Von Fehmarn in die Pampa

Die argentinische Künstlerin María Elena Mackeprang und ihre Vorfahren

Von Marcus Christoph


Starke Blautöne: Meer, Küste, weiter Horizont, dazu noch einige Boote. Die Bilder könnten eigentlich die Ostseeinsel Fehmarn darstellen, denke ich, der ich mehrere Jahre als Lokalredakteur beim Fehmarnschen Tageblatt gearbeitet habe. Ich bin auf der Kunstmesse EGGO im Kulturzentrum Recoleta von Buenos Aires, wo rund 300 argentinische Künstler an die 1000 Werke präsentieren. Ich schlendere durch den Ausstellungsraum einer Künstlergruppe aus der Kleinstadt Coronel Suárez im Süden der Provinz Buenos Aires, als die erwähnten Exponate, die mich so sehr an meine Heimatregion an der Ostsee erinnern, meinen Blick fesseln.

Ich traue meinen Augen kaum, als ich auf der Infotafel neben den Bildern auch noch einen Namen lese, der wie nur wenige andere mit Fehmarn verbunden wird: Mackeprang, María Elena Mackeprang, so heißt die Malerin, von der die maritimen Pinselstriche stammen. Wie kann das sein? Schließlich sind die Ostseeinsel und die Kleinstadt Coronel Suárez im Süden der Provinz Buenos Aires bestimmt 12.000 Kilometer voneinander entfernt. Wie groß kann der Zufall sein? Viele Verbindungslinien hätte man ja eigentlich nicht erwarten dürfen. Ich habe mir jedenfalls vorgenommen, die Frage zu klären, wie der klassische Fehmarn-Name Mackeprang in die argentinische Pampa gekommen ist. Letzteres ist übrigens nicht abwertend gemeint, sondern bezeichnet die Grassteppe am Río de la Plata.

Der Kontakt ist relativ leicht hergestellt. Auf der Kunstmesse erhalte ich von der Künstlergruppe “Isidoro Espacio de Arte” die nötigen Daten. Und gleich in der ersten E-Mail bestätigt María Elena meine Ahnung: Ihre Vorfahren stammen ursprünglich von Fehmarn. Das ist für mich spannend genug. Ich beschließe, mit dem Nachtbus von Buenos Aires ins 450 Kilometer entfernte Coronel Suárez zu fahren, eine Kleinstadt mit rund 40.000 Einwohnern, bekannt für seine exzellenten Polo-Spieler und mehrere Kolonien von Wolgadeutschen – aber das sind andere Geschichten.

Die Gegend ist von der Landwirtschaft geprägt. Flaches Weide- und Ackerland, weit hinten im Westen erhebt sich am Horizont die Bergsilhouette der Sierra de la Ventana. Der Ort selber ist wie viele andere Städte in Argentinien schachbrettartig angelegt. Im Zentrum ein großer parkähnlicher Platz, an dem sich auch die wichtigsten Gebäude wie Kirche, Rathaus und Geschäfte befinden.

Nicht weit davon entfernt befindet sich das Künstlerhaus “Isidoro”, benannt nach Manuel Isidoro Suárez, dem Freiheitskämpfer und Namensgeber der Stadt. Die Einrichtung wurde vor vier Jahren von der Malerin Sonia Gómez de Carrique ins Leben gerufen und bietet Künstlern aus der Region Gelegenheit, ihre Werke auszustellen. Unter ihnen auch María Elena Mackeprang.

In einem Raum voller Bilder sitzt mir die 68-Jährige bei einer Tasse Kaffee gegenüber. Voller Neugierde möchte ich nun die Frage klären, wie die Mackeprangs bis nach Argentinien gekommen sind. “Ja, es stimmt. Die Urväter sind von Fehmarn. Wehrhafte Leute, die schon im Mittelalter für die Freiheit der Insel kämpften”, erläutert die Künstlerin, die einen Stammbaum ihrer Vorfahren dabei hat. Diesen hat ihr vor einigen Jahren ihr Namensvetter Michael Mackeprang, wohnhaft in Burg auf Fehmarn, zugesandt. Ein Familienforscher, der im Jahr 2000 Kontakt zu dem Familienzweig in Argentinien aufnahm.

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Bewusstseinserweiterung mit Elektroklängen

Fundación Lebensohn fördert Respekt und Solidarität durch kulturelle Projekte / DJ Electromcfly zu Gast

Von Michael Krämer

Plötzlich tritt Musik an die Stelle des Lichtes. Elekronische Bässe ertönen im nun abgedunkelten Ausstellungsraum der NGO Fundación Lebensohn. Einige Sekunden später blitzen neonfarbene Zeichnungen auf und fixieren die Blicke der Besucher auf der Videoleinwand hinter dem DJ-Pult.

Das ungewöhnliche Szenario ist Teil einer kulturellen Serie, die verschiedene Kunstformen miteinander verschmelzen lässt. Am Freitag trafen experimentelle Musik und bildende Kunst aufeinander, DJ Electromcfly war zu Gast. “Wir fanden es interessant, einen Dialog zwischen verschiedenen Disziplinen zu schaffen und laden immer wieder verschiedene Künstler aus allen Bereichen der Musik ein”, sagt Mitarbeiterin Verónica Kaplansky.

Die Fundación Lebensohn im Stadtteil Barracas wurde im Jahr 2002 mit dem Ziel gegründet, ein friedliches, tolerantes Zusammenleben zu fördern und sich gegen jegliche Form der Gewalt und Diskriminierung einzusetzen. Durch vielfältige kulturelle Ausdrucksformen soll in der Gesellschaft das Bewusstsein für Toleranz, Vielfalt, Respekt und Solidarität erhöht werden.

Zwar erschienen am Freitag nur rund 50 Zuschauer, doch Kaplansky war zufrieden. “In den Ferien ist es immer etwas leerer. Wir freuen uns über jeden Besucher. Der Eintritt ist frei, wir bitten bloß um eine kleine Spende in Form von Lebensmitteln, die wir für unsere anderen Projekte wie die Workshops in zeitgenössischer Kunst, Yoga, Zeichnen oder Theater nutzen können oder an Kantinen spenden.”

Kalender / Agenda

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Ausstellungskalender 05/01/2013-12/01/2013

Von Susanne Franz

Im ehemaligen deutschen Brauhaus “Munich” (Av. de los Italianos 851, Puerto Madero, Buenos Aires), wo sich jetzt der Sitz der Direktion der Museen von Buenos Aires befindet, wird die musikalische Show “Casting” aufgeführt, mit klassischen Stücken, Evergreens aus Europa und Amerika von Anfang des 20. Jahrhunderts sowie Tangos und Milongas. Das Publikum ist eingeladen, mitzusingen und zu tanzen – oder auch einfach nur zuzuhören. Darüber hinaus kann man Köstlichkeiten der deutschen Küche probieren, zum Tee oder zu einem kühlen Bier.

Ab Sonntag, 6. Januar, sonntags um 18 Uhr; Zugang hat man mit der Eintrittskarte zur “Munich” von 10 Pesos. Gesang: Silvia Antonic, Celina Torres und Antonio Seoane, Piano: Carlos Koffman.

Die Ausstellungen der Woche:

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Agenda / Kalender

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Agenda de Muestras 05/01/2013-12/01/2013

Por Susanne Franz

En el Edificio de la ex Cervecería alemana “Munich” (Av. de los Italianos 851, Puerto Madero, Buenos Aires), ahora sede de la Dirección General de Museos de Buenos Aires, se presenta “Casting”, un espectáculo con música clásica, melodías de la primera mitad del siglo XX de América y Europa y tangos y milongas tradicionales, para cantar y bailar o simplemente para escuchar. Además el público podrá disfrutar de exquisiteces de la gastronomía alemana acompañadas con un té o una helada cerveza.

A partir del 6 de enero, los domingos a las 18 horas; acceso con la entrada al Edificio de la Munich de $10. Canto de Silvia Antonic, Celina Torres y Antonio Seoane, Carlos Koffman en piano.

Las muestras de la semana:

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Welche Farbe hat der Zeitgeist?

Deutsch in Buenos Aires, 4.1.2013

Von Uwe Schoor

Die Firma Pantone hat
Smaragdgrün zur Farbe des Jahres
2013 gekürt – und alle Welt folgt.
(Die Zeit)

Das gilt offensichtlich nicht für Buenos Aires.

Qualitätsstrategie?

Planet Erde, bitte melden!

Von Friedbert W. Böhm

Es gibt einen Planeten im Sonnensystem, der eine unglaubliche Vielfalt von Lebensformen beherbergt. Viele davon sind weltgeschichtlich jüngeren Datums. Andere Arten haben in –zig Millionen Jahren Daseinsformen entwickelt, die sie praktisch unangreifbar machen.

Dazu gehören die Ameisen. Es gibt hunderte von Variationen davon. In einigen Charakteristiken aber gleichen sie sich: Ihre Gesellschaften sind absolut autoritär; alle Mitglieder ordnen ihre eigenen Interessen denen der Königin unter. Es sind Klassengesellschaften. Alle Ameisen werden zu Arbeiterinnen, Pflegerinnen, Kundschafterinnen oder Soldatinnnen geboren oder bestimmt (die Ameiseriche spielen eine vergessenswerte Rolle) und bleiben dies, bis das System anders entscheidet. Das System arbeitet mit chemischen Codes, welche die jeweilige Tätigkeit jeder Ameise bestimmen. Und die letzte – und vielleicht ausschlaggebende – Charakteristik der Ameisen ist, dass sie eine extreme Quantitätsstrategie verfolgen. Sie haben so viele Nachkommen, dass der Verlust einiger Zehntausend davon den Erfolg ihrer Gesellschaften kaum beeinträchtigt.

Auf jenem Planeten gibt es eine andere, jüngere, jedoch ähnlich erfolgreiche Art, die Menschen. Der Mensch allerdings verdankt seinen Erfolg einer Strategie, die derjenigen der Ameise diametral entgegengesetzt ist. Er setzte von jeher auf Qualität. Er entwickelte ein Großhirn, das jedem Individuum erlaubte, sich in gewissen Grenzen auf die unvorherzusehenden Umweltsituationen einzustellen. In seinen Gesellschaften konnte zwar nicht Jeder tun, was ihm gerade in den Sinn kam, aber es gab ausreichende Spielräume für individuelle Lebensgestaltung. Der hierfür erforderliche Raum war meistens gegeben, denn Menschen haben wenige Nachfahren, um welche sie sich intensiv zu kümmern haben. Wenn irgendwann oder irgendwo die Größe einer Gesellschaft den Raum – die natürlichen Ressourcen ihres Territoriums – zu sprengen drohte, verringerte diese die Zahl ihrer Mitglieder. Durch Kriege, Auswanderung, Kindstötung oder Zölibat. So eroberte der Mensch den Planeten, machte sich die meisten anderen Lebewesen untertan oder rottete sie aus. Mit Ausnahme natürlich der Ameisen.

Der Mensch hatte keine natürlichen Feinde mehr. Also hatte er sich irgendwann trotz seiner geringen Fruchtbarkeit derartig vermehrt, dass neue geeignete Lebensräume nicht mehr zur Verfügung standen. In der winzigen Zeitspanne eines Jahrhunderts hatte sich seine Zahl mehr als verdreifacht. An manchen Orten rotteten die Menschen sich enger zusammen als die Ameisen in ihren Burgen (etwa 4-5 pro Quadratmeter auf manchen Demos, auf manchen Sport- oder Musikveranstaltungen; wenn sie sich wie die Ameisen horizontal bewegt hätten, wäre nur Platz gewesen für 1 1/2). Und Ameisenburgen immer ähnlicher wurden auch ihre Wohn- und Arbeitsstätten.

Da war es nicht mehr möglich, jedem Einzelnen Ermessensspielräume aufrechtzuerhalten, wie die Qualitätsstragegie des Menschen das erfordert hätte. Man kannte sich ja kaum noch. Wie sollte man wissen, wem welche Aufgaben, welche Kompetenzen anvertraut werden konnten? Bei der großen Zahl und Vielfalt der zur Befriedigung der Massen herzustellenden Produkte und Dienstleistungen waren außerdem immer mehr Individuen in einen Arbeitsprozess einzuschalten. Und die Individuen wechselten ständig, da die Mobilität der Menschen durch technische Fortbewegungsmittel ungeheure Ausmaße angenommen hatte.

Systeme mussten also ersonnen werden. Als erste große Erfindung galt das Fließband. Nun war es kein Handwerker mehr, der ein Produkt herstellte, sondern Dutzende von austauschbaren Arbeitern, die jeweils nur einen winzigen, immer gleichen Teil des Prozesses bewerkstelligten. Dann wurden die Meisten von ihnen durch Roboter ersetzt, welche dieselbe Arbeit schneller erledigten, ohne Lohnforderungen. Auch Lagerarbeiter und Stauer wurden kaum mehr benötigt, da ein System von Containern, Gabelstaplern und automatischen Hochregallagern sie erübrigte.

Viele der ehemaligen Arbeiter wurden zu Angestellten. Sie verkauften Waren und Versicherungen, schrieben Briefe, beantworteten Telefonanrufe, rechneten Spar- und Stückzinsen, bedienten Additions- und Buchungsmaschinen. So viel Hand- und Kopfarbeit war teuer. Das System zögerte nicht, sie zu ersetzen. Erst elektrische, dann elektronische Automaten erleichterten, beschleunigten und verbilligten damit die Büroarbeit. Dann übernahmen Computer alle stereotypen Schritte: Zinsrechnung, Abrechnung von Geschäftsvorfällen, Buchhaltung, periodische Mitteilungen an Kunden und Geschäftsfreunde.

Das stieß zunächst auf die Schwierigkeit, dass auf Seiten des Publikums dem komplizierten, hoch differenzierten und effizienten Output der Unternehmen und Behörden Leute gegenüberstanden, die an persönliche Beratung gewöhnt waren und handschriftliche Briefe schickten. Der PC schaffte hier Abhilfe sowie das Internet. Zuerst gewöhnten sich die durch interessante Spiele geköderten Kinder ans neue System. Dann auch die Älteren, die ihren Enkeln nicht nachstehen wollten.

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Zwischen Einzeller und Universum

Das Bucerius Kunst Forum in Hamburg wagt eine Neubewertung des chilenischen Malers Matta

Von Nicole Büsing und Heiko Klaas


Seine Bilder sind raumgreifend in vielerlei Hinsicht. Zum einen bevorzugte Matta fast durchweg das große, ja das ganz große Format. Seine Gemälde sind mit Breiten von bis zu sieben Metern so groß, dass sie nur als aufgerollte Leinwände von einem Ort zum anderen transportiert werden können. Zum anderen aber konstituieren sich auf seinen Bildern Raumsichten, die weit über die gewohnten Dimensionen eines konventionellen Landschaftsgemäldes hinausreichen. Matta entwirft ins Unendliche ausgedehnte Räume, die die Bildwelten des Elektronenmikroskops mit denen des Weltraumteleskops verbinden. Vom Einzeller bis zum Universum, vereint er die unterschiedlichsten Wirklichkeitsebenen auf einer Leinwand, zusätzlich angereichert mit phantastischen und surrealen Elementen, technischen Apparaturen und Andeutungen menschlicher Figuren.

Explodierende Raumkörper, durch den Kosmos driftende Wände, Decken und Böden, bizarre Fluggeräte neben Ampullen, Retorten, Robotern und überdimensionalen Nervenzellen. Das alles vor schlammig nebulösen Hintergründen, die immer wieder von grellen, signalartigen Farbexplosionen durchstoßen werden. Mattas Bilder sind ebenso phantastisch wie apokalyptisch, ebenso visionär wie desillusionierend. Die konkreten Schrecken des Zweiten Weltkrieges und der Konzentrationslager scheinen da ebenso durch wie diffuse Horrorszenarien einer zukünftigen Welt, in der Mensch und Technik, Individuum und Maschine zu hybriden Mischwesen verschmelzen.

Der 1911 in Santiago de Chile geborene Maler, der seit seinem Umzug nach Paris mit 22 Jahren bis zu seinem Tod 2002 in Italien zum nomadisierenden Exilanten und Kosmopoliten wurde, nahm insgesamt dreimal an der documenta teil. Er stellte im New Yorker Museum of Modern Art ebenso aus wie auf der Biennale von Venedig. Sein Leben spielte sich zwischen Paris, New York und Rom ab. Längere Aufenthalte in Mexiko und Havanna kamen hinzu. Nach Chile ist der stets politisch links engagierte Künstler nach dem Militärputsch 1973 nicht mehr zurückgekehrt. Die von Naturgewalten geformten, überaus vielfältigen Landschaften seines südamerikanischen Heimatlandes zwischen Wüsten und Hochgebirge, Gletschern und Geysiren jedoch finden in seinen surrealen Panoramen ganz eindeutig ihren Niederschlag.


Roberto Sebastián Antonio Matta Echaurren, der sich auf Anraten seines Künstlerkollegen Salvador Dalí schlicht Matta nannte, ist in Deutschland immer noch relativ unbekannt. Das Hamburger Bucerius Kunst Forum möchte das nun ändern. Die als konzentrierte Retrospektive angelegte Schau “Matta. Fiktionen” versammelt rund 40, meist großformatige Gemälde aus allen Schaffensphasen des Künstlers. Um die suggestive Leuchtkraft und die räumliche Tiefe seiner Gemälde zu betonen, hat man sich im Bucerius Kunst Forum dazu entschlossen, Mattas Werke auf komplett schwarzen Wänden zu präsentieren. Außerdem wurden teils geschwungene Wände eingebaut, die es ermöglichen, auch die Leinwände auf nach innen gewölbten Keilrahmen zu präsentieren, was vielen Bildern eine zusätzliche Sogkraft verleiht.


Jedes seiner Werke sei “ein Fest, auf dem alle glücklichen Zufälle versammelt sind, eine Perle, die wie ein Schneeball in allen physischen und geistigen Lichtern zugleich strahlt”, sagte André Breton, der Vordenker der Surrealisten, über Matta. Zunächst begeistert von der surrealistischen Gruppe aufgenommen, distanzierte sich diese später von ihm. 1948 erfolgte der Ausschluss. Matta, der immer auch das politische Weltgeschehen, das Schicksal des Menschen und neueste naturwissenschaftliche Erkenntnisse in seinen Bildern reflektierte, hatte sich in den Augen der Surrealisten wohl zu stark von den Tiefen und Untiefen des Unbewussten und der Abstraktion entfernt. Er selbst stilisierte sich fortan zum Außenseiter. Eine Position, der er jedoch durchaus positive Aspekte abgewann: “Es gibt eine Logik des Außenseiters, des Ausgegrenzten. Er muss andere Wege erfinden, und das drängt ihn zum Abenteuer.”

  • Ausstellung: “Matta. Fiktionen”
  • Ort: Bucerius Kunst Forum, Hamburg
  • Zeit: bis 6. Januar 2013. Täglich 11-19 Uhr. Do 11-21 Uhr
  • Katalog: Hirmer Verlag, 196 S., 24,80 Euro in der Ausstellung
  • Webseite

Fotos von oben nach unten:

Ausstellungsansicht “Matta. Fiktionen”.
(Foto: Ulrich Perrey)

“Théorie de l’Arbre”, 1941, Privatsammlung.

“L’Impencible”, 1957, Privatsammlung.

“Les Plaisirs de la présence”, 1984, Privatsammlung.

Ohne Titel (Les oh! Tomobiles), um 1972, Fondazione Echaurren Salaris, Rom.

Ausstellungsansicht “Matta. Fiktionen”.
(Foto: Ulrich Perrey)

Deutsche in Argentinien

Warum man heute am Río de la Plata kaum noch Deutsch hört

Von Friedbert W. Böhm

In den 60ern des vorigen Jahrhunderts machten sie noch eine recht sichtbare Minderheit in der Bevölkerung aus. Wenn ich mich recht erinnere, wurde von zwei Millionen Deutschsprechenden bzw. -stämmigen gesprochen. In manchen Nachbarschaften von Groß-Buenos Aires konnte man an jeder zweiten Ecke auf Deutsch einkaufen. Es gab zwei deutsche Tageszeitungen. In der deutschen Bank, in der ich damals arbeitete, sprach die Mehrzahl der mittleren Führungskräfte Deutsch und viele einfache Mitarbeiter verstanden es zumindest. Auch etliche einheimische Kunden schätzten es, auf Deutsch angesprochen zu werden. Bei Manchen herrschte eine noch bräunlich gefärbte, ziemlich irritierende Deutschtümelei.

Damals lebten noch einige der nach der Absetzung des Kaisers vor den Sozialisten Geflohenen. Die in den 30ern vor den Nazis und nach 1945 vor den Alliierten Geflohenen waren in den besten Jahren. Beinahe alle hatten eine neue Existenz aufgebaut, einige viel Geld gemacht.

Neue Einwanderer kamen nicht dazu. Es gab keinen Grund mehr, aus Deutschland zu fliehen. Dennoch blieb die deutsche Gemeinschaft (“Kolonie” sagte man) lebendig. Zahlreiche im Wirtschaftswunder erstarkte deutsche Firmen ließen sich im Land nieder. Ihre Vertragsleute belebten die deutschen Schulen, Vereine und Geschäfte. Sie schätzten diese Infrastruktur, denn man flog damals nicht alle paar Monate nach “drüben”, das Telefon funktionierte miserabel, es existierte keine Deutsche Welle, und Facebook und Skype natürlich auch nicht. Allerdings blieben diese Leute meist nicht lange. Nach ein paar Jahren lockten andere, interessantere Bestimmungen.

Inzwischen hatte sich die Reihe der alten Einwanderer sehr gelichtet. Die meisten ihrer Nachkommen sprachen kaum noch Deutsch. Es gab nun auch weniger materiellen Anlass dazu, denn in der Wirtschaft wurde die Sprache immer seltener nachgefragt. Etliche deutsche Firmen hatten sich angesichts der wenig erfreulichen Entwicklung des Landes zurückgezogen. Andere, die großen, hängten ihre Argentinienfilialen an Brasilien oder die USA an, wo Deutsch keine Rolle spielte. Oder sie führten ohnehin im Zuge der Globalisierung Englisch als Konzernsprache ein.

Nicht einmal für die wenigen Deutschstämmigen, die sich – zuweilen in dritter Generation – ein makelloses Deutsch bewahrt hatten, gab es noch genug gute Arbeitsplätze. Wenn sie konnten, wichen sie in das Land ihrer Vorfahren aus oder ein sonstiges europäisches oder nordamerikanisches.

So kam es, dass die deutschen Geschäfte verschwanden, dass man in den Vereinen kaum noch Deutsch hört und sehr lange suchen muss, um irgendwo Königsberger Klopse oder Leberkas vorgesetzt zu bekommen. Die von Zuhause mitgebrachten Deutschkenntnisse von Schulanfängern dürften heutzutage so dürftig sein, dass Lehrern, die sie zum Sprachdiplom führen, allerhöchste Anerkennung gebührt.

Das muss aber nicht so bleiben. Die Welt ist leider nicht mehr so, wie sie zu Zeiten des Wirtschaftswunders oder noch vor 30 Jahren war. Milliarden Osteuropäer und Asiaten, ehemals Sklaven ihrer Regierungen, tummeln sich jetzt in der globalen Wirtschaft. Dort ist ein Mittelstand von intelligenten, gut ausgebildeten, disziplinierten und sehr fleißigen Leuten im Entstehen, der mit Recht seinen Teil am Weltwohlstand einfordert. Zwar ist Wirtschaft kein Nullsummenspiel – an neuen Geschäften pflegen Verkäufer und Käufer zu verdienen -, aber wenn wegen geringerer Lohnkosten viele Betriebe von Westen nach Osten wandern, kann das nicht ohne Auswirkungen auf den westlichen Wohlstand bleiben.

Natürlich weiß man das seit Jahrzehnten. Politiker wären das aber nicht, wenn sie nicht jede Aussicht auf Einschränkungen vor ihren Wählern verbergen würden. So überhäufte man die Bürger mit Geld und Krediten, damit sie sich weiterhin Dinge leisten konnten, die aus ihrem echten Einkommen nicht mehr finanzierbar gewesen wären. Seit diese Methode 2008 sich als kontraproduktiv erwies, leiden die Industriezentren von Griechenland bis USA.

Dabei hat sich Deutschland gut gehalten. Einerseits natürlich wegen seiner gesunden Unternehmensstruktur, welche in zahlreichen Nischen Spitzentechnologie generiert, die von neuen Industrieländern nicht in wenigen Jahren aufgeholt werden kann. Und zum Anderen durch die Sozialmaßnahmen der Regierung Schröder. Arbeit wurde vor Einkommen gewichtet, somit der allgemeine westliche Schwund an Wettbewerbsfähigkeit etwas gemildert.

Das wird aber nicht lange so bleiben. Angesichts des Ausbleibens vieler südeuropäischer Aufträge beginnen sich die Wirtschaftsaussichten auch in Deutschland einzutrüben. Und es wird nicht lange dauern, bis China und Andere gelernt haben werden, die Exzellenz deutscher Nobelautos und Spezialmaschinen nachzumachen (wie Japan und Südkorea ja vorexerziert haben).

Dann mag sich das Interesse deutscher Unternehmen und Fachkräfte wieder auf Schwellenländer richten, welche noch industriell rückständig sind, dank ihres Nahrungsmittel- und Rohstoffreichtums jedoch nachhaltig steigende Absatzchancen im Osten besitzen.

Zweifelsohne ist Argentinien ein solches Land. Es befindet sich nur derzeitig in einer seiner für Investoren abschreckenden populistisch/nationalistischen Phasen. Sie dauert schon mehr als zehn Jahre und wird vorübergehen. Dann könnte es zu einer recht massiven Rückkehr von – unter anderen – deutschen juristischen und natürlichen Personen kommen, welche traditionelle Beziehungen zum Land besitzen. Am Erfolgreichsten dabei dürften diejenigen sein, die sich an das alte, bewährte Investoren-Motto erinnern: “Einsteigen, wenn die Kanonen donnern! Aussteigen, wenn die Posaunen schmettern!”

Die Kanonen donnern noch nicht, aber sie grummeln schon.

Kalender / Agenda

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Ausstellungskalender 29/12/2012-05/01/2013

Von Susanne Franz


Die Stiftung Fundación Williams zeigt im Centro Cultural Borges (Viamonte/San Martín, Buenos Aires) die dritte Ausgabe des alle zwei Jahre stattfindenden Wettbewerbs “Premio Arte Joven 2012” für aufstrebende Künstler. Diesmal werden die ausgewählten und preisgekrönten Werke in der Kategorie Graphik präsentiert; im Jahr 2008 war der Wettbewerb auf Malerei und 2010 auf Zeichnung ausgerichtet.

In der Jury saßen Matilde Marín, Alicia Díaz Rinaldi und María Inés Tapia Vera, Kurator der Ausstellung ist Rodrigo Alonso. Die Schau wurde am 7. Dezember im Saal 22 des Kulturzentrums eröffnet und kann bis zum 13. Januar besucht werden.

Die Fundación Williams ist eine gemeinnützige Privatinitiative, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, auf den Gebieten Wissenschaft, Bildung, Kultur und Nachbarschaftshilfe zur Weiterentwicklung des Landes beizutragen.

Auf dem Bild: Der 3. Preis (8000 Pesos), “Paseo” von Noelia Farías.

Die Ausstellungen der Woche:

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Agenda / Kalender

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Agenda de Muestras 29/12/2012-05/01/2013

Por Susanne Franz


En el Centro Cultural Borges (Viamonte/San Martín, Buenos Aires), la Fundación Williams está presentando las obras ganadoras de la III edición del Premio Arte Joven 2012 -que se realiza cada dos años-. En esta oportunidad, la muestra reúne a las obras seleccionadas y premiadas en grabado. En el 2008, el Premio estuvo orientado a la pintura y en el 2010 al dibujo.

El jurado de selección y premiación estuvo conformado por Matilde Marín, Alicia Díaz Rinaldi y María Inés Tapia Vera. El curador de la muestra es Rodrigo Alonso. La exposición se inauguró el viernes 7 de diciembre y puede visitarse hasta el 13 de enero.

La Fundación Williams es una organización privada sin fines de lucro, cuyo objetivo es impulsar el desarrollo de la ciencia, la educación, la cultura y el fortalecimiento comunitario.

En la foto, el Tercer Premio Adquisición (de ocho mil pesos), “Paseo” de Noelia Farías.

Las muestras de la semana:

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“Ein besonderer Ort”

Jahresabschlussfeier im Centro Cultural Recoleta

Von Jenny Stern

Kurz vor den Weihnachtsfeiertagen ließ das Centro Cultural Recoleta (CCR) das Jahr mit einem Sektumtrunk und einem Buffet ausklingen. In der Eingangshalle des wiedereröffneten Cronopios-Saals bedankten sich Claudio Massetti, Generaldirektor des CCR, und Hernán Lombardi, Kulturminister der Stadt Buenos Aires, für ein erfolgreiches und gelungenes Jahr und stellten das Programm für 2013 vor. Gleichzeitig wurde der Katalog für die Ausstellung “Recorridos”, die in Zusammenarbeit mit der Universität Maimónides organisiert wurde, verteilt.

Der Direktor des Kulturzentrums bedankte sich für die Unterstützung durch den Verein der Förderer und Freunde des CCR und die gute Zusammenarbeit mit den Künstlern. Er wies darauf hin, dass das CCR seine Räumlichkeiten nicht nur für die etablierten und erfahrenen, sondern auch für angehende Künstler bereitstellt. Es habe Jeder die Möglichkeit, seine Werke auszustellen, eben dies mache das Kulturzentrum in Recoleta zu einem besonderen Ort, so Massetti.

Das Programm für 2013 hat einen deutlichen Schwerpunkt auf Themen der Fotografie: Eingeleitet wird das Jahr mit Fotos, Malereien, Installationen und räumlichen Interventionen des argentinischen Künstlers Marcos López. Im Juni wird eine Serie von mehr als 100 Fotos von Ex-Beatle John Lennon gezeigt und bereits einen Monat später die beeindruckenden Aufnahmen des Fotografen Andy Goldstein, die er auf seiner Reise durch 14 lateinamerikanische Länder schoss.

Insgesamt sind für die Jahre 2013/14 Ausstellungen von 358 Künstlern geplant. Das CCR wird – wie in den vergangenen Jahren auch – Standort verschiedener Festivals und Biennalen sein, so unter anderem für das Shakespeare-Festival, das Internationale Jazz-Festival, die Architektur-Biennale und die Kunstmesse EGGO. Während der Messe Buenos Aires Photo können Galeristen und Künstler nicht nur ihre Arbeit im CCR präsentieren, sondern sich auch über die neusten Trends in der Fotografie informieren.

Massetti betonte, dass es sich bei dem vorgestellten Programm lediglich um Ideen und Vorschläge handelt: “Am Ende wird immer improvisiert, sonst wäre es nicht das Centro Cultural Recoleta”.

Foto:
Claudio Massetti (links) und Hernán Lombardi.
(Foto: Jenny Stern)