Talente finden und strahlen lassen

“Paper Scissors Rock” in Palermo – eine Ausstellung der anderen Art

Von Jana Münkel


Wenn man auf eine Vernissage geht, erwartet man eigentlich beanzugte Menschen, helles Kunstlicht und eine förmliche Atmosphäre. Es werden Reden gehalten und der Champagner darf auch nicht fehlen. Überraschend anders aber ist die Eröffnung der Ausstellung “Paper Scissors Rock”. Die Adresse wird erst nach der Anmeldung bekanntgegeben, eingelassen werden die Besucher nach dem Klingeln durch ein unscheinbares Tor in Palermo. Beim Eintreten wartet eine ganz besondere Mischung aus Ausstellungs- und Loungeatmosphäre.

Nach einem kurzen Treppensteigen, vorbei am rot-schwarzen, antiken Aufzug, wartet das geschmackvoll eingerichtete “Clubhouse” auf mehreren offenen Ebenen. Die Kunstwerke an den Wänden wirken, als gehörten sie zu diesem Ort, sie fügen sich großartig ein. Sitzgelegenheiten, gedämpftes Licht und elektronische, unaufdringliche Musik schaffen eine Stimmung, die zum Verweilen einlädt. Draußen im Garten glitzert ein Pool, und wenn es nicht ein kühler Spätsommerabend wäre, würde sich eine kleine Erfrischung sogar anbieten. Vernissagebesuch mit Schwimmgelegenheit, warum nicht?

Ausgedacht hat sich dieses Konzept eine außergewöhnliche Kuratorin. Mareike Müller steht mit einem Rosé inmitten der überwiegend jungen Gäste, unterhält sich hier auf Deutsch, dort auf Spanisch und switcht dann wiederum in Sekundenschnelle zum Englischen. Die junge Frau mit dem Pagenschnitt ist in Berlin geboren und aufgewachsen und interessiert sich schon seit sie denken kann für moderne und zeitgenössische Kunst. Nachdem sie nach einiger Zeit in der Design- und Werbeindustrie das Angebot bekam, als Ausstellungsorganisatorin in Schweden zu arbeiten, ergriff sie die Gelegenheit beim Schopf und machte ihre Leidenschaft zum Beruf.

Doch hier war ihre Reise noch nicht zu Ende: Sie wollte endlich etwas Eigenes auf die Beine stellen, brach kurzerhand alle Zelte in Europa ab und zog nach Buenos Aires, um sich selbstständig zu machen. Dabei vertraut sie auf ihr gutes Näschen für vielversprechende zeitgenössische Kunst. Ganz schön mutig. Ob sie Bedenken hatte? “Klar, man zweifelt immer. Aber wenn man Dinge nicht ausprobiert, können sie auch nicht klappen. Think big!”, erzählt sie und man merkt, dass sie das nicht einfach nur dahersagt, weil es gut klingt, sondern wirklich so meint.

Ihr Projekt hat sie “The eclectic tomorrow” genannt, was soviel wie “die eklektische Zukunft” bedeutet. “Da draußen wartet außergewöhnliches Talent – Die Mission besteht darin, es zu finden, es zu unterstützen und strahlen zu lassen”, so beschreibt Mareike Müller die Philosophie ihrer Idee auf der Website, die an sich bereits zeigt, dass da ein kreativer Profi am Werk ist. Und dass sie genau dafür ein tolles Händchen hat, beweist ihre erste alleine organisierte Ausstellung “Paper Scissors Rock”, die mit einer bunten Mischung aus Fotografien, figürlichen und abstrakten Kunstwerken sowie Streetart von europäischen und lateinamerikanischen Künstlern daherkommt. Das klingt zunächst chaotisch, so wirkt es aber nicht im Geringsten. Genau dieses eklektische “Aufeinanderprallen” ist ja das Ziel, erzählt die junge Unternehmerin, die nebenher auch einen Kunstblog führt – und das Clubhouse mit seinem gedämpften Licht ist der perfekte Ort dafür. Sie entdeckte ihn durch Zufall bei einem Besuch und fragte spontan, ob sie ihre Ausstellung hier machen könne. Die Managerin, eine Belgierin, war begeistert.

Mareike strahlt, wenn sie ihr Werk von der Terrasse aus bewundert und ist ganz aufgekratzt: “Es sind so viele Leute gekommen!” Dabei ist es ihr außerordentlich wichtig, eben keine förmliche, grell erleuchtete Ausstellung zu präsentieren, sondern etwas Neues, Alternatives zu wagen. “Art is fun” kann man auf ihrer Website lesen und Mareike Müller bestätigt das: “Ich möchte, dass die Leute Spaß haben!” Als DJs legen Freunde von ihr auf, auch unter den “Eclectics”, ihren Künstlern, sind gute Bekannte.

Warum es sie gerade nach Buenos Aires verschlagen hat? Hier habe man noch die Möglichkeit, wirklich neue Talente zu entdecken. Die Kunstszene hier sei noch “erforschbar”, das gefalle ihr. Auch die kulturübergreifende Arbeit ist ihr wichtig, sie sieht sich als eine Art Botschafterin zwischen Europa und Lateinamerika. Ihr nächstes Projekt ist schon in Arbeit, ein befreundeter Künstler aus Europa wird dazu nach Buenos Aires kommen. Es ist beeindruckend, wie Mareike Müller einfach macht, wovon andere träumen – und ganz nebenbei auch noch das Image von Vernissagen angenehm entstaubt.

Die Ausstellung “Paper Scissors Rock” kann noch bis Mitte August besichtigt werden. Anmeldung und Terminvereinbarung per Mail: contact@eclectictomorrow.com oder info@clubhouseba.com.

Fotos von oben nach unten:
Künstlerische Lounge-Atmosphäre.
(Foto: Vanessa Diaz)

Mareike Müller, junge Kuratorin mit Ausstrahlung.
(Foto: privat)

Escriba un comentario