Multidimensionales Werk

Das komplexe Universum des Joseph Beuys in der Fundación Proa

Von Philipp Boos

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Nach Mueck kommt Beuys! Die Fundación Proa in Buenos Aires hat ein Näschen für große Künstler. Mit Beuys eröffnete die erste Ausstellung dieses Jahres, nachdem mit dem australischen Künstler Mueck und seinen hyperrealistischen Figuren erfolgreich die Jahreswende begangen wurde. Wer das Haus am Caminito schon mal besucht hat, weiß, die Museums-Crew ist immer gut informiert. Doch den Kunstinteressierten an Beuys heranzuführen, birgt einige Schwierigkeiten.

Wo Mueck für den jungfräulichen Betrachter erst einmal rein visuell funktionierte, ist bei Beuys Geduld, Einfühlungsvermögen und vor allem eine gehörige Portion Hintergrundwissen notwendig. Der Besucher sei also gut beraten, sich etwas zu belesen, so Pressechef Juan Pablo Correa. Der Aufenthalt in der Fundación unweit vom Caminito sei dann umso lohnenswerter.

Joseph Beuys (1921-1986), der in Krefeld das Licht der Welt erblickte, hatte sich schon zu Lebzeiten international einen Namen gemacht. Mit seiner theoretischen Kunstkonzeption betrat er Neuland, was ihm auch einen rasanten Aufstieg als Dozent in der Düsseldorfer Kunstakademie bescherte. Laut Beuys, sind die Persönlichkeit des Künstlers, sowie seine Handlungen, wichtiger als das “greifbare” Kunstwerk an sich.

Sein Werk kann in vier Bereiche eingeteilt werden: Materielle Arbeiten im traditionellen künstlerischen Sinne (Malerei und Zeichnungen, Objekte und Installationen), die Aktionen, die Kunsttheorie mit Lehrtätigkeit, sowie seine sozial-politischen Aktivitäten. Die Fundación Proa sucht in seiner Beuys-Ausstellung vor allem die Auseinandersetzung mit dessen künstlerischen Aktionen, die ihre Aussagen durch ihre Einmaligkeit begründeten. Eine nicht ganz einfache Aufgabe.

schlittenIn der Proa werden u.a. von seiner 1969 entstandenen Installation “Das Rudel (The Pack)” Original-Schlitten ausgestellt, die so losgelöst von ihrem Kontext beim Besucher unweigerlich zu Fragen führen. Das Gesamtwerk besteht aus einem VW-Bus und 24 Schlitten. Die aus der DDR importierten Schlitten lässt Beuys in Dreierreihe und entgegengesetzter Fahrtrichtung aus dem Fahrzeug “herausströmen”. Auf den einzelnen Schlitten befinden sich jeweils eine kleine Menge Fett, eine eingerollte Filzdecke und eine darauf liegende Stablampe. Mit Hilfe eines Arterienabbindegurtes wird das jeweilige Kit an die Schlitten fixiert.

Beuys selbst erklärte einmal, dass das auf den Schlitten montierte Gepäck Orientierung, Ernährung und Wärmehaltung bereitstellen würde, demnach als eine Art “Survival Kit” zu interpretieren sei. Eine weitere Lesart ist die von zwei unterschiedlichen Lebensformen: die der vorindustriellen Gesellschaften und die der westlichen, technologisierten Welt.

Auf der anderen Seite suggerieren die Schlitten ein Bedrohungsszenarium, eine mögliche Katastrophe deutet sich an, was die entgegengesetzte Ausrichtung der Schlitten erklärt. Eine andere Interpretation ist die des Rudels als Aggressor. Ende der 60er Jahre entstanden, repäsentieren die Schlitten somit die US-amerikanische Invasion in Vietnam, gewaltbereite Polizisten in den Studentenrevolten, etc.

Zusammen mit dem argentinischen Künstler Nicolás García Uriburu (geb. 1937) machte Jospeh Beuys u.a. auf der siebten Documenta (1982) in Kassel auf sich aufmerksam. Auf die Aktion der beiden wird auch in der Proa näher eingegangen. Beide Künstler engagierten sich damals aktiv im Umweltschutz. Uriburu machte sich 1968 erstmals einen Namen, als er im Rahmen der Biennale die Wasserkanäle von Venedig grün färbte. Eine Aktion, die er mit Beuys am Rhein, aber auch in seiner Heimat wiederholen sollte. Neben urbanen und von Asphalt und Beton dominierten Orten pflanzten sie in Kassel 7000 Eichen, womit sie auch dem Ausspruch von Beuys Gestalt verliehen, dass Worten immer Aktionen folgen sollten, um Veränderungen herbeizuführen.

1979 widmete das New Yorker Guggenheim-Museum Joseph Beuys als erstem deutschem Künstler eine groß angelegte Retrospektive. Als innovativer Künstler und Charakterkopf und uniformiert mit brauner Weste und Filzhut, ist er als einer der einflussreichsten zeitgenössischen Künstler des 20. Jahrhunderts in Erinnerung geblieben.

Die Ausstellung besteht aus 150 Werken und betont somit die Multidimensionalität seines Schaffens. Gezeigt werden Objekte, Skulpturen, Malerei, Installationen, Zeichnungen und Videos, die zwischen 1955 und 1985 entstanden sind.

  • Fundación Proa, Av. Pedro de Mendoza 1929, Buenos Aires.
  • Di-So 11-19 Uhr.
  • Eintritt 20 Pesos, Rentner 10, Studenten 5; dienstags gratis für Studenten.
  • Bis Juni.
  • Webseite (englisch).

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