisträger Álvaro Siza. Insgesamt beweist der Blick nach Rosario, dass gute Stadtpolitik architektonische Zeichen setzen kann und intelligente Stadtplanung urbane Qualität entstehen lässt.

Foto:
Museo Macro, Rosario.

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