Himmel und Hölle
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Mauro López’ Fotoausstellung „Brillos & Silencios“
Von Susanne Franz
Ein Blatt Papier, mehrfach gefaltet, wird zum Himmel-und-Hölle-Spiel. Kleine Hände erforschen die komplexen Möglichkeiten des Gebildes, be-greifen es. Nehmen es auseinander, glätten liebevoll die zerknitterte Oberfläche und basteln es wieder zusammen. Kleine Augen gucken es aus verschiedenen Richtungen und Entfernungen an. Von nahem ist es ganz groß; wenn man die Augen zu Schlitzen zusammenkneift, sieht man es verschwommen. Wenn man den Kopf zur Seite legt, sieht es aus wie ein Satellit, der durch das Weltall saust.
Mauro López zeigt in seiner Fotoserie „Brillos & Silencios“ Objekte der Kindheit, wie er sie wahrgenommen hat, als er selbst Kind war. Die Farbe, der Glanz einer Sache hat Bedeutung, der individuelle Blickwinkel der Vergangenheit. Die Funktion des jeweiligen Spielzeugs ist Nebensache. Man sieht Details. Die Fotos sind eine Interpretation des damaligen Moments. Die Gefühle, die mit dem Spielzeug assoziiert wurden, kommen hoch. Das betonen auch die Titel der Bilder: „Sueño“ („Ich träume“ oder „Traum“), „Navego“ („Ich segle“), „Vuelo“ („Ich fliege“ oder „Flug“) – oder „Miedo“ (Angst).
Es ist nicht irgendeine Kindheit, die hier erzählt wird, sondern eine, in der es besonders nötig war, im Glanz der Weihnachtskugeln Trost zu finden. Es ist die Geschichte von jemandem, der während der Militärdiktatur Ende der 70er-Jahre in Argentinien Kind war, und der heute Worte und Bilder für die Angst sucht, die er damals in sich und um sich gespürt hat, für die er aber keine Worte hatte.
Die poetische Schönheit der Bilder macht traurig und betroffen, denn sie zeigt die Zerbrechlichkeit von Kindern in Situationen, denen sie – im wahrsten Sinne des Wortes – nicht gewachsen sind.
(Bis 6. März im Saal 7 des Centro Cultural Recoleta, Junín 1930.)
Der Artikel erschien im “Argentinischen Tageblatt” vom 19.2.2005.