Der Künstler, der aus der Kälte kam

Alejandro Scasso will nach 22 Jahren in Köln wieder mehr Zeit in Buenos Aires verbringen

Von Susanne Franz


Als er kürzlich mit einem Freund per Skype telefonierte, hob dieser den Laptop hoch und zeigte ihm die verschneite Fensterbank draußen. Da war Alejandro Scasso froh, dass er in Buenos Aires im Warmen saß. Der Künstler hat die letzten 22 Jahre in Köln gelebt, doch jetzt will er wieder mehr Zeit in seiner Heimatstadt Buenos Aires verbringen und erneut im Kunstbetrieb Fuß fassen, um dann “zwischen den Welten” pendeln zu können.

Als er den Sprung nach Deutschland gewagt hat, war der heute 48-Jährige gerade mal Mitte 20. Und er sprach kein Wort Deutsch. Heute ist es natürlich exzellent, hat sogar einen leichten rheinländischen Einschlag: Wie bei vielen Kölnern klingt Alejandros “sch” eher wie ein “ch”.

Der junge Alejandro Scasso hatte in Buenos Aires die renommierte Kunstschule “Manuel Belgrano” abgeschlossen und bei Meistern wie Jorge Demirjián und Ernesto Pesce sowie dem bereits verstorbenen Roberto Páez studiert. Die Anfänge seiner künstlerischen Karriere waren vielversprechend. Er nahm an mehreren städtischen und nationalen “Salons” teil und hatte schließlich eine Einzelausstellung im Centro Cultural Recoleta, wo ihm ein deutscher Opernregisseur ein paar Bilder abkaufte und ihn zu einem Besuch nach Deutschland einlud. Das klang nach einer guten Idee – ein paar Monate später war Alejandro unterwegs, um den etwas verblüfften, aber wohlmeinenden Kunstsammler aufzusuchen, der ihn die ersten Wochen bei sich aufnahm.

Wenn Alejandro heute von diesem Abenteuer erzählt, aus dem 22 Jahre in der Ferne wurden, schüttelt er leicht den Kopf, als ob er sich den jungen Draufgänger, der er damals war, gar nicht mehr so richtig vorstellen kann. Die Schwierigkeiten, Deutsch zu lernen, die Probleme mit Aufenthaltsgenehmigung, Jobsuche oder als Künstler in einem Ambiente anerkannt zu werden, in dem er keinen Menschen kannte, all das hatte er nicht voraussehen können.

Nach über 20 Jahren ist Scasso in der Domstadt Köln in jeder Hinsicht integriert, und er macht mit seinen Werken als Künstler von sich reden. Doch ihm wird immer stärker bewusst, dass ihm seine Heimat fehlt. “Mir wurde immer klarer, dass das einfach nicht meine Kultur ist”, sagt er nachdenklich. Köln ist zwar sein zweites Zuhause geworden und die Stadt gefällt ihm gut, aber der Gedanke, an sein Leben in Buenos Aires anzuknüpfen, wo er noch immer viele Freunde und beste Kontakte im Kunstbetrieb hat, reifte in ihm und er trifft schließlich die Entscheidung.

In den vier Monaten, die er wieder hier ist, hat Alejandro Scasso schon mehrere Projekte verwirklicht – darunter die Teilnahme an der neuen Kunstmesse EGGO im vergangenen November und eine Künstlerresidenz in der unabhängigen und nichtkommerziellen Kunststiftung ‘ace im Dezember. Mehrere Vorhaben sind in der Planungsphase, er ist voller Enthusiasmus.

Für die vielen Jahre in Deutschland ist Alejandro dankbar. Er hat unglaublich viel deutsche, europäische, US-amerikanische Kunst gesehen und ist in seiner Entwicklung als Künstler entscheidend vorangekommen. “In der Anfangsphase war es mir noch wichtig, mich selbst und das, was ich fühle, darzustellen”, sagt Alejandro, “heute geht es mir mehr um die Idee”. Mit seinen Ideen wird Alejandro Scasso sicher auch seine alte neue Heimat positiv beeinflussen.

Fotos von oben nach unten:

Alejandro Scasso (links) mit Maestro Jorge Demirjián auf der Kunstmesse EGGO im Centro Cultural Recoleta im November 2012. Hinter ihnen Scassos Werke aus seiner neuen Serie “Caldo”.

Alejandro Scasso, “Emociones sincronizadas”, Acryl auf Leinwand, 60 x 90 cm, 2012.

Alejandro Scasso, “Enredados 1”, Mischtechnik auf Papier, 100 x 70 cm, 2011.

2 comentarios sobre “Der Künstler, der aus der Kälte kam”

  1. Elena Blasco dice:

    Alejandro , admirable tu coraje para llevar a cabo tu destino en el arte. Si lo miras bien , el paso que has hecho ahora, de volver después de haber organizado tu vida en Köln , es tan atrevido como el que hiciste con 20 años ……… la gran diferecia es que esta vez fué absolutamente analizado….. pero de todas formas una aventura……..todo ese trayecto de la impulsividad naïf a la impulsividad apoyada con la reflexión se refleja en tu obra. Mi mayor respeto.


  2. Silvana Santarossa dice:

    Ich kenne seine Werke, einfach wunderschön…


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