Von Fehmarn in die Pampa
Die argentinische Künstlerin María Elena Mackeprang und ihre Vorfahren
Von Marcus Christoph
Starke Blautöne: Meer, Küste, weiter Horizont, dazu noch einige Boote. Die Bilder könnten eigentlich die Ostseeinsel Fehmarn darstellen, denke ich, der ich mehrere Jahre als Lokalredakteur beim Fehmarnschen Tageblatt gearbeitet habe. Ich bin auf der Kunstmesse EGGO im Kulturzentrum Recoleta von Buenos Aires, wo rund 300 argentinische Künstler an die 1000 Werke präsentieren. Ich schlendere durch den Ausstellungsraum einer Künstlergruppe aus der Kleinstadt Coronel Suárez im Süden der Provinz Buenos Aires, als die erwähnten Exponate, die mich so sehr an meine Heimatregion an der Ostsee erinnern, meinen Blick fesseln.
Ich traue meinen Augen kaum, als ich auf der Infotafel neben den Bildern auch noch einen Namen lese, der wie nur wenige andere mit Fehmarn verbunden wird: Mackeprang, María Elena Mackeprang, so heißt die Malerin, von der die maritimen Pinselstriche stammen. Wie kann das sein? Schließlich sind die Ostseeinsel und die Kleinstadt Coronel Suárez im Süden der Provinz Buenos Aires bestimmt 12.000 Kilometer voneinander entfernt. Wie groß kann der Zufall sein? Viele Verbindungslinien hätte man ja eigentlich nicht erwarten dürfen. Ich habe mir jedenfalls vorgenommen, die Frage zu klären, wie der klassische Fehmarn-Name Mackeprang in die argentinische Pampa gekommen ist. Letzteres ist übrigens nicht abwertend gemeint, sondern bezeichnet die Grassteppe am Río de la Plata.
Der Kontakt ist relativ leicht hergestellt. Auf der Kunstmesse erhalte ich von der Künstlergruppe “Isidoro Espacio de Arte” die nötigen Daten. Und gleich in der ersten E-Mail bestätigt María Elena meine Ahnung: Ihre Vorfahren stammen ursprünglich von Fehmarn. Das ist für mich spannend genug. Ich beschließe, mit dem Nachtbus von Buenos Aires ins 450 Kilometer entfernte Coronel Suárez zu fahren, eine Kleinstadt mit rund 40.000 Einwohnern, bekannt für seine exzellenten Polo-Spieler und mehrere Kolonien von Wolgadeutschen – aber das sind andere Geschichten.
Die Gegend ist von der Landwirtschaft geprägt. Flaches Weide- und Ackerland, weit hinten im Westen erhebt sich am Horizont die Bergsilhouette der Sierra de la Ventana. Der Ort selber ist wie viele andere Städte in Argentinien schachbrettartig angelegt. Im Zentrum ein großer parkähnlicher Platz, an dem sich auch die wichtigsten Gebäude wie Kirche, Rathaus und Geschäfte befinden.
Nicht weit davon entfernt befindet sich das Künstlerhaus “Isidoro”, benannt nach Manuel Isidoro Suárez, dem Freiheitskämpfer und Namensgeber der Stadt. Die Einrichtung wurde vor vier Jahren von der Malerin Sonia Gómez de Carrique ins Leben gerufen und bietet Künstlern aus der Region Gelegenheit, ihre Werke auszustellen. Unter ihnen auch María Elena Mackeprang.
In einem Raum voller Bilder sitzt mir die 68-Jährige bei einer Tasse Kaffee gegenüber. Voller Neugierde möchte ich nun die Frage klären, wie die Mackeprangs bis nach Argentinien gekommen sind. “Ja, es stimmt. Die Urväter sind von Fehmarn. Wehrhafte Leute, die schon im Mittelalter für die Freiheit der Insel kämpften”, erläutert die Künstlerin, die einen Stammbaum ihrer Vorfahren dabei hat. Diesen hat ihr vor einigen Jahren ihr Namensvetter Michael Mackeprang, wohnhaft in Burg auf Fehmarn, zugesandt. Ein Familienforscher, der im Jahr 2000 Kontakt zu dem Familienzweig in Argentinien aufnahm.
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