Im Westen was Neues
Fotoinstitution C|O Berlin findet neues Zuhause im Amerika Haus
Von Nicole Büsing und Heiko Klaas
Das Berliner Amerika Haus in der Hardenbergstraße, nur einen Steinwurf vom Bahnhof Zoo entfernt, ist ein symbolkräftiger Ort. Errichtet im Rahmen der Internationalen Bauausstellung 1957 von dem Berliner Architekten Bruno Grimmek im Auftrag der United States Information Agency, hatte es jahrzehntelang nur eine Aufgabe: Die Deutschen mit Hilfe von Ausstellungen, Konzerten, Filmabenden und einer umfangreichen Bibliothek mit Lesesaal mit der amerikanischen Kultur bekannt zu machen. 2006 wurde es geschlossen und dem Land Berlin übereignet.
Das lichte Gebäude mit seiner modern gestalteten Mosaikfassade hätte wohl noch lange leer gestanden, wenn nicht die Fotoinstitution C|O Berlin, die seit dem Jahr 2000 im ehemaligen Postfuhramt in Berlin-Mitte residierte und dort mit Ausstellungen renommierter Starfotografen und junger Talente Jahr für Jahr mehr als 100.000 Besucher anzog, 2012 ihren Mietvertrag verloren hätte.
Auf der Suche nach einem neuen Standort stießen die Macher von C|O Berlin auf das Amerika Haus und folgen damit einem Trend, der seit einigen Jahren in der deutschen Hauptstadt zu beobachten ist: die Renaissance des alten West-Berlin. Gleich um die Ecke wurden denkmalgeschützte Gebäude wie das Premierenkino Zoo Palast und der Geschäfts- und Bürokomplex Bikini-Haus in den letzten Monaten mit großem Aufwand und viel Liebe zum Detail wiedereröffnet. Jetzt also auch das Amerika Haus.
Das Architektenteam stand vor keiner leichten Aufgabe. Durch zahlreiche Um- und Einbauten, abgehängte Decken und unansehnliche Bodenbeläge war das ursprüngliche Flair der filigranen 1950er-Jahre-Architektur verloren gegangen. Jetzt – nach fast zwei Jahren Bauzeit – wirkt der Komplex wieder licht und transparent wie am ersten Tag. Was man auf den ersten Blick nicht sieht, ist der technische Aufwand, der betrieben werden musste, um einen zeitgemäßen Museumsbetrieb zu garantieren, der auch anspruchsvollste internationale Leihgeber überzeugt. Brandschutz, Klima- und Sicherungstechnik sind auf dem neuesten Stand. Mit 2300 Quadratmetern Ausstellungsfläche ist C|O Berlin jetzt sogar noch rund 20 Prozent größer als am alten Ort.
Zum Einstand zeigt das als gemeinnützige Stiftung geführte Ausstellungshaus gleich vier Ausstellungen. Als Hommage an den Geist des Ortes darf die Schau „Ich war verliebt in diese Stadt“ mit 100 zwischen 1956 und 1963 entstandenen Aufnahmen des 1931 geborenen amerikanischen Fotografen Will McBride verstanden werden. Seine Fotografien zeigen Trümmerfrauen und Kriegsversehrte ebenso wie das neue Lebensgefühl einer von der Schwere der NS-Zeit befreiten lebenslustigen Jugend.
Die zweite große Eröffnungsschau „Magnum. Contact Sheets. The Photographer’s Choice“ widmet sich den mit Markierungen und Notizen versehenen Original-Kontaktbögen und damit einem fotohistorischen Roh- und Quellenmaterial, das im Zeitalter der Digitalfotografie obsolet geworden ist. Ikonische Bilder von weltberühmten Fotografen wie Robert Capa, Elliott Erwitt, Marc Riboud oder Thomas Hoepker werden im Kontext jener Aufnahmen präsentiert, die unmittelbar davor und danach entstanden sind aber wieder verworfen wurden. Der Betrachter wird hier zum unmittelbaren Zeugen des kreativen Auswahlprozesses im Fotolabor.
Eine kleinere Ausstellung zur Ästhetik des Fotoautomaten und eine Werkschau der 32-jährigen Leipziger Newcomerin Luise Schröder runden das ebenso vielfältige wie gelungene Eröffnungsprogramm ab.
- Neueröffnung: C/O Berlin im Amerika Haus
- Ort: Berlin, Hardenbergstraße 22-24
- Zeit: 31. Oktober 2014 bis 16. Januar 2015. Täglich 11-20 Uhr
- Kataloge:Magnum Contact Sheets/Kontaktbögen, Schirmer/Mosel Verlag, 524 S., 49,80 Euro
Will McBride, Berlin im Aufbruch, Lehmstedt Verlag, 168 S., 29,90 Euro - Internet
Fotos von oben nach unten:
C|O Berlin: Flaschenspiele im Strandbad Wannsee, 1958.
(© Will McBride)
C|O Berlin: Außenaufnahme Amerikahaus.
(© David von Becker)
C|O Berlin: Magnum Contact Sheets: Inge Morath, A Llama in Times Square, New York, USA, 1957.
(Foto: Magnum Photos)