“Operation am offenen Herzen”

Auch die Spielzeit 2014 des San Martín-Theaters findet inmitten von Umbauarbeiten statt

Von Susanne Franz

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“Im Mai 2015 sind wir fertig!” Solchermaßen klare Worte ist man von einem Politiker gar nicht gewöhnt. Daniel Chain, Bauminister der Stadt Buenos Aires, sprach sie aus und bezog sich dabei auf das Ende der umfangreichen Restaurierungsarbeiten im und am Complejo Teatral de Buenos Aires (CTBA), der neben den Sälen des San Martín Theaters auch das Teatro Alvear sowie die Barrio-Theater “Regio”, “De la Ribera” und “Sarmiento” umfasst. Am Mittwochmittag umriss Chain vor zahlreichen Journalisten und vielen Künstlern des CTBA im Rahmen der Pressekonferenz zur Ankündigung der Spielzeit 2014 anschaulich die Situation, in der die CTBA-Theater sich seit mehr als einem Jahr befinden: “Das ist, wie wenn man die Maler im Haus hat”, sagte der Politiker. “Es fordert allen eine Menge ab, angefangen bei den Künstlern, die proben wollen, über die Theaterleiter, die das Programm planen, bis zu den Zuschauern, die mit Unbequemlichkeiten konfrontiert sind.” Es könne weiterhin vorkommen, dass es mal kein Wasser gebe oder dass der Strom ausfalle. “Umbauarbeiten bei laufendem Theaterbetrieb, das ist wie eine Operation am offenen Herzen”, so Chain. “Aber wir wollten die Theater auf keinen Fall schließen.”

202 Millionen Pesos sind für 2014/2015 vorgesehen, um alle Räumlichkeiten des San Martín wieder zugänglich zu machen und in einen perfekten Zustand zu versetzen, um das Alvear besser gegen Feuer abzusichern, endlich Proberäume für das Tanzensemble des Theaters einzurichten, den Kostüm-Schatz adäquat unterzubringen, neue Sound- und Beleuchtungssysteme in den Theatersälen zu installieren, die Toiletten zu erneuern, die Theater behindertengerechter zu gestalten und vieles mehr.

Kulturminister Hernán Lombardi stellte klar, dass der dreistellige Millionenbetrag für die Restaurierungsarbeiten zusätzlich zur normalen Förderung der Stadt Buenos Aires für das Theater gezahlt werde, die im kommenden Jahr etwa 20 % über der von 2013 liegen soll. Jenseits von Finanz- und Verwaltungsfragen freute sich Lombardi vor allem über die Highlights der kommenden Theatersaison. “Wir sind sehr zufrieden und stolz darauf, eine der interessantesten Spielzeiten der letzten Jahre vorzustellen!”, sagte Lombardi. “Und ich will nicht etwa angeben.”

Nach einem kurzen Einführungsvideo gab dann Theaterdirektor Alberto Ligaluppi einige Einblicke in das, was Theaterfreunde im kommenden Jahr erwartet. Das “Globe Theatre” komme diesmal mit einem eher unbekannten Stück, scherzte Ligaluppi bei der Ankündigung des “Hamlet” einer Gruppe, die wie keine zweite für ihre Shakespeare-Inszenierungen bekannt sei. Die thailändische Gruppe “18monkeysdancetheatre” bediene sich zwar der landestypischen Masken, tanze aber ausschließlich zu Piazzolla. “Wir wollen ab sofort jedes Jahr eine Gruppe nach Argentinien holen, die in ihrem Heimatland mit Aspekten der argentinischen Kultur arbeitet”, führte Ligaluppi aus.

Die Ausstellung “Presencia española en la historia del San Martín” beleuchte umgekehrt die Einflüsse anderer Kulturen auf die Geschichte des argentinischen Traditionstheaters.

Besonderen Applaus in dieser ohnehin außergewöhnlich bejubelten Pressekonferenz bekam Ligaluppis Ankündigung, dass der CTBA sich im Jahr 2014 erstmals an der Reihe “Teatro x la Identitad” beteiligen werde. “Das ist wohl das Wichtigste, was wir mit dem Theater erreichen können – eine Auseinandersetzung mit unserer Identitä!”, rief der Direktor.

Lacher gab es bei der Frage einer Besucherin, ob man etwas davon wüsste, dass das Teatro Colón auf seiner kürzlichen Pressekonferenz angekündigt habe, beim Programm für die Schulferien mit dem Teatro San Martín zusammenarbeiten zu wollen. “Ja, haben wir gehört”, meinten Ligaluppi und Lombardi übereinstimmend. Allerdings sei vorläufig geplant, in den Ferien in allen Ecken des Theaterkomplexes Puppenspiele aufzuführen.

Zum Abschluss gab es einen besonderen Leckerbissen: Aus einem wahren Schatz an Tonbandaufnahmen berühmter Künstler, der kürzlich gefunden wurde und jetzt digitalisiert werden soll, wurde den Besuchern eine Aufnahme von Mercedes Sosa aus dem Jahr 1973 vorgespielt.

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Pressekonferenz zur Ankündigung der Spielzeit 2014 (v.l.n.r.): Daniel Chain, Hernán Lombardi, Alberto Ligaluppi.
(Foto: Carlos Flynn)

Die CTBA-Spielzeit 2014 (Auszüge):

Teatro San Martín, Martín Coronado-Saal

  • Theater
  • April: “El jardín de los cerezos” von Anton Tschechow. Regie: Helena Tritek.
  • September; “Teatro x la Identidad 2014”.
  • Tanz
  • “Ballet Contemporáneo del Teatro San Martín”. Leitung: Mauricio Wainrot.
  • Mai: “El Mesías” v. Händel/Wainrot
  • Oktober: “María de Buenos Aires” v. Piazzolla/Wainrot

Casacuberta-Saal

  • Theater
  • April: “A Electra le sienta bien el luto” v. Eugene O’Neill. Regie: Robert Sturua.
  • September: “Almas ardientes” v. Santiago Loza. Regie: Alejandro Tantanian.

Cunill Cabanellas-Saal

  • Theater
  • März: “El principio de Arquímedes” v. Josep María Miró Coromina. Regie: Corina Fiorillo.
  • Juli: “La nueva autoridad” v. Mario Segade.

Teatro Alvear

  • Tango-Musical
  • Januar: “La rubia Mireya” v. Cibrián/Mahler.

Teatro Regio

  • Theater
  • April: “Nuestro fin de semana” v. Roberto Cossa.
  • September: “Romeo y Julieta” v. William Shakespeare.
  • Anfang 2015: “Oíd Mortales: Alicia Moreau de Justo” von Eduardo Rovner.

Teatro de la Ribera

  • Musical
  • Mai: “El perrito petitero y la nota mágica” v. Luis Borda. Regie: Ricky Pashkus.
  • “La Galera Encantada”
  • Juli: “La arena y el agua (hay gente que bebe arena, no porque le guste sino porque nunca probaron el agua)” v. Héctor Presa.
  • Theater für Schüler
  • “Hombres de casaca negra” v. Rubén Stella u. Claudio Chaves.

Teatro Sarmiento

  • Theater
  • April: “El estadio de arena” v. Patricio Abadi.
  • September: “El hambre de los artistas” v. Alberto Ajaka.
  • Anfang 2015: “Televisión 60” v. Bernardo Cappa.

PUPPENSPIELE

  • “Grupo de Titiriteros del Teatro San Martín”. Leitung: Adelaida Mangani.
  • Februar: “Las tribulaciones del doctor Fausto” v. Marlowe/López Girondo.
  • März: “La niña que riega la albahaca y el príncipe preguntón” v. Federico García Lorca.
  • Juni: “Androcles y el león” v. George Bernard Shaw. Regie: Ariadna Bufano.

GASTSPIELE>

  • Theater
  • Letzte Januarwoche: Théâtre de la Ville (Paris, Frankreich) mit “Rhinocéros” v. Eugène Ionesco. Regie: Emmanuel Demarcy-Mota.
  • Oktober: Teatre Nacional de Catalunya (Spanien) mit “Fronteres” – drei Werken von Rafael Spregelburd, Falk Richter und Lluïsa Cunillé.
  • November: Shakespeare Globe Theatre (Großbritannien) mit “Hamlet” v. William Shakespeare. Regie: Dominic Dromgoole und Bill Buckhurst.
  • Tanz + Musik
  • Mai: 18monkeysdancetheatre (Thailand) mit “18monkeys”. Regie/Choreographie: Jitti Chompee.
  • Tanz
  • August: Teatro Arriaga, Kukai, Tanttaka Teatroa (Baskenland, Spanien) mit “Komunikazioa / inkomunikazioa” v. Mireia Gabilondo und Jon Maya.
  • August: Compañía Kim Bock Hee Dance Company (Korea) mit “La razón que hizo volar nuevamente a los pájaros”. Choreographie: Kim Bock Hee.

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