Ästhetische Erfahrungen im Raum

Meister der Lichtskulptur im Faena Arts Center

Von Philip Norten


Noch bis Anfang November ist im Faena Arts Center in Puerto Madero eine Ausstellung mit Arbeiten von Anthony McCall und Mischa Kuball zu sehen. Dem Kurator Alfons Hug, Direktor de Goethe-Instituts Rio de Janeiro, ist es zu verdanken, dass beide Künstler zum ersten Mal nach Argentinien gekommen sind.

Anthony McCall beeindruckt den Besucher mit einer monumentalen Rauminstallation. Der gesamte obere Saal, komplett abgedunkelt und mit schwarzem Teppich ausgelegt, ist von künstlichem Nebel – bekannt als Diskonebel – ausgefüllt. Dieser wird von Lichtstrahlen, die per Beamer von der Decke auf den Boden projiziert werden, durchschnitten. Durch die Dunkelheit des Raumes und den Nebel entfalten die Lichtstrahlen eine skulpturale Wirkung, die sie wie Lichtzeichnungen im Raum erscheinen lässt. Gesteigert wird diese überwältigende ästhetische Erfahrung noch dadurch, dass sich der Ausstellungsbesucher frei im Raum bewegen kann. Er kann die ‘Lichtskulpturen’ berühren, durchschreiten und wird so selbst Teil von ihnen.

Der britische Künstler Anthony McCall (*1940) beschäftigte sich nach seinem Kunststudium zunächst mit experimentellen Filmarbeiten. Schließlich begann er in den 1970er Jahren, Arbeiten mit Licht- und Filmprojektoren zu entwickeln, die als Grundstein für seine heutigen Projekte gelten.

Die neuen technischen Möglichkeiten (die 16mm Filmprojektoren wurden durch Beamer ausgetauscht) sowie die Räume des Faena Arts Center erlaubten McCall, eine Installation in riesigen Ausmaßen zu konzeptionieren, die eine beeindruckende Monumentalität besitzt.


Im Untergeschoss des Faena Arts Centers ist die Lichtinstallation “space – speech – speed” des Düsseldorfer Künstlers Mischa Kuball (*1959) zu sehen. Auch er beschäftigt sich mit der Auswirkung von Licht auf den Raum und die Wahrnehmung des Besuchers. Mehrere verspiegelte Kugeln – es könnten Diskokugeln sein – werfen Wörter, die zuvor mit Diaprojektoren an die Wände projiziert wurden, in schneller Geschwindigkeit durch den Ausstellungssaal. Die Installation von Kuball unterscheidet sich von McCalls Arbeit vor allem auch durch die Geschwindigkeit der Projektion. Während in der Arbeit des Briten durch ihre große ästhetische Kraft und Ruhe eine kontemplative Stimmung vorherrscht, wird der Betrachter von Kuballs Arbeit irritiert und in seiner Wahrnehmung gestört.

Verbunden werden beide Werke durch den Ausstellungstitel “Aleph” nach der berühmten Erzählung von Borges. Natürlich lassen sich die Lichtskulpturen von McCall und Kuball, die intensiv die Raumwahrnehmung des Betrachters ansprechen, auf das “Aleph” aus Borges’ Erzählung beziehen, bei dem es sich um einen Punkt im Raum handelt, der alle Punkte der Welt in sich enthält. Denn sowohl die Erzählung als auch die Kunstwerke setzen sich mit Themen wie Immaterialität und Unendlichkeit auseinander. Trotzdem bleibt der Bezug auf Borges vage und erscheint etwas gewollt. Starke Kunstwerke, wie sie aktuell im Faena Arts Center zu sehen sind, haben eine Unterstützung von Borges auch gar nicht nötig.

  • “Aleph”, Licht-Installationen von Anthony McCall (Großbritannien) und Mischa Kuball (Deutschland)
  • Kurator: Alfons Hug
  • Faena Arts Center, Aimé Paine 1160, Puerto Madero, Buenos Aires
  • Sa-Mo 12-19 Uhr
  • Eintritt: 40 Pesos, montags gratis, Rentner oder Senioren über 65 und Studenten: 20 Pesos, Kinder unter 12: gratis
  • 21.9.-3.11.

Fotos von oben nach unten:
Beeindruckende Werke von Anthony McCall…

… und Mischa Kuball.

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