Das Rezept der Unsterblichkeit

Quinos Mafalda wird 50 und ist so aktuell wie nie

Von Jannik Jürgens

mafalda
Vor 50 Jahren geboren und seitdem unsterblich: Mafalda. Das von Quino gezeichnete Mädchen weist mit viel Witz auf die Probleme der argentinischen Gesellschaft hin. Obwohl Quino, der mit bürgerlichem Namen Joaquín Salvador Lavado Tejón heißt, bereits 1973 aufgehört hat, Malfalda zu zeichnen, ist der Comic heute weltberühmt und brandaktuell. Was ist das Rezept für Mafaldas Unsterblichkeit?

Die Ausstellung “Mafalda en su sopa” in der Nationalbilbliothek in Recoleta geht dem Mafalda-Mythos auf den Grund. Von den Anfängen bis in die Gegenwart zeichnet die Ausstellung den Weg von Mafalda nach. Ihre Beliebtheit hat Mafalda der Genialität Quinos zu verdanken. “Leser ganz verschiedenen Alters und mit verschiedenen Hintergründen erkennen sich in Mafalda wieder. Das macht sie als Comic-Figur so einzigartig”, schreibt die Autorin Judith Gociol im Katalog der Ausstellung.

In erster Linie identifiziert sich die argentinische Mittelklasse mit Mafalda. Die Historikerin Isabella Cosse nennt dafür drei Gründe. “Erstens beschreibt Mafalda aus ihrer kindlichen Perspektive ganz genau die Widersprüche einer Gesellschaft, die sich verändert. Zweitens macht Mafalda auf den großen Unterschied zwischen der Realität und dem Idealbild, das die Mittelschicht von sich selbst hat, aufmerksam”, sagt Cosse. Drittens sorgt Mafaldas Witz in einer Gesellschaft, die sich durch alltägliche Gewalt bedroht fühlt, für so etwas wieSicherheit, sagt Cosse.

Paradoxerweise hat die Tatsache, dass Quino 1973 aufgehört hat, Malfalda zu zeichnen, zu ihrer Unsterblichkeit beigetragen. Der Perfektionist stellte fest, dass seine Cartoons sich wiederholten. Er wurde seinen eigenen Ansprüchen nicht mehr gerecht. Anstatt um jeden Preis weiterzumachen, hörte er auf dem Gipfel seiner Popularität einfach auf. Und sorgte damit dafür, dass sein Werk einfach verdammt gut blieb.

Der Militärdiktatur waren Quinos kritische und engagierte Comics ein Dorn im Auge. Wer, wie Mafalda, wütend Unrecht anprangerte, machte sich in einem Unrechtsstaat viele Feinde. Aber genau deswegen ist Mafalda so beliebt. In der Ära Menem wurde Mafalda aus einer anderen Perspektive gelesen. Das kleine, altkluge Schulmädchen war Balsam auf die vom Neoliberalismus geschundene argentinische Seele. Heute ist Mafalda aktuell, wenn sie Umweltverschmutzung und Politiker-Kauderwelsch anprangert.

Bleibt nur noch die Frage, warum Mafalda partout keine Suppe mag. Die Comic-Experten sind sich uneins. Interpretationen gehen von “weil Suppe dick macht” bis hin zur Suppe als Symbol für den Krieg und das Unrecht auf der Welt. Quino selbst sagte in einem Interview mit Público.es, dass die Suppe alle Zwänge repräsentiere, die der Gesellschaft auferlegt werden. Damit meinte der Zeichner die Militärdiktaturen, die die Argentinier in den 60er und 70er Jahren “schlucken mussten”.

Die Ausstellung in der Nationalbibliothek (Agüero 2502) ist nur noch dieses Wochenende zu sehen. Am Freitag von 9 bis 21 Uhr und am Samstag und Sonntag von 12 bis 19 Uhr.

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