Die ganze Welt in einer Stadt
Eine weitere Ausgabe von BAFICI ging zu Ende
Von Michaela Ehammer
Große Begeisterung der Beteiligten, sorgsam und liebevoll gewählte Filme und ein Staraufgebot, das alle Erwartungen übertraf – das war das Filmfestival BAFICI 2016. Doch jetzt sind der Glanz und der Trubel um den Filmemarathon vorbei, das BAFICI-Fieber abgekühlt und Buenos Aires wieder in seinen Normalzustand zurückgekehrt. Überraschendes Auftreten einiger Filmschauspieler bei den letzten Aufführungen, ansehnliche Filme sowie haufenweise Gratis-Vorstellungen bildeten vergangenes Wochenende einen glamorösen Abschluss der 18. Ausgabe des internationalen Filmfestivals der unabhängigen Filme, welches vom 13. bis zum 24. April stattfand und die ganze Welt des Kinos in Buenos Aires vereinte.
So war etwa der offizielle Abschlussfilm “Miles Ahead” – eine Biografie der Jazzlegende Miles Davis im New York der 1980er Jahre – im Teatro Gran Rivadavia bis auf den letzten Platz ausverkauft. So wie einst der Musiker mit virtuosem Trompetenspiel die Herzen der Menschen im Sturm eroberte, machte ihm dies auch Juan Cruz de Urquiza bei seinem anschließenden Konzert – einer Homenage an Miles Davis – gleich.
Auf der Terrasse des Centro Cultural Recoleta bezauberten am Sonntag gleich drei Gratis-Vorführungen alle Altersklassen: Mit “Hacelo Corto” waren verschiedene Kurzfilme vertreten, der BAFICITO-Beitrag “Wallace & Gromit” begeisterte Kinder und Familien, und als krönender Abschluss glänzte “Michael Jackson‘s Journey from Motown to off the Wall” für alle Musikfans auf der Leinwand.
Auch Peter Bogdanovichs Film “The Last Picture Show” aus dem Gastland USA sorgte am Sonntagabend für einen gefüllten Kinosaal bei der letzten Vorstellung im Cine Gaumont. Herzhaftes Lachen, pures Staunen und quälendes Mitgefühl des Publikums füllte in diesen zwei Stunden den Raum.
Für ein ganz besonderes und unvergessliches Erlebnis mit Gänsehautfeeling sorgte zudem am Sonntag ein Klassiker von Leonardo Favio im Malba, bei dem die Filmliebhaber nicht nur einen Schwarzweißfilm mit der unverwechselbaren Graciela Borges sehen konnten, sondern die Grande Dame höchstpersönlich vor Ort war. Wie im gezeigten Film “El dependiente” aus dem Jahre 1969 brillierte sie auch am Abend vor den Zuschauern in einem bezaubernden und eleganten Outfit in Schwarz und Weiß – von der Begeisterung des Publikums zu Tränen gerührt.
Am Samstag waren bereits die strahlenden Sieger gekürt worden. Als großer Hauptdarsteller des 18. BAFICI ging das argentinische Kino im Allgemeinen hervor – es räumte einen Preis nach dem anderen ab. Triumphierender Film des Festivals: “La larga noche de Francisco Sanctis” von Andrea Testa und Francisco Márquez. Der argentinische Film gewann unter anderem mit Diego Velazquez den Preis für den besten Hauptdarsteller, den Publikumspreis sowie zwei weitere inoffizielle Preise (SIGNIS und FEISAL) und sorgte mit einem Sieg in der Kategorie “Bester internationaler Film”, bei der 17 internationale Filme ins Rennen gingen, für die große Überraschung. “La larga noche de Francisco Sanctis” offenbart uns, dass wir unser Schicksal oftmals selber in der Hand haben. Eines Nachts, während der Militärdiktatur, erreichen den bescheidenen Familienvater Informationen über bevorstehende militärische Operationen. Soll Francisco sein eigenes Leben für Fremde riskieren?
Der Preis für den besten Regisseur in der gleichen Kategorie ging an den Ägypter Tamer El Said für sein Werk “In the last days of the city”. Der Film spielt in Kairo, im Jahre 2009, und erzählt die Geschichte von Khalid. Während der Mann dem Verlust seines eigenen Lebens begegnet, versucht er einen Film über die Schwierigkeiten und Schönheiten des Lebens zu drehen.
“Primero Enero” von Darío Mascambroni ist stolzer Gewinner bei einem Preisgeld von 150.000 Pesos der Kategorie “Bester argentinischer Film”. Als “Bester Regisseur” in derselben Kategorie wurde Melisa Liebenthal für ihren Film “Las Lindas” mit einer Prämie von 40.000 Pesos ausgezeichnet.
Als “Bester lateinamerikanischer Film” geht der kolumbianisch-spanische Beitrag “Inmortal” von Homer Etminani hervor und als “Bester Regisseur” in derselben Kategorie wird die Argentinierin María Aparicio für ihren Film “Las Calles” ausgezeichnet. “A Maid for Each” vom Libanesen Maher Abi Samra gewann den Preis “Bester Film – Kategorie Menschenrechte”, und als bester Kurzfilm in der Kategorie “Avantgarde und Geschlecht” wurde “Vintage Print” des Österreichers Siegfried Frühauf von der Jury erkoren.
Das BAFICI lebt seine Tradition, aber es liebt auch den permanenten, jährlichen Neuanfang. So dürfen wir in dieser Ausgabe auf einige Veränderungen zurückblicken: Die Kategorie “Lateinamerika” mit acht herausfordernden Filmen wurde ins Leben gerufen, zahlreiche neue, bisher verborgene Spielstätten wurden für das Filmfestival entdeckt, die Kinobegeisterten durften sich in diesem Jahr wieder über 12 Spieltage freuen und vieles mehr. Lasst uns also gespannt sein darauf, was uns das nächste BAFICI – neben einem Meer aus Blitzlichtern und neuen prominenten Gästen – sonst noch alles bietet, wenn es wieder heißt: Buenos Aires kleidet sich in Filme.
Foto:
Nach dem Abschlussfilm “Miles Ahead” von Don Cheadle sorgte ein Konzert mit Juan Cruz de Urquiza für gute Stimmung.
(Foto: BAFICI)