Fernweh und Liebe

Das hochkarätige Programm des 14. “Festival de Cine Alemán” entführt den Zuschauer in verschiedene Welten und Gemütszustände

Von Susanne Franz

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Es stimmt schon, viele der Filme des 14. Deutschen Kinofestivals von Buenos Aires, das bis zum 17. September läuft, laden den Zuschauer tatsächlich nach Deutschland ein. “Banklady” spielt etwa in einem Hamburg der 60er-Jahre, “Fack ju Göhte” in München, “Westen” in Berlin in der Zeit des Kalten Krieges, “Die Frau hinter der Wand” oder “Ummah – Unter Freunden” im modernen Berlin, “Love Steaks” an einem Ort an der Ostsee. Viele andere Filme des diesjährigen hochkarätigen Programms entführen aber in – aus deutscher Sicht – ferne und exotische Länder und tragen so dem Fernweh, das die romantische Seele der Deutschen prägt, Rechnung.

“Exit Marrakech” zeigt in prächtigen Bildern auf vielschichtige Weise Marokko, die aufwühlende Dokumentation “Art War” hat den arabischen Frühling in Ägypten zum Thema. Doris Dörries Tragikomödie “Alles Inklusive” spielt im spanischen Torremolinos, einst ein Traumziel der Deutschen. In “Zeit der Kannibalen” wird mit feiner Ironie eine Generation von Managern aufs Korn genommen, die um die ganze Welt reist, aber eigentlich nur das Hotelzimmer und die Minibar kennt. Der Film für die ganze Familie “Die schwarzen Brüder” beginnt im Tessin des 19. Jahrhunderts und erzählt die Geschichte des 14-jährigen Giorgio, dessen Familie ihn aus Not an einen Kinderhändler (herrlich als Fiesling: Moritz Bleibtreu) verkauft, der ihn mit anderen nach Mailand bringt, wo die Kinder als Kaminfeger ausgebeutet werden.

Die Liebe in allen ihren Farben und Formen ist das andere große Thema des diesjährigen Festivals, sie durchzieht die Beiträge wie ein roter Faden und würzt auch historische Themen wie die Schiller-Geschichte “Die geliebten Schwestern” um eine Dreiecksbeziehung. Zwei junge Außenseiter finden sich in “Love Steaks”, Anbetung aus der Ferne versus echte Liebe ist das Thema von “Dear Courtney”. In “Die Frau hinter der Wand” wird das Verlangen nach der schönen Nachbarin zur Besessenheit und stürzt einen jungen Mann ins Verderben. Dagegen ist in “Fack ju Göhte” oder “Banklady” Romantik großgeschrieben.

“Alles Inklusive” zeigt ein Panoptikum an Menschen, die in der Liebe versagt haben und versagen, zugegebenermaßen auf sehr unterhaltsame Weise. So wird eine Sexszene zwischen Ingrid (Hannelore Elsner) und Helmut (Axel Prahl) wohl als eine der skurrilsten Anekdoten der jüngsten deutschen Kinogeschichte in die Annalen eingehen. Auch der Frage, ob die Brüste der Schauspielerin, die die junge Ingrid als Hippiemädchen darstellt, wirklich – und der Zeit entsprechend – echt sind, hängt dem Zuschauer noch lange nach.

Das Festival, das mit mehr Filmen und mehr Vorstellungen als je zuvor glänzt, findet im Kinokomplex Village Recoleta und erstmals auch im Kino Arte Multiplex Belgrano statt. Es wird wieder ein Publikumspreis vergeben, zur Teilnahme kann man in den Vorstellungen ausliegende Zettel ausfüllen. Unter denen, die mitmachen, werden schöne Preise verlost.

Die Einzelkarte kostet in diesem Jahr 65 Pesos, es gibt ermäßigte Abonnements, die man ausschließlich an den Kassen erwerben kann. Einzelkarten bekommt man auch auf den Webseiten des jeweiligen Kinos.

Alle Informationen und das Programm finden sich auf der Webseite des Fesrivals.

Einige ausgewählte Kritiken (von A-Z):

“Alles Inklusive” (123 Min.) von Doris Dorrie

Von Susanne Franz

Eine lustige Komödie ist er nicht gerade, der neue Film “Alles Inklusive” von Doris Dörrie, aber wie immer eine mutige und im unverwechselbaren Stil der Kino-Poetin erzählte Geschichte. Ingrid (Hannelore Elsner), eine gealterte Hippie-Mutter, wird von ihrer Tochter Apple (Nadja Uhl) nach einer Hüft-OP nach Spanien in ein “All inclusive”-Hotel zur Erholung geschickt. Am selben Ort hatte sich das junge Blumenmädchen vor langer Zeit in den erfolgreichen Karl verliebt, was schreckliche Folgen für dessen Familie und vor allem den jungen Sohn Tim hatte.

Tim (Hinnerk Schönemann) nennt ich heute meist Tina und erkennt Ingrid wieder, als sie sich im Hotel über den Weg laufen, wo Ingrid auch noch weitere absonderliche Begegnungen hat.

Währenddessen hat die beziehungsgestörte Tochter “Äpfelchen” zu Hause auch ihr Päckchen zu tragen: Ihr Hund Dr. Freud muss operiert werden, der Tierarzt (Fabian Hinrichs) gefällt ihr und sie bemüht sich ziemlich erfolglos, ihn nicht zu vergraulen, schließlich verliert sie gar ihren Job und fährt zu Muttern nach Spanien, wo auch sie von der Vergangenheit eingeholt wird.

“Banklady” (118 Min.) von Christian Alvart

Von Susanne Franz

Deutschland, 60er-Jahre: Die schüchterne, 30-jährige Gisela Werler (Nadeshda Brennicke) arbeitet in einer Tapetenfabrik und wohnt immer noch bei ihren Eltern. Kollege Uwe (Andreas Schmidt) macht ihr Avancen, aber sie zögert. Als sie Uwes Kumpel Hermann (Charly Hübner) kennenlernt, verliebt sie sich Hals über Kopf, und sie tut alles, um ihn zu kriegen: zum Beispiel Bankräuberin werden… Gemeinsam überfällt das Paar an die 20 Banken, verfolgt vom besessenen Kommissar Fischer (Ken Duken)…

Christian Alvart hat die wahre Geschichte der ersten Bankräuberin Deutschlands temporeich, spannend und mit viel Herz verfilmt. Der Regisseur reiste als diesjähriger Ehrengast des 14. Deutschen Kinofestivals nach Buenos Aires, auf der Pressekonferenz sprach er ausführlich über seinen Film.

“Dear Courtney” (89 Min.) von Rolf Roring

Von Susanne Franz

Es ist ein schönes kleines Roadmovie, eine Liebes- und Coming-of-Age-Geschichte, die von einer abenteuerlichen Idee ausgeht: “Dear Courtney” ist Anfang der 90er-Jahre angesiedelt und erzählt von der unerwiderten Liebe von Paul Thomas (Jonas Ney) zu der älteren Saskia, die er Jahr um Jahr anbetet und der er Hunderte Lieder schreibt, mit denen er sich vor aller Welt lächerlich macht. Eines Tages fällt ihm ein besonderer Riff ein, und er schickt den Song an David Geffen. Dann hört er ihn im Radio: Es ist der Welthit von Nirvana “Smells Like Teen Spirit”.

Zusammen mit Knochen, seinem heruntergekommenen Manager, dem Rocker Kalle, der auch in Saskia verknallt ist und ein Auto hat, und einem Magazinherausgeber, der immer an den seltsamsten Orten auftaucht, verfolgt Paul die Band Nirvana auf ihrer Tournee durch ganz Deutschland, um von Kurt Cobain Genugtuung zu verlangen. Als er in den Augen Saskias endlich Rockstar-Status erlangt hat, merkt er, dass er eigentlich ein anderes Mädchen liebt.

“Die geliebten Schwestern” (170 Min.) von Dominik Graf

Von Marcus Christoph

Vor drei Jahren gab es beim deutschen Kinofestival in Buenos Aires den Streifen “Goethe!” zu sehen. In diesem Jahr ist mit Friedrich Schiller der andere der beiden Dichterfürsten an der Reihe: In Dominik Grafs Film “Die geliebten Schwestern” geht es um eine Dreiecksbeziehung zwischen dem Poeten und den beiden Schwestern Caroline und Charlotte von Lengefeld. Beide verlieben sich in Schiller, der seinerseits auch beiden gleichermaßen zugetan ist. Um die Ménage-à-trois auf Dauer zu ermöglichen, beschließen sie, dass Schiller (Florian Stetter) Charlotte (Henriette Cunfurius), die jüngere der beiden Schwestern, heiratet. So soll gewährleistet sein, dass der aufstrebende Dichter auch den innigen Kontakt zu Caroline (Hannah Herzsprung) weiter pflegen kann. Diese hatte sich schon frühzeitig für Mutter und Schwester aufgeopfert, indem sie im Interesse ihrer Familie aus wirtschaftlichen Erwägungen den Freiherrn von Beulwitz heiratete. Seit dem frühen Tod des Vaters waren die von Lengefelds in finanzielle Engpässe geraten.

Wie sich denken lässt, bleibt die Dreieckskonstellation zwischen dem Dichtergenie und den beiden Schwestern nicht frei von Spannungen. Caroline will mehr sein als nur eine Platzhalterin für ihre ältere Schwester. Diese wiederum findet sich nur schwer damit ab, an den Rand gedrängt zu werden.

Auch wenn “Die geliebten Schwestern” in erster Linie ein lebendiges Beziehungsdrama ist, so erfährt der Zuschauer en passant doch auch viel über das Leben und Wirken Schillers: Sein erstes Treffen mit Goethe, seine berühmte Antrittsvorlesung an der Universität Jena, die Herausgabe der Zeitschrift “Die Horen” und schließlich sein früher Tod infolge von Tuberkulose. Im Hintergrund taucht auch die Französische Revolution auf, als Epoche bestimmendes Ereignis jener Jahre. Die 170 Minuten vergehen auf diese Weise kurzweilig, unterhaltsam und auch lehrreich.

“Exit Marrakech” (122 Min.) von Caroline Link

Von Susanne Franz

Da stimmt einfach alles: Das sensible Vater-Sohn-Drama “Exit Marrakech” ist eine cineastische Perle, in wunderschönen Bildern scheinbar mühelos von der Oscar-preisgekrönten Regisseurin Caroline Link erzählt.

Ben (Samuel Schneider) ist ein Internatsschüler, der die Sommerferien mit seinem Vater (Ulrich Tukur) in Marokko verbringen soll, wo er seinen 17. Geburtstag feiert. Er ist Diabetiker, und der Mutter (Marie-Lou Sellem), einer Orchestermusikerin, die viel unterwegs ist, fällt es schwer, den Jungen zum Vater, von dem sie schon lange getrennt ist, reisen zu lassen.

Bens Vater ist ein erfolgreicher und ziemlich arroganter Theaterregisseur, der im Rahmen des deutsch-marokkanischen Kulturaustauschs gerade mit einem Stück auf Tournee in Marokko ist. Er kennt Ben kaum und weiß nicht, was er mit ihm anfangen soll, und Ben zeigt ihm die kalte Schulter.

Doch dann nimmt Ben den Ratschlag seines Direktors, den dieser ihm mit auf den Weg in die Ferien gegeben hatte, wörtlich: Er haut ab und stürzt sich in ein Abenteuer mit Karima (Hafsia Herzi). Sein vor Wut schäumender Vater macht sich auf die Suche nach dem Jungen. Für beide wird es eine unvergessliche Reise.

“Fack ju Göhte” (118 Min.) von Bora Dagtekin

Von Susanne Franz

Er war der Lieblingsfilm des deutschen Kinopublikums im Jahr 2013, und er wird auch die argentinischen Filmfreunde nicht enttäuschen: “Fack ju Göhte” ist eine rundum gelungene Komödie mit viel Herz und Gefühl. Zeki Müller (Elyas M’Barek) wird nach 13 Monaten aus dem Knast entlassen und ist von einem einzigen Gedanken beseelt: das versteckte Geld aus seinem letzten Bruch auszugraben. Dummerweise wurde in Zekis kleiner Abwesenheit dort, wo sein Schatz liegt, die neue Turnhalle einer Gesamtschule gebaut.

Zeki ist nicht auf den Kopf gefallen: Er bewirbt sich für den freigewordenen Hausmeisterposten. Beim Vorstellungsgepräch kommt es ihm schon ein bisschen komisch vor, dass nur gestrenge ältere Damen im Zimmer sitzen … und zack, hat er durch ein Missverständnis eine Aushilfslehrerstelle.

Zeki, der nicht mal Abitur hat, geschweige denn ein Staatsexamen, erweist sich als Naturtalent. Bald schon fressen ihm nicht nur die Schüler aus der Hand, sondern auch die Streber-Lehrerin Lisi Schnabelstedt (Karoline Herfurth), bei der er untergeschlüpft ist. Zeki, der sein Ziel – das Geld – immer mehr aus den Augen verliert, glaubt schon beinahe daran, dass es auch für ihn eine echte Chance im Leben geben könnte. Doch dann bricht eine etwas fülligere Schülerin beim Sprung über den Kasten in den Tunnel ein, den Zeki zu der Beute gegraben hatte…

“Love Steaks” (89 Min.) von Jakob Lass

Von Marcus Christoph

Die Liebeskomödie “Love Steaks” ist schon ein wenig skurril. Der eher schüchterne Clemens (Franz Rogowski) fängt in einem Wellnesshotel an der Ostsee als Masseur an. Dort trifft er auf die ausgeflippte Lara (Lana Cooper), die in der Hotelküche eine Ausbildung absolviert. Die beiden verlieben sich ineinander, und sie treffen eine Vereinbarung: Wenn Lara die Hände vom Alkohol lässt, will Clemens an sich arbeiten, seine Ängste im Umgang mit den Mitmenschen zu überwinden. Vor diesem Hintergrund entwickeln sich bizarre und tragikomische Situationen. Die Handlung spitzt sich zu, als Clemens vor der versammelten Hotelleitung seinen Dienst quittiert. Fälschlicherweise hatte er angenommen, dass Lara wegen ihrer Alkoholprobleme gekündigt worden sei. Tatsächlich aber hatte seine Freundin ihn hinters Licht geführt. Entsprechend emotionsgeladen ist das Finale am Strand.

“Love Steaks”, das mehrfach prämierte Spielfilmdebüt von Regisseur Jakob Lass, bietet auch einen authentischen Einblick in die deutsche Arbeitswelt. Denn außer den beiden erwähnten Protagonisten sind alle weiteren Darsteller Angestellte des Drehort-Hotels im mecklenburg-vorpommerschen Ahrenshoop. Sie spielen gewissermaßen sich selbst. Der Zuschauer wird zudem verwöhnt mit tollen Aufnahmen von der Ostseeküste, die eine grandiose Kulisse abgibt. Wer bereit ist, sich auf einen unkonventionellen Film einzulassen, wird nicht enttäuscht werden.

“Westen” (102 Min.) von Christian Schwochow

Von Marcus Christoph

Im Westen ein neues Leben zu beginnen. Das ist der Wunsch von Nelly Senff (Jördis Triebel), der Protagonistin in Christian Schwochows Film “Westen”. Nach dem mysteriösen Unfalltod ihres Lebensgefährten, eines sowjetischen Physikers, stellt die 30-jährige Chemikerin einen Ausreiseantrag und kann 1978 mit ihrem Sohn Alexej die DDR verlassen. Doch der Neuanfang erweist sich als schwierig. Nelly und Alexej finden sich im Aufnahmelager Marienfelde wieder. Dort muss Nelly zunächst jede Menge Bürokratie und Verhöre über sich ergehen lassen. Eigentlich Dinge, die sie durch ihre Ausreise aus der DDR meinte, hinter sich gelassen zu haben. CIA-Agent John Bird (Jacky Ido) interessiert sich besonders für die Vergangenheit ihres verschollenen Ex-Partners, der als Wissenschaftler Kurierdienste für die Sowjets geleistet haben soll. Aber auch unter den Insassen im Aufnahmelager grassiert Misstrauen. Der Einzelgänger Hans (Alexander Scheer) kümmert sich auffällig um Nelly und vor allem um Alexej. Ist er gar ein Stasi-Spitzel?

Der Film, der auf dem autobiografischen Roman “Lagerfeuer” von Julia Franck aufbaut, reflektiert die Zeit des Kalten Krieges und der deutschen Teilung. Interessant ist dabei die Perspektive, dass beide Seiten des Eisernen Vorhangs durchaus kritisch betrachtet werden. Auch im Westen gilt es mitunter Widrigkeiten und Schikanen zu überwinden, um sich eine selbstbestimmte Existenz aufzubauen. Schwarzweißmalerei, einfache Gut-und-Böse-Klischees greifen zu kurz. Ein differenzierter Blick ist angebracht zum Verständnis der jüngeren deutschen Geschichte. Das vermittelt der Film knapp ein Vierteljahrhundert nach dem Fall der Berliner Mauer.

“Wolfskinder” (94 Min.) von Rick Ostermann

Von Marcus Christoph

Es ist richtig harte Kino-Kost: “Wolfskinder”, der Debütfilm von Regisseur Rick Ostermann. Bei dem Streifen, der erst vor kurzem in Deutschland in die Kinos kam, geht es um deutsche Kinder, die nach den Wirren von Krieg und Vertreibung elternlos durch die Wälder Ostpreußens irrten. Im Zentrum der Handlung steht der 14-jährige Hans (Levin Liam), der sich nach dem Hungertod seiner Mutter mit seinem fünf Jahre jüngeren Bruder Fritz zu einem Bauernhof in Litauen durchschlagen will. Den Bruder verliert er allerdings recht schnell aus den Augen, nachdem sowjetische Soldaten an einem Fluss das Feuer auf die beiden Jungs eröffnen. Hans zieht mit anderen Kindern weiter, die ebenfalls nur knapp dem Tod entgangen waren.

Das Bedrohungsszenario setzt sich den ganzen Film über fort. Immerzu müssen die Kinder Angst vor den Rotarmisten haben. Verzweifelt schlagen sie sich durch und ernähren sich von Heuschrecken, Fröschen und allem, was die rohe Natur hergibt. Bis zuletzt wird der Zuschauer nicht aus dem Grauen entlassen, das die Kinder völlig unschuldig durchleiden müssen. Und doch gibt der Film laut Auskunft des Regisseurs nur eine Ahnung von dem, was damals passiert sei: Viele der Schicksale, von denen er in Gesprächen mit Überlebenden erfahren habe, seien so schlimm und ergreifend gewesen, dass es für die Kinoleinwand zu hart gewesen wäre, so Ostermann gegenüber der dpa. Aber auch so hat der 35-jährige Filmemacher ein eindrucksvolles cineastisches Denkmal für die “Wolfskinder” gesetzt, die lange Zeit von der Geschichtsschreibung nahezu vergessen waren.

“Zeit der Kannibalen” (93 Min.) von Johannes Naber

Von Susanne Franz

“Dunkle Komödie” liest man im Abspann von “Zeit der Kannibalen” – na, eher ist das eine tiefschwarze Komödie. Wie ein Kammerspiel inszeniert – zwischen den Szenen erscheint immer wieder ein schwarzer Screen, als ob der Vorhang gefallen sei -, schreitet die Story, getragen von hervorragenden Schauspielleistungen, gnadenlos voran bis zum bitteren Ende.

Öllers (Devid Striesow) und Niederländer (Sebastian Blomberg) sind zwei knallharte Berater, die um die Welt reisen und im Interesse ihrer Firma, ohne mit der Wimper zu zucken, Menschen und Unternehmen ins Unglück stürzen. Als ihr ehemaliger Kollege Hellinger zum Partner gemacht wird und dann Selbstmord begeht und ihnen Bianca (Katharina Schüttler) geschickt wird, beginnen die Dinge aus dem Ruder zu laufen…

Ferner laufen:

“Das merkwürdige Kätzchen” (72 Min.) von Ramon Zürcher: Tragikomödie über einen Familienbesuch in Berlin. / “Die Frau hinter der Wand” (95 Min.) von Grzegorz Muskala: Horrorfilm ab 16. Ein junger Student in Berlin gerät in einen Strudel aus Sex und Gewalt. / “Ummah – Unter Freunden” (108 Min.) von Cüneyt Kaya: Ein verdeckter Ermittler des verfassungsschutzes mit Burnout-Syndrom findet Freunde in einem Kreis muslimischer Männer. / “Zwischen Welten” (102 Min.) von Feo Aladag: Ein Bundeswehrsoldat in Afghanistan gerät wegen der Freundschaft zu einem afghanischen Übersetzer in einen Gewissenskonflikt. / “Die andere Heimat” (331 Min.) von Edgar Reitz: Leben in einem Bauerndorf Mitte des 19. Jahrhunderts. / Kurzfilmprogramm “Next Generation Short Tiger 2014”. / Dokumentarfilm “Art War” (84 Min.) von Marco Wilms über den arabischen Frühling. Sehr sehenswert! / Film für die ganze Familie “Die schwarzen Brüder” (103 Min.) von Xavier Koller über Kinder im 19. Jahrhundert, die von ihren armen Tessiner Familien als Kaminfeger nach Mailand verkauft werden – und dann rebellieren. / Stummfilm “Das Cabinet des Dr. Caligari” (1920) von Robert Wiene mit Livemusik von Marcelo Katz und “Mudos por el Celuloide”, mit Unterstützung des Goethe-Instituts Buenos Aires.

Foto:
Zeki Müller (Elyas M’Barek) verschafft sich in der gefürchteten 10B mit einem Paintball-Gewehr Respekt: Szene aus der rundum gelungenen Komödie “Fack ju Göhte”.

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