Motorsport-Journalist und Entdecker

Pionier des Tourismus Federico B. Kirbus starb am 12. Dezember

Von Stefan Kuhn

FBK 11 (3) fDer langjährige Mitarbeiter der argentinischen Wochenzeitung in deutscher Sprache “Argentinisches Tageblatt” Federico Kirbus ist tot. Er starb am Samstag vergangener Woche im Alter von 84 Jahren in seinem Geburtsort Buenos Aires nach langer Krankheit – zweieinhalb Jahre nach seiner geliebten Ehefrau und Reisekameradin Marlú.

Dass Federico in seinem Geburtsort starb, ist ein wenig überraschend. Schon als Kleinkind siedelte er mit seinen Eltern nach Europa um, und als Auto- und Reisejournalist war er ein Weltenbummler. Noch vor zehn Jahren traf man ihn kaum in Buenos Aires an, er und Marlú waren ständig auf Entdeckungstour. Zudem lebte er lange Zeit zwischen zwei Welten: Argentinien und Deutschland.

1933 zog die Familie des am 14. Oktober 1931 geborenen Federico nach Europa. Sein Vater und sein Onkel betrieben später eine kleine Metallwarenfabrik in Oberschlesien. Dort, in Sachsen und im Bayrischen verbrachte er seine Kindheit. Er erzählte häufig von dieser Zeit, vom Bombenangriff auf Dresden oder davon, wie sein Vater und sein Onkel versuchten, die ihnen zugeteilten Zwangsarbeiter zu ernähren und zu beschützen. Diese Zeit hat ihn geprägt. Federico war ein weltoffener, sozialer und hilfsbereiter Mann, der für jeden ein offenes Haus und Ohr hatte. Ein Menschenfreund.

1948, noch vor der Gründung der Bundesrepublik, ging es zurück nach Buenos Aires. Federico leistete seinen Militärdienst in der argentinischen Armee ab. Er wurde Journalist und spezialisierte sich auf Motorsport. Federico Kirbus gehörte zu denen, über die man sagt, sie hätten Benzin im Blut. Schon als 24-Jähriger begleitete er die argentinische Rennsportlegende Juan Manuel Fangio und das Mercedes-Rennsportteam auf der Tour über die Rennstrecken der Welt. Er wurde Co-Autor einer Fangio-Biografie, schrieb auf Spanisch, Deutsch und Englisch für namhafte Zeitungen und Zeitschriften wie “La Nación”, die Schweizer “Automobil Revue” und das US-amerikanische Magazin “Car and Driver”.

FBK 1933 fDrei Jahre dauerte diese aufreibende Zeit an, in der Motorenlärm, Ölgeruch, der Gestank von abgeriebenem Gummi und schlechte Hotelbetten Federicos Leben dominierten. Ende der 50er-Jahre orientierte er sich neu. Dem Auto blieb er dabei treu: Er testete Neuwagen, schrieb Fahrberichte und reiste dementsprechend viel. Dieses “Reisen” gewann dabei mehr und mehr die Überhand, der fahrbare Untersatz, der dabei getestet werden sollte, wurde zum mehr oder weniger zuverlässigen Fortbewegungsmittel.

“Reisen” ist eigentlich das falsche Wort, Federico und Marlú, die er 1961 heiratete, “entdeckten”. Beide haben einen gewaltigen Beitrag zur Entwicklung des argentinischen Tourismus geleistet. Auf Federico Kirbus’ Beschreibungen hin, wurden Landschaften wie das “Tal des Mondes” (Valle de la luna) und die bizarren Felsen von Ischigualasto zu bekannten Reisezielen, die heute zum Unesco-Weltkulturerbe zählen. Kirbus erkannte auch als einer der ersten, welches touristische Potenzial in dem fast vergessenen Andenzug steckte, der zwischen dem argentinischen Salta und dem chilenischen Antofagasta verkehrte. Heute gehört der “Tren a las nubes”, der “Zug in die Wolken” zu den größten Touristenattraktionen Argentiniens.

Längst kein Geheimtipp mehr ist die “Ruta 40”, die sich über 5000 Kilometer entlang der Anden hinzieht. Sie führt von Feuerland über den Abra del Acay, den mit 5000 Metern über dem Meeresspiegel höchsten Straßenpass der Welt. Federico Kirbus hat sie mehrfach befahren und beschrieben. Sein Werk “Mágica Ruta 40” wurde zum Verkaufsschlager. Nicht ohne Stolz nannte es Federico seinen “Bestseller”.

Federico gehörte nicht zu dem Schlag der Reise- und Motorjournalisten, die Betten in Luxusabsteigen testen und mit den neuesten Autos durch das Land kutschieren. In den 60er-Jahren war die argentinische Tourismusbranche wie die Automobilindustrie in den Anfangsjahren. Man musste, so ein Freund und Kollege, “Draht, Zange, Taschenlampe und ein Überlebenspaket” dabeihaben. Als ich Federico einmal für eine geplante Tour auf einem Teilstück der Ruta 40 um Rat fragte, riet er mir, genug Wasser und einen zweiten Ersatzreifen mitzunehmen. Es war ein wertvoller Tipp. Wir brauchten das Wasser und beide Reifen.

Ranqueles marlu y fede fFederico Kirbus hat die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus in Argentinien früh erkannt und die Erschließung des Landes in Wort und Tat unterstützt. Es ging ihm aber in erster Linie um einen sanften Tourismus, der die Natur schonen und der indigenen Bevölkerung nutzen sollte. Seine und Marlús letzte große Reise ging 2009 nach San Luis, in ein touristisches Dorfprojekt der Ranquel-Indios.

Es wäre zu kurz gefasst, Federicos Wirken mit Reisen, Entdecken und Motorsport zu umschreiben. Er war so vielseitig interessiert und unter Argentiniens Schreibern ein gefragter Mann, wenn es um Luft- und Raumfahrt ging. Zudem beschäftigte er sich mit Geschichte und Archäologie. So suchte er unter anderem den genauen Ort der ersten Gründung von Buenos Aires und schrieb eine Biografie über Utz Schmidl, den Regensburger Landsknecht, der Chronist dieser Gründung war.

Federico Kirbus schrieb lange für viele argentinische Zeitschriften und Zeitungen. Etwa für die auflagenstarke Mitgliederzeitschrift des argentinischen Automobilclubs, die Nación oder den englischsprachigen Buenos Aires Herald. Dem Argentinischen Tageblatt blieb er am längsten treu. Bis vor wenigen Wochen schrieb er noch in seiner Muttersprache für die Zeitung. Federico betreute die Rubrik Auto und Motor, schrieb Berichte und Reportagen für Sonderausgaben der Zeitung. Nach dem Tod Marlús im April 2013 übernahm er deren Reise-Tipps. In den letzten Monaten wurde es weniger, er wurde weniger. Der Verlust seiner ein Jahrzehnt jüngeren Frau schlug sich gesundheitlich nieder. Am Samstag, dem 12. Dezember, starb er im Hospital Penna.

Fotos von oben nach unten:

Marlú und Federico auf Reisen.

Benzin im Blut: der zweijährige Federico mit einem Spielzeug-Bugatti.

Federicos und Marlús letzte große Reise ging 2009 nach San Luis, wo sie ein touristisches Dorfprojekt der Ranquel-Indios einweihten.

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