Kosmische Ordnung und kreatives Chaos

Ernesto Pesce lädt Alejandro Scasso zum Künstlerdialog

Von Susanne Franz

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Ritterschlag für Alejandro Scasso: Der argentinische Künstler wurde von seinem renommierten Kollegen, dem hoch angesehenen Maestro Ernesto Pesce, eingeladen, im dritten Künstlerdialog des Kunstraumes “Modos” der Stiftung vittal sein Partner zu sein. Der jüngere Maler lebte 20 Jahre in Deutschland und ist erst seit wenigen Jahren wieder zurück in seiner Heimatstadt Buenos Aires, in der er einst seinen künstlerischen Weg u.a. mit Lehrmeistern wie Jorge Demirjian einschlug.

Auf den ersten Blick könnten die beiden Maler kaum unterschiedlicher sein. Pesces Werke sind voller Ruhe und Gelassenheit – die beiden großformatigen Bilder im Eingangssaal der Galerie zeigen das um 1200 entstandene Fußbodenlabyrinth der Kathedrale von Chartres, von deren Baumeister es keine Überlieferung gibt, umgeben vom Pesce’schen Kosmos, in dem dieser unbekannte Architekt laut Bildtitel gesucht wird. Scassos Bilder sind voller wilder, ungestümer Farben, wobei die bei ihm typische Zweigeteiltheit der Werke in organische, zellenartige Flächen und kühle, abstrakte Zonen sich zu seiner unverwechselbaren künstlerischen Sprache verdichtet.

Den beiden Werken Pesces hängen fünf mittelgroße Bilder Scassos gegenüber, und den zweiten Saal der Galerie hat der Jüngere ganz für sich allein. Jedes Werk Scassos überrascht durch seine Kreativität, aber hier bestechen ganz besonders zwei riesige neuere Werke mit Farbskalen, die den Pinselstrichen in Schwarz-Weiß, den wabernden organischen und den nüchternen abstrakten Flächen noch eine weitere Wendung verleihen.

Betritt man zuletzt den Patio der Galerie und geht links in einen kleineren Raum, kann man dort neun kleine erotische Zeichnungen Pesces bewundern sowie eine Mappe mit weiteren, nicht gerahmten Bildern der Serien, die an einem japanischen Mythos und dem Ulysses inspiriert sind. In einer schwarze Mappe kann man durch Studien von Alejandro Scasso hindurchblättern, von denen er Hunderte herstellt, aus denen er dann seine Bilder synthetisiert. Neben dem reinen Kunstgenuss kann man hier auch eine Menge über die beiden Künstler lernen.

Und was den Dialog betrifft: Hier treffen sich zwei wundervolle Künstler, deren Werke ganz hervorragend miteinander kommunizieren, ohne dass sie viel mehr miteinander gemeinsam haben müssten als Neugierde, Schaffensfreude und natürlich ein riesiges Talent. Spielerisch spricht hier das Chaos als Ursprung der Kreativität mit der kosmischen Ordnung, in die alles Schaffen fließt.

Eine besonders gelungene Ausstellung, die man noch bis zum kommenden 22. Juli bewundern kann! Öffnungszeiten sind dienstags bis samstags von 14 bis 22 Uhr (Espacio Modos, Honduras 5041, Palermo, Buenos Aires).

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Fotos von oben nach unten:

Fruchtbarer Dialog: Ernesto Pesce (links) und Alejandro Scasso vor einem Werk Pesces…

…und vor einem Werk Scassos.

(Fotos: Pato Parodi)

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